Das Ende des Wachstums. Richard Heinberg

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Das Ende des Wachstums - Richard Heinberg

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die Regierung die Banken nicht mehr retten und die Wirtschaft nicht mehr stimulieren kann?

      Quelle: US Bureau of Economic Analysis, The Committee for a Responsible Federal Budget.

      Aber ist Wachstum nicht normal?

      Volkswirtschaften sind Systeme, und als solche gehorchen sie (bis zu einem gewissen Grad) ähnlichen Regeln wie biologische Systeme. Pflanzen und Tiere wachsen schnell, wenn sie jung sind, aber ausgewachsen haben sie eine mehr oder weniger stabile Größe. Bei Organismen wird das Wachstum größtenteils von den Genen kontrolliert, allerdings spielt auch die Verfügbarkeit von Nahrung eine Rolle.

      Bei Volkswirtschaften scheint das Wachstum von der Verfügbarkeit von Ressourcen abzuhängen, hauptsächlich Energie (»Nahrung« für die Industrie) und Kredit (»Sauerstoff« für die Wirtschaft) – und darüber hinaus von wirtschaftlicher Planung.

      In den letzten 150 Jahren ermöglichten billige und reichlich vorhandene fossile Brennstoffe eine rasche wirtschaftliche Expansion mit einer jährlichen Rate von durchschnittlich 3 Prozent. Die Wirtschaftsplaner nahmen dies bald als selbstverständlich hin. Die Finanzsysteme verinnerlichten die Wachstumserwartung als Versprechen künftiger Renditen aus Investitionen.

      Die meisten Organismen hören auf zu wachsen, wenn sie ausgereift sind. Wären Grenzen des Wachstums nicht genetisch programmiert, würden Pflanzen und Tiere an eine Reihe praktischer Hindernisse stoßen: Stellen wir uns zum Beispiel nur vor, welche Probleme ein zwei Pfund schwerer Kolibri hätte. Wenn die Analogie trägt, müssen auch Volkswirtschaften irgendwann zu wachsen aufhören. Da können die Wirtschaftsplaner (das gesellschaftliche Äquivalent zur regulierenden DNA) noch soviel Wachstum verlangen, an einem bestimmten Punkt werden immer mehr »Nahrung« und »Sauerstoff« einfach nicht mehr verfügbar sein. Oder die Abfälle sammeln sich so stark an, daß die biologischen Systeme, die der Wirtschaftstätigkeit zugrunde liegen (wie Wälder, Anbauflächen und die Menschen), erstickt und vergiftet werden.

      Doch viele Ökonomen sehen das nicht so, wahrscheinlich deshalb, weil die heute gültigen ökonomischen Theorien in der historischen Ausnahmephase anhaltenden Wachstums formuliert wurden, die nun zu Ende geht. Die Ökonomen verallgemeinern nur ihre Erfahrung: Sie können auf Jahrzehnte stetigen Wachstums in der jüngsten Vergangenheit verweisen und projizieren das in die Zukunft.10 Außerdem haben sie Theorien, die erklären, warum moderne Marktwirtschaften gegen Grenzen, wie sie natürliche Systeme kennen, immun sind: Die beiden wichtigsten Theorien drehen sich um Substitution und Effizienz.

      Wenn eine nützliche Ressource knapp wird, steigt ihr Preis, und das schafft einen Anreiz für die Nutzer der Ressource, Ersatz zu suchen. Wenn zum Beispiel der Ölpreis ein bestimmtes Niveau erreicht, kommen die Energieunternehmen vielleicht auf die Idee, flüssige Brennstoffe aus Kohle zu erzeugen. Oder sie werden andere Energiequellen erschließen, von denen wir heute noch nicht einmal träumen. Viele Ökonomen vertreten die Auffassung, daß dieser Substitutionsprozeß immer so weitergehen könne. Er ist Teil der Magie des freien Marktes.

      Die Effizienz zu steigern bedeutet, mehr mit weniger Aufwand zu erreichen. In den Vereinigten Staaten ist der Dollarerlös pro verbrauchter Energieeinheit in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen.11 Zum Teil ist die Effizienzsteigerung auf Produktionsverlagerungen in andere Länder zurückzuführen – diese Länder verbrennen dann Kohle, Öl und Gas bei der Herstellung unserer Produkte. (Würden wir unsere Laufschuhe und LCD-Fernseher selbst produzieren, würden wir die Brennstoffe im eigenen Land verbrauchen.)12 Die Ökonomen verweisen noch auf eine andere, verwandte Form der Effizienz, die weniger mit Energie zu tun hat (zumindest im direkten Sinn): die Suche nach den billigsten Quellen für Rohstoffe und den Orten, wo die Arbeitskräfte entweder besonders produktiv sind oder für besonders niedrige Löhne arbeiten. Wenn wir die Effizienz steigern, verbrauchen wir weniger – Energie, Ressourcen, Arbeitskraft oder Geld –, um mehr herzustellen. Und das ermöglicht mehr Wirtschaftswachstum.

