Am Wendepunkt Der Zeit. Guido Pagliarino

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Am Wendepunkt Der Zeit - Guido Pagliarino

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und Bomben entwickelt wurden, brauchten die Nazis noch ein paar Monate, um den Piloten unter der Leitung des Asses der Nazi-Luftfahrt Rudolph Schriever das Steuern der fliegenden Untertassen in der Atmosphäre und im Suborbitalflug beizubringen sowie den Einsatz der Raketen, die während der Übungen abgeschossen wurden, offensichtlich abgesehen von den Splitterbomben, an deren Stelle Sprengkörper mit konventionellem Sprengstoff traten. Anfang Juli 1939 war Deutschland ohne Vorwarnung in den Krieg eingetreten und hatte im Gegensatz zur Traditionellen Geschichte in der Alter Geschichte fast sofort gewonnen: Zunächst wurden von den durch Antigravitation bewegten fliegenden Untertassen im Suborbitalflug Raketen mit Splitterbomben über verschiedene Städte in Großbritannien, Frankreich, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten von Amerika abgefeuert, identisch mit denen, die sich auf den Landefähren der Zeitraumschiffe befanden. Wie Valerio Faro und seine Forschungsassistenten vermutet hatten, war die Tatsache, dass die Untertassen nur auf Suborbitalflügen unterwegs waren, darauf zurückzuführen, dass sie im Vergleich zum Prototyp, der aus der Zukunft kam, im Moment technisch noch unvollkommen waren.

      Die Alter Geschichte hatte auf haarsträubende Weise ihren Lauf genommen, mit dem Verlust jeglicher Spiritualität und dem Triumph des absoluten Atheismus. Der Mensch wurde bis auf ein Nichts reduziert, eine bloße Spielfigur auf dem Schachbrett des nationalsozialistischen Reiches. Offensichtlich hob das Zentrale Historische Archiv diese Dinge als eine wertvolle Eroberung der Menschheit hervor, die mit der auf Pseudowissenschaften beruhenden arischen Rasse gleichgesetzt wurde, während alle anderen Menschen als Untermenschen betrachtet wurden. Nach dem Blitzkrieg von 1939 waren weitere Fortschritte bei den fliegenden Untertassen gemacht worden, bis hin zum Orbitalflug und folglich zur Unterlichtraumfahrt: Deutschland war mit vier Männern der Luftwaffe bereits 1943 auf dem Mond gelandet, die gesund auf die Alter Erde zurückkehrten, und 1998 waren es sechs nationalsozialistische Flieger, fünf Deutsche und ein Österreicher, die mit einem viel größeren Raumschiff im Vergleich zum ersten, das speziell dafür konzipiert und konstruiert worden war, zum ersten Mal auf dem Mars landeten und ebenfalls unversehrt zurückkehrten. Die eigentliche Kolonisation des Roten Planeten war jedoch, wie andererseits in der Welt von Valerio und Margherita, erst mit der Erschaffung der 2098 auf der Alter Erde entworfenen Zeitraumschiffe erfolgt, diesmal vollständig ein Produkt der Nazi-Ingenieure, so wie sie es einige Jahre zuvor auf der Erde von den Ingenieuren der Konföderierten Staaten Europas waren. Die Experimentierreise in die Raumzeit der Nazi-Astronauten fand 2105 statt. Ziel war das nahe gelegene Doppelsystem Alfa Centauri A und B,26 ohne Abstieg auf die Planeten: Ungefähr wie bei der Erde, die 2107 den Weltraum erobert hatte, mit einer Reise in der Umlaufbahn des Sterns Proxima Centauri und sofortiger Rückkehr, 4,22 Lichtjahre von unserer Sonne entfernt. Hingegen ging aus dem Archiv nicht hervor, dass die Nazis von Alter Erde Zeitreisen unternommen hatten: Vielleicht aus Angst, die Geschichte zu ihrem eigenen Nachteil zu verändern? So hatte 1933 nicht einmal eine Expedition zur Erforschung des Faschismus stattgefunden, und wie Margherita und die anderen begründet hatten, kam das von den Italienern sichergestellte und von den Deutschen geraubte diskusförmige Flugobjekt aus der Zukunft der Erde und nicht von der Alter Erde. Valerio hatte das Archiv auch nach der Zeit vor den 1930er Jahren des 20. Jahrhunderts befragt: Von den Anfängen der Zivilisation bis Juni 1933 war die Alter Geschichte identisch mit der Geschichte.

      „Ich denke, dass wir an diesem Punkt einfach in die Vergangenheit springen und versuchen müssen, die Dinge zu ändern”, entschied die Kommandantin und schaute dabei der Crew und den Wissenschaftlern fest in die Augen.

