Als Fanny ihr Pony fand. Ursula Isbel-Dotzler

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Als Fanny ihr Pony fand - Ursula Isbel-Dotzler

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redeten sie beide gleichzeitig. Sie sagten all das, was ich schon hundertmal gehört hatte. Es war immer dasselbe. Daß ein Hund viel Zeit beansprucht und Auslauf braucht, daß jemand bei ihm zu Hause sein muß, daß ich nach kurzer Zeit bestimmt keine Lust mehr hätte, mit ihm spazierenzugehen und so weiter. Jetzt müßte Mona dabei sein, dachte ich. Dann würde sie’s endlich glauben, daß es hoffnungslos ist.

      „Habt ihr auch darauf geachtet, ob Wohngifte im Haus sind?“ fragte ich, als sie endlich mit ihren Erklärungen aufhörten, wie schwierig und unmöglich es doch ist, einen Hund zu halten.

      Sie sahen mich total verdutzt an. „Wohngifte?“ wiederholte mein Vater. „Wie kommst du denn darauf?“

      „Das hört man jetzt ständig“, sagte ich. „Überall ist Gift drin – in der Wandfarbe und im Holz und in den Teppichen …“

      „Davon haben wir nichts bemerkt“, erwiderte meine Mutter; aber sie sah doch ein bißchen nachdenklich aus.

      Von Tante Bea bestellten sie mir Grüße. „Sie hat ein wunderhübsches Haus, ein richtiges Hexenhäuschen“, erzählten sie. „Ganz aus Holz. Unter dem Dach nisten die Schwalben, und ihr Garten ist voller Kräuter und Blumen, Katzen wohnen bei ihr …“

      „Meinetwegen“, sagte ich.

      Von jetzt an taten sie so, als würden sie gar nicht mehr merken, daß ich mürrisch war. Nein, nicht mürrisch, sondern einfach bloß unglücklich.

      In meiner Klasse wußten inzwischen alle, daß ich wegziehen würde. „Ausgerechnet nach Bayern!“ sagten ein paar. „Zu den Typen mit den Lederhosen! Mach das bloß nicht, Fanny, die sind doch doof!“

      Allerdings gaben sie zu, daß sie noch nie in Bayern gewesen waren. Jens, der schon mal in den Sommerferien am Chiemsee gezeltet hatte, meinte, da wäre es sehr schön.

      „Doof sind die Bayern nicht“, sagte er. „Ich mag sie. Sie laufen auch nicht alle mit Lederhosen’rum, so wie die Schotten nicht bloß im Schottenrock durch die Gegend tapern. Und an den Dialekt gewöhnt man sich.“

      Mona versprach, mich oft zu besuchen. „Nach Bayern wollte ich schon immer mal!“ behauptete sie. „In den Bergen muß es wunderschön sein. Und wer weiß, vielleicht ziehe ich später in deine Nähe, wenn wir erwachsen sind. Dann suche ich mir einen Job in Traunstein oder in Rosenheim. Rosenheim ist nämlich größer als Traunstein und auch nicht weit von Erlbach entfernt.“

      Das hatte sie auf der Karte nachgesehen. Mona wußte mehr von meiner neuen Heimat als ich. Ich dachte, daß Mona und ich erst in sieben Jahren volljährig waren. Sieben Jahre sind eine sehr lange Zeit, in der viel passieren kann. Bis dahin hatte sie bestimmt jede Menge neue Freunde, vielleicht sogar einen richtigen Freund. Dann wollte sie womöglich studieren, obwohl sie jetzt sagte, das käme nicht in Frage.

      „Wenn ich mit der Schule fertig bin, mag ich nicht mehr lernen!“ sagte sie. „Das ewige Büffeln nervt mich!“

      Wenn mich die Leute fragten, was ich werden wollte, sagte ich immer: Tierärztin. Doch jetzt mochte ich gar nicht mehr an die Zukunft denken. Am liebsten hätte ich mir irgendwo ein Loch gebuddelt und mich darin verkrochen wie ein Maulwurf.

      Die letzten Wochen vergingen sehr schnell. Mein Vater besorgte Umzugskartons, und wir mußten unsere Sachen zusammenpacken. Mein Zimmer wurde immer leerer und ungemütlicher.

      Eines Tages schlug meine Mutter vor, ich sollte meine alten Kinderbücher der Pfarrbücherei schenken, doch ich weigerte mich.

      „Meine Bücher gebe ich nicht her! Ihr wollt mir alles wegnehmen!“ schrie ich und fing plötzlich an zu weinen. Ich weinte und weinte und konnte gar nicht mehr aufhören. Es kam wie ein Wasserfall oder eine Sturmflut. Meine Mutter hielt mich im Arm und wiegte mich hin und her wie ein Baby.

