Der Hund, der die Welt rettet. Ross Welford

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Der Hund, der die Welt rettet - Ross Welford

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Stück weiter liegt Dads Werkstatt, in der er alte Autos restauriert, und eine Scheune, in der Motoren, Auspuffe, Autotüren und so ein Kram lagern.

      Clem schien auf mich gewartet zu haben.

      »Hi, Pupsi«, sagte er gut gelaunt. So hatte er mich schon lange nicht mehr genannt. Ich wurde hellhörig, grinste aber.

      »Bist du irgendwo Aufregendes gewesen?«, fragte er.

      Die Wahrheit? Gerade hatte ich auf einem Ritterturnier gegen Ramzy gekämpft, und zwar auf einem virtuellen Pferd (bestehend aus einem Klavierstuhl und dem Sattel, den ich bei meinem ersten Besuch im Lager gesehen hatte).

      »Sankt Bello.« Ich log wirklich niemanden gern an, nicht mal Clem. Mir stieg die Röte in die Wangen.

      »Und wie geht’s ihm?«

      »Wem?«

      »Dem Hund. Ben?«

      »Gut! Wir waren gerade am Strand spazieren. Wie immer. Dem geht’s super.« Unter Clems prüfenden Blick fühlte ich mich zunehmend unwohl.

      Es dauerte eine Ewigkeit, bis er endlich sagte: »Spontanheilung also?«

      Mit Unschuldsmiene lächelte ich Clem an. Blinzelte ein paarmal überrascht.

      Clem sagte: »Der Pfarrer hat angerufen. Er konnte dich nicht erreichen, weil dein Handy abgestellt war.«

      Das stimmte, denn bei Dr. Pretorius mussten wir immer unsere Handys ausstellen (irgendwas mit Elektromagnetismus oder so). Ich hatte vergessen, meines wieder einzuschalten.

      »Lass uns mal Klartext reden.« Clem zählte es an seinen ölverschmierten Fingern ab: »Erstens: Ein Hund namens Ben ist krank. Er ist in Quarantäne. Das soll ich dir vom Pfarrer ausrichten. Zweitens: Anna Hennessey hat dich mit deinem Kumpel Ramzy Schlagmichtot und einer alten Schreckschraube in Spanish City gesehen. Drittens: Du lügst mich an, sonst würdest du nicht rot werden. Viertens: Ich will wissen, warum.«

      »Sonst was?« Immerhin ist Clem mein Bruder. Und der sollte ja wohl auf meiner Seite sein.

      »Sonst sag ich’s Dad.«

      Okay, vielleicht ist er nicht mehr auf meiner Seite. Clem nickte entschlossen, schob sich die Brille mit öligen Fingern hoch und verschwand wieder in der Werkstatt. Offenbar sollte ich ihm folgen.

      Was blieb mir anderes übrig?

      13. Kapitel

      Wochenlang habe ich Clem kaum gesehen, kam mir zumindest so vor. Doch nun sind die Prüfungen geschafft und er muss erst im September wieder in die Schule. Eigentlich wollte er mit Freunden nach Schottland, aber alles wurde abgeblasen, weil einer von ihnen frisch verliebt war. So hat Clem kaum was zu tun, bis wir in den Sommerferien nach Spanien fahren.

      Er füllt die Zeit, indem er Nachrichten ins Handy tippt, Musik hört, Dad in der Werkstatt hilft und sich einen fusseligen Bart wachsen lässt. Mittlerweile sieht er aus wie zwanzig.

      Im Grunde vermisse ich meinen Bruder. Vor einem Jahr ist irgendwas mit ihm passiert. Der Bruder, mit dem ich aufgewachsen bin, der Junge, der mit mir gespielt hat, als ich klein war, der mich stundenlang auf seinem Rücken hat reiten lassen, der für mich gelogen hat, als ich die Badewanne habe überlaufen lassen, der mir sein Passwort verraten hat, damit ich Filme sehen konnte, die Dad mir verboten hatte, und der vor Lachen vom Bett fiel und sich dabei den Kopf stieß, als ich Eymann Nurrswei nachgeäfft habe …

      … der Junge ist ausgezogen.

      An seiner Stelle kam ein Junge, der genauso aussah, sich aber komplett anders verhielt. Ein Junge, der kaum lächelte und schon gar nicht lachte. Ein Junge, der nicht mehr das Gleiche essen wollte wie wir und der laut wurde, als Dad sich weigerte, für ihn extra zu kochen; ein Junge, der das gesamte Wochenende (kein Witz) in seinem Zimmer verbrachte und nur rauskam, um aufs Klo zu gehen; ein Junge, der bei jeder Gelegenheit die Augen verdrehte, als hätte man gerade das Dümmste gesagt, was er je gehört hatte.

      Dad meinte, es ist »normal«.

      Aber … ein Gutes hatte Clems Veränderung doch. Mir gelang es, ihn zu überreden, Dad nichts von Dr. Pretorius zu erzählen, und das hing alles mit seinem Bart zusammen. Mehr oder weniger. Und das kam so.

      Clem löcherte mich mit Fragen, vor allem mit dieser einen: »Warum hält Dr. Pretorius alles geheim? Wenn ich so ein Spiel erfunden hätte, würde ich doch wollen, dass es die ganze Welt weiß.«

      »Keine Ahnung, echt nicht. Sie sagt andauernd, sie hätte was noch viel Besseres, das sie uns bald zeigen will. Im Moment hat sie wahrscheinlich bloß Angst, dass ihr jemand die Idee klaut.«

      Und ich will ja nicht angeben, aber was ich dann sagte, war einfach genial, dabei war es noch nicht mal geplant. Ich schaute betreten zu Boden: »Ich weiß, dass es falsch war. Ich hätte mich einem Erwachsenen anvertrauen sollen. Aber … ich glaube, du zählst ja jetzt auch als Erwachsener, oder?«

      Clem nahm die Brille ab und hielt sie ins Licht, um zu sehen, ob die Gläser schmutzig waren. Das ist so eine Marotte von ihm. »Perfektes Sehvermögen sagst du, ja?« Offenbar fühlte er sich geschmeichelt, dass ich ihn erwachsen genannt hatte. Ich nickte.

      »Das behauptet sie wenigstens. Deshalb kann sie es auch nicht selbst testen.«

      »Wenn sie ihr Spiel erfolgreich vermarkten will, muss sie aber daran noch arbeiten. Zwei Drittel aller Menschen tragen eine Brille, wusstest du das?« Clem nahm einen Schraubenschlüssel von der Werkbank und wandte sich wieder dem rostigen, alten Wohnmobil zu, an dem er und Dad seit Langem bastelten. Für ihn war das Gespräch anscheinend beendet.

      »Sagst du Dad nichts?«

      »Fürs Erste nicht. Aber sei vorsichtig.« In dem Moment klang er wirklich wie ein Erwachsener.

      Nun konnte ich mir um was anderes Sorgen machen. Der Pfarrer sagte, Ben ist krank. Worum ging es da bloß?

      Um alles, wie sich herausstellte.

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