      Sie hatte gerade den Satz beendet, als die Bordcomputer die Zigarre in den roten Alarmzustand versetzten: Sie hatten ein diskusförmiges Flugobjekt ausgemacht, zweifellos ein freundlich gesinntes, der gleichen Art wie die zur Ausstattung des Raumschiffs 22 gehörenden. Es näherte sich mit Höchstgeschwindigkeit, gefolgt von zwei weiteren nicht identifizierten, etwa zehn Kilometer tiefer fliegenden Flugobjekten. Die Computer hatten den Abschuss von Raketen gemeldet, die von den beiden tiefer fliegenden Untertassen auf die freundlich gesinnte Untertasse abgefeuert worden waren, deren Pilot mit einer kurzen Meldung die Zigarre 22 aufforderte, mit absoluter Priorität den Hangar zu öffnen. Was getan wurde. Das Manöver des Shuttles war gewagt und barg die Gefahr einer Kollision mit dem Raumschiff und es zu beschädigen oder noch Schlimmeres, aber die Untertasse war ohne Schaden in den Raumschiffhangar eingedrungen. Sobald die Heckklappe hinter dem Shuttle geschlossen war, befahl die Kommandantin den Computern, sofort in die Vergangenheit zu springen, und das Raumschiff 22 verschwand gerade noch rechtzeitig, um nicht von den Raketen getroffen zu werden. Nach den Sicherheitsvorschriften hätte der Zeitsprung weit weg vom Planeten stattfinden sollen, stattdessen hatte die vom Zeitraumschiff freigesetzte Energie die mittlerweile sehr nahen Raketen der Verfolgerflugscheiben zerstört.

      Um 0.30 Uhr am 18. Juni 1933, nicht einmal fünf Tage nach der Überführung der gefangenen Flugscheibe in einen Hangar der SIAI Marchetti-Fabrik in Vergiate, glitten in der Nähe der Anlage an schwarzen Fallschirmen hängend lautlos einige in ebenso schwarze Overalls gehüllte Gestalten auf den Boden. Damit die Triebwerke der Flugzeuge, die sie aus Bayern hergebracht hatten, vom Boden aus nicht zu hören waren, sprangen die Fallschirmspringer aus einer Höhe von viertausend Metern ab und öffneten ihre Fallschirme nach einem freien Fall von dreitausendsiebenhundert Metern. Trotz der Dunkelheit hatte sich niemand verletzt.

      Sie kannten die Dienstzeiten der italienischen Wache, die ein Spion in den vergangenen Tagen überprüft und an seine Vorgesetzten in Berlin weitergeleitet hatte. Sie wussten, dass am 18. Juni um Mitternacht die Wachablösung stattfinden würde und dass der Handlanger der Miliz seinen Platz verlassen hatte, um in die Baracken zurückzukehren.

      Nachdem sich die Kompanie wieder versammelt hatte, die aus sechzig Männern unter dem Kommando von Hauptmann Otto Skorzeny und einigen Ingenieuren des feindlichen Ingenieurwesens bestand, drang sie mit gespenstisch militärischem Schritt lautlos in den Empfangsraum der Fabrik ein und brachte die beiden Hausmeister, Mann und Frau, für immer zum Schweigen, indem sie ihnen die Kehle durchschnitten. Dann griffen fünfzig der sechzig Späher, alle bewaffnet mit automatischen Thompson-Gewehren amerikanischer Produktion, die über Vermittler von Abgesandten des Dritten Reiches gekauft worden waren, den Handlanger der Miliz und die beiden Oberfeldwebel der OVRA, die zu diesem Zeitpunkt Wache an der Flugscheibe hielten, an und töteten alle, im Vorteil durch den Überraschungseffekt und die moderne Bewaffnung. Nur acht der deutschen Angreifer ließen ihr Leben und vier waren durch die Schüsse des alten Carcanogewehrs Modell 91, das den Italienern zur Verfügung stand, verletzt worden. Gleichzeitig hatten die zehn zurückgelassenen Fallschirmjäger entlang der Start- und Landebahn, die neben der Fabrik verlief, Feuer angezündet, sodass die Flugzeuge, von denen die Späher abgesprungen waren, landen konnten. Die anderen, nachdem sie von der noch intakten Flugscheibe innen und außen Fotos und Filmaufnahmen gemacht hatten, entnahmen die ausbaufähigen Teile, zuerst die Raketen mit ihren Bomben und die Funk-Aufnahmegeräte. Dann lud die ganze Abteilung die Beute auf die Flugzeuge, zusammen mit den Toten und Verwundeten der Kompanie. Schließlich konnte die Aufklärungseinheit Hitlers ungestört abziehen.

      Dem Zivilpersonal, das um 6 Uhr morgens zu Beginn seiner Arbeitsschicht in der Fabrik angekommen war, bot sich der Anblick der beiden abgeschlachteten Wachen, des Hausmeisterehepaars und das Blutbad der Milizsoldaten.

      In Rom hatte man nicht die wahren Verursacher in Verdacht, auch wegen der Missachtung, die Mussolini damals gegenüber Deutschland hegte; der Duce dachte mit Sicherheit an einen Schlag, den diejenigen verübt hatten, die alle als die legitimen Besitzer der Flugscheibe betrachteten: die Engländer.

      Von da an beschränkten sich die technologischen Forschungen der Faschisten an der Flugscheibe zwingend auf das, was von ihr übrig geblieben war, und es konnte nichts über die Raketen, die Splitterbomben und über die von den Nazis gestohlenen futuristischen Video-Funk-Mikrogeräte herausgefunden werden, die in unmittelbarer Zukunft die interessantesten militärischen Teile der Beute gewesen wären. Waffen und Instrumente, die von den Italienern angesichts der nicht enormen Größe unverzüglich nach Rom hätten gebracht werden

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