Black Heart - Band 15: Der Fluch des Vergessens. Kim Leopold
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»Thea ist der perfekte Name für ein so wunderschönes Kind«, erwidert Nanauatzin und nimmt uns in seine Arme.
Ich nicke, überglücklich, denn für einen winzigen Moment habe ich vergessen, welches Schicksal unsere Tochter ereilen wird.
❤
Thea ist ein Goldschatz. Sie schläft viel, und wenn sie wach ist, lässt sie sich von uns durch die Gegend tragen und füttern. Abends kuschle ich mich mit ihr ins Bett, während Nanauatzin uns eine Geschichte erzählt, und lausche ihren immer ruhiger werdenden Atemzügen. Irgendwann lösen sich ihre kleinen Händchen von meinen Fingern, und ich weiß, dass sie von guten Dingen träumt.
Dann drückt Nanauatzin jedem von uns einen Kuss auf die Stirn und kuschelt sich an mich. Es sind die stillen Minuten kurz vor dem Einschlafen, in denen wir beten, dass Meztli uns vergessen hat.
Dass sie uns unser Wunder lässt, weil sie weiß, wie sehr wir es lieben.
Und tatsächlich, mit jedem Tag, der vergeht, wiegen wir uns mehr in Sicherheit. Thea wächst und gedeiht und beginnt schon bald, die ersten richtigen Laute von sich zu geben. Wir zeigen ihr den Schnee und das Feuer und nehmen sie mit zu den heißen Quellen im Breen, als sie ein paar Mondzyklen alt ist. Sie liebt das Wasser genauso sehr wie ich, doch noch mehr liebt sie ihren Vater, der mit ihr die größten Späße veranstaltet.
Im Sommer lernt sie ihre ersten Worte, im Herbst die ersten Schritte, und als der Winter vor der Tür steht und sich ihr erstes Lebensjahr dem Ende zuneigt, haben Nanauatzin und ich vergessen, uns jeden Tag Sorgen wegen Meztli zu machen.
Jeder Tag ist ein Geschenk, so auch der heutige, an dem ich ein paar Frauen aus dem Dorf eingeladen habe, um Theas Sonnenjahr mit uns zu feiern. Während ich die letzten Vorbereitungen treffe und den Eintopf abschmecke, sitzt Nanauatzin mit Thea auf dem Boden. Er hat ihr ein paar Holzklötze geschnitzt, die er nun munter aufeinanderstapelt, damit sie sie wieder umwerfen kann. Wann immer sie in alle Richtungen purzeln, lacht sie glockenhell auf. Es ist ihr liebstes Spiel.
Ich würde den beiden gerne eine Weile dabei zu sehen, doch da klopft es an die Tür.
»Das müssen die ersten Gäste sein«, sage ich freudig. Nanauatzin blickt auf, stupst Thea auf die Nase und räumt das Holzspielzeug weg. Ich hebe Thea vom Boden hoch, um mit ihr gemeinsam die Gäste zu begrüßen. Sie klammert sich an mich und vergräbt ihr Gesicht an meinem Hals. Irgendwie ist sie in den letzten Wochen schüchtern geworden.
Ich öffne die Tür, bereit, die anderen aus dem Dorf in Empfang zu nehmen, doch die Begrüßung bleibt mir im Hals stecken. »Meztli«, keuche ich auf und will die Tür sofort wieder zuschlagen, aber da hat sie bereits ihre Hand ausgestreckt und hält mich auf.
»Hallo, Ichtaca.«
Kapitel 1
❤
Österreich, 2018
Farrah
Das Blut pulsiert in meinen Ohren, und ich fühle mich so entkräftet wie nie zuvor. Wenn Willem mich nicht stützen würde, wäre ich auf dem Weg in das angrenzende Wohnzimmer womöglich bereits zusammengebrochen.
»Heiliger Kuhmist.« Ich lasse mich stöhnend auf die Couch fallen und atme schwer ein und aus, während ich mir Mühe gebe, nicht in Panik zu geraten, weil ich mal wieder ohne Magie bin. Es ist alles okay. Sie kommt zurück. Ich brauche sie gerade nicht.