      Neue Energiequellen zu finden und die Effizienz zu steigern sind unbestritten wirksame Strategien in einer Marktwirtschaft. Trotzdem bleibt die Frage, wie lange diese Strategien in der realen Welt funktionieren können – denn dort herrschen nicht ökonomische Theorien, sondern die Gesetze der Physik. In der realen Welt gibt es für manche Dinge einfach keinen Ersatz, oder der Ersatz ist zu teuer oder nicht so gut oder nicht schnell genug verfügbar. Und für die Effizienz gilt das Gesetz abnehmender Renditen: Die ersten Effizienzgewinne sind in der Regel billig, aber jedes weitere Stück Gewinn kostet mehr, bis irgendwann die Gewinne so teuer werden, daß es sich nicht mehr lohnt.

      Letztendlich können wir nicht mehr als 100 Prozent der Produktion auslagern, können wir Waren nicht ohne Energieeinsatz transportieren, und wir können nicht die Arbeitskraft von Menschen in Anspruch nehmen und auf ihre Kaufkraft zählen und ihnen gleichzeitig nichts bezahlen. Anders als den meisten Ökonomen ist den meisten Physikern bewußt, daß Wachstum in einem funktionierenden begrenzten System eines Tages enden muß.

       E.2DIE WACHSTUMSZAHLEN FRISIEREN

      Sind regierungsamtliche Zahlen genau und verläßlich? Nicht, wenn man dem Betreiber von shadowstats.com, dem Ökonomen John Williams, glaubt. Nach der »ausführlichen Erforschung von Geschichte und Wesen der Erhebung wirtschaftlicher Kennzahlen und vielen Interviews mit maßgeblichen Personen, die von Anfang an bis heute mit amtlichen Statistiken zu tun hatten«, begann Williams seine eigenen Daten zu sammeln und auf seiner Website zu veröffentlichen. In manchen Fällen, so etwa bei der Arbeitslosenstatistik, betont er einfach die Diskrepanz zwischen aktuellen Definitionen und Erhebungsweisen und früheren: Würden die Arbeitslosenzahlen heute genauso erhoben wie in den 1970er Jahren, lägen die aktuellen Zahlen in der Größenordnung von 16 bis 18 Prozent statt bei den offiziell genannten 9 bis 10 Prozent (zum Beispiel werden heute Menschen, die die Suche nach einem Arbeitsplatz aufgegeben haben, nicht mehr als »arbeitslos« geführt).

      Die Alternativzahlen von Shadowstats bei der Inflation sind immer höher als die von der Regierung genannten Zahlen, während die Wachstumsraten des BIP regelmäßig niedriger sind.

      Zu den Zahlen in Grafik 4 schreibt Williams: »Die SGS-Zahlen (SGS – Shadow Government Statistics, auf shadowstats.com; Anm. d.Übers.) beim BIP zeigen die inflationsbereinigte oder reale Veränderung des BIP von Jahr zu Jahr, bereinigt um Verzerrungen der regierungsoffiziellen Inflationsrate und methodische Änderungen, die dazu geführt haben, daß die offiziellen Zahlen zu niedrig sind.«

      All das wirft die Frage auf: Wie viel von der wirtschaftlichen Erholung ist in Wahrheit »Schall und Rauch«?

      Die einfache Berechnung von exponentiellem Wachstum

      Im Grunde ist die Aussage, daß das Wachstum irgendwann enden wird, todsicher richtig: Wenn etwas kontinuierlich um einen bestimmten Prozentsatz pro Jahr wächst, bedeutet dies, daß es alle soundsoviel Jahre seine Größe verdoppeln wird; je höher der Prozentsatz, desto schneller die Verdoppelung. Eine grobe Methode, die Zeit bis zur Verdoppelung abzuschätzen, ist die 70er Regel: Wenn man 70 durch den Prozentsatz des Wachstums teilt, gibt das Ergebnis annähernd an, wie lange es dauert, bis sich die ursprüngliche Menge verdoppelt hat. Wächst eine Menge um 1 Prozent jährlich, verdoppelt sie sich in 70 Jahren, bei 2 Prozent in 35 Jahren, bei 5 Prozent dauert es nur 14 Jahre und so weiter. Genauere Ergebnisse können Sie mit der Potenztaste Ihres Taschenrechners errechnen, aber für die meisten Zwecke genügt die 70er-Regel.

      Hier ein Beispiel aus der realen Welt:

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