      „Aber Fanny, du Dummchen!“ sagte sie immer wieder. Ihre Stimme klang erschrocken und hilflos. „Natürlich kannst du deine Bücher behalten. Beruhige dich doch endlich, Kind!“

      Ich versuchte es wirklich, aber die Tränen kamen immer von neuem.

      Schließlich saß meine Mutter einfach neben mir und streichelte mich. „Wein dich nur richtig aus. Vielleicht tut es dir gut“, flüsterte sie. „Ich verstehe ja, daß das alles schwer für dich ist. Aber schau, das Leben ist halt so. Es bringt ständig Veränderungen mit sich. Man kann nichts festhalten, auch wenn man das noch so gerne möchte. Man verliert alte Freunde und findet neue. Immer wieder muß man etwas aufgeben, was man liebgewonnen hat.“

      Ich fand, daß sie Unsinn redete. „Aber die anderen aus meiner Klasse können hierbleiben – Mona und Jens und Birge. Für sie ändert sich nichts. Warum gerade ich?“ Und ich schluchzte und schnüffelte in mein Taschentuch.

      „Weil es für jeden anders ist“, erklärte meine Mutter. „Heute bist du an der Reihe mit der Veränderung. Morgen oder in einem Jahr oder in drei Jahren ist es vielleicht Jens oder Mona. Und es muß ja auch kein Umzug sein. Bei ihnen passiert dann möglicherweise etwas ganz anderes. Irgendwann muß sich jeder von einem vertrauten Ort, einem Menschen oder einer Gewohnheit trennen und etwas Neues beginnen.“ Sie gab mir ein frisches Taschentuch. „Denk mal an Tante Bea“, fuhr sie fort. „Sie hat fast zwanzig Jahre lang mit ihrem Mann in Stuttgart gelebt und war glücklich. Dann ist er gestorben. Ihr ganzes Leben ist völlig durcheinandergeraten, fast wie bei einem Erdbeben. Das war sehr schwer für sie. Sie hat ihr Haus verkauft und ist nach Bayern gezogen. Dort hat sie ein neues Leben angefangen.“

      Ich hatte nie darüber nachgedacht, wie Tante Bea sich gefühlt haben mochte, als Onkel Richard starb. Vielleicht war sie damals genauso unglücklich gewesen wie ich jetzt. Aber für sie war es noch schlimmer gewesen.

      Ich dachte: Und ich verliere Mona. Doch das stimmte nicht. Mona gab es auch weiterhin. Sie würde meine Freundin bleiben, auch wenn wir uns nur noch selten sehen konnten.

      Abends, als ich im Bett lag, fiel mir wieder ein, was meine Mutter über Veränderungen gesagt hatte. Ich nahm mir vor, mit Tante Bea über all das zu reden, wenn wir in Erlbach waren.

      Mitten in der Pampa

      „Liebe Mona! Ich hab ja versprochen, Dir spätestens vierundzwanzig Stunden nach unserer Ankunft in Bayern zu schreiben. Das tue ich hiermit pflichtgemäß. Allerdings würde ich mich lieber im Bett verkriechen und mir die Decke über den Kopf ziehen. Meine Schlafcouch steht nämlich schon in dem Zimmer unter dem Dach, das mir gehören soll. Sonst sitzen wir aber noch zwischen lauter Umzugskartons wie Schiffbrüchige am Strand zwischen den Überresten eines Wracks.

      Hier ist es affenscheußlich. Ich hab’s ja gewußt, wir sind mitten in der Pampa gelandet! Heute mittag sind wir mal schnell durch dieses Nest gefahren. Man braucht ungefähr sieben Minuten dazu. Es gibt kein Kino, kein Schwimmbad, nicht mal einen Buchladen; dafür aber zwei Kirchen und drei Wirtshäuser.

      Die Leute tragen keine Lederhosen. Jedenfalls hab ich bis jetzt noch niemanden damit rumlaufen sehen. Die Berge sind irgendwo in der Ferne. Auf einigen liegt noch Schnee. Wir wohnen am Ortsrand. Unser Haus ist das mittlere von fünf Reihenhäusern, die alle gleich aussehen. Dahinter kommt Gebüsch und ein paar Bäume und dann eine Wiese, auf der Kühe grasen.

      Du findest das mit den Kühen jetzt bestimmt stark. Aber ich sage Dir, wenn Du hier wärst, würdest Du durchdrehen! Hier kann man absolut nichts tun außer in die Schule gehen und vielleicht ab und zu mit dem Rad fahren und natürlich lesen und fernsehen. Aber das kann man ja praktisch überall,

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