»Möchtest du etwas essen?«, fragt mich Willem. Er ist bleich im Gesicht – und nicht zum ersten Mal überlege ich, ob er mehr über Mikaels Abenteuer weiß als ich oder ob er sich über andere Dinge den Kopf zerbricht, von denen ich keine Ahnung habe.
»Ist da noch Schokolade?« Ich lächle unschuldig. So viel Magie zu geben ist die perfekte Ausrede, um mehr als eine Tafel Schokolade in Windeseile zu verdrücken. Der Zucker gibt mir zumindest einen Teil meiner Energie zurück, wenn er auch – anders als bei einem richtigen Zauber – meine Magie nicht wieder auffüllt. Dafür brauche ich Geduld.
Und Geduld ist nicht gerade meine Stärke.
Ich seufze und kuschle mich in die Sofakissen. Willem verschwindet aus meinem Blickfeld, ich höre ihn am Kühlschrank, und kurz darauf kommt er mit einem weiteren Glas Orangensaft und einer neuen Tafel Schokolade zurück.
»Du solltest dir auch ein Glas gönnen«, schlage ich vor, während er die Schokolade in Riegel bricht. »Du siehst aus, als würdest du jeden Moment zusammenklappen – und ich sag’s dir nur ungern, aber gerade bin ich nicht in der Lage, dich aufzufangen, geschweige denn mit Magie aufzupäppeln.«
»Immer einen Spruch auf den Lippen.« Er lacht leise, geht aber zum Kühlschrank zurück, um sich ein eigenes Glas zu füllen. Ich schnappe mir in der Zwischenzeit einen Riegel Schokolade und schlinge ihn hastig hinunter. Genüsslich schließe ich die Augen. Gott, tut das gut.
Das Pulsieren in meinen Ohren lässt allmählich nach, aber zittrig fühle ich mich immer noch. Ich hoffe, mein Körper spielt wenigstens noch eine Weile mit, doch jetzt macht sich nicht nur das Fehlen der Magie, sondern auch der Schlafmangel der letzten Tage arg bemerkbar. Am liebsten würde ich mich einfach zusammenrollen und die Augen schließen.
»Die Schokolade scheint gut zu sein.«
Ich blinzle und strecke Willem die Zunge raus. Er bedient sich ebenso und lässt sich schließlich in den Sessel fallen. Im Gegensatz zu mir braucht er für seinen Schokoladenriegel gefühlte Jahre, es ist, als hätte er gar keinen Appetit.
»Machst du dir Sorgen?«, frage ich ihn leise.
Er stöhnt und fährt sich mit den Händen durch die Haare, die ihm sowieso schon zu Berge stehen. »Machst du dir keine? Ich mein, er hat uns seine verdammten Passwörter gegeben. Ich kenne Mikael. Er glaubt nicht daran, dass sie zurückkommen.«
»Wenn er nicht daran glauben würde, warum hat er dann Hayet mitgenommen?«, entgegne ich, aber den Klumpen, der sich in meinem Magen bildet, kann ich trotzdem nicht abschütteln. »Die beiden sind so gut befreundet. Er würde sie doch niemals in etwas reinziehen, dessen Ausgang ungewiss ist.«
»Das denkst du vielleicht.« Willem verzieht das Gesicht. »Aber Mikael hatte schon immer einen eigenen Kopf. Täusch dich nicht in ihm, Farrah. Nur weil er dir gegenüber kein Unmensch ist, bedeutet das nicht, dass er nicht eigentlich eiskalt berechnend ist.«
Ungläubig ziehe ich eine Braue hoch. »Bist du etwa immer noch wütend wegen Emma?«
Er schnaubt. »Ich sag dir nur, wie es ist. Und das weißt du insgeheim auch. Er ist dein Chef. Du weißt, dass er für manche Dinge über Leichen gehen würde.«
Ich brumme und schließe die Augen, weil ich keine passenden Widerworte parat habe. Willem hat recht. Bei allem, was zwischen uns war, darf ich nicht vergessen, wer Mikael wirklich ist. Er ist der König unserer Welt. Und Könige hinterlassen oft ein Schlachtfeld.
»Ich kann mir nur einfach nicht vorstellen, dass er Hayet etwas antun würde«, meine ich dennoch. »Sie ist wie eine kleine Schwester für ihn. Nein, er würde sie nicht wissentlich in den Tod schicken. Er hat einen Plan.«