Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau страница 69

Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

Скачать книгу

elend und unglücklich leben und ich werde nur zu schwer gerächt sterben.

      Vergiß nie, nie diese Julie, die dein war und deren Herz keinem Anderen gehören wird. Ich kann dir nicht mehr versprechen in der Abhängigkeit, in welche mich der Himmel gesetzt hat. Aber, nachdem ich dir Treue empfohlen, ist es billig, daß ich dir von der meinigen das einzige Pfand lasse, das in meiner Macht steht. Ich habe zu Rath gezogen, nicht meine Pflichten, mein verwirrter Geist erkennt sie nicht mehr, aber mein Herz, die letzte Richtschnur Dessen, der keine weiter für sein Handeln hat; und was es mir endlich eingegeben hat, ist dies: ich werde dich nie ohne die Einwilligung meines Vaters heiraten, aber auch nie einen Andern ohne deine Einwilligung: darauf gebe ich dir mein Wort. Es wird mir heilig sein, was auch komme, und es giebt keine menschliche Kraft, die mich verhindern könnte, es zu halten. Mache dir also keine Unruhe über das, was in deiner Abwesenheit mit mir geschehen könnte. Geh, und suche dir, mein liebenswürdiger Freund, unter dem Segen der zärtlichen Liebe ein Schicksal, welches werth ist, sie zu krönen. Mein Geschick liegt in deinen Händen, soweit es von mir abhing, es hinein zu legen, und nie wird es sich ändern ohne deine Zustimmung.

      Zwölfter Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      O qual fiamma di gloria, d'onore Scorrer sento por tutte le vene, Alma grande, parlando con te.

      [O, welch ein Feuer des Ruhmes, der Ehre. Fühlt', ich strömen durch all meine Adern, Große Seele, vernehm' ich dein Wort.]

      Julie, laß mich Athem schöpfen; du machst mein Blut sieden, du machst mich zittern. machst mein Herz beben: dein Brief glüht wie

      dein Herz von heiliger Tugendliebe und du strömst in das meinige himmlisches Feuer. Aber warum so viel Ermahnung, wo es nur Befehl Brauchte? Glaube mir, wenn ich mich so weit vergäße, daß ich Gründe nöthig hätte, um recht zu thun, so ist das wenigstens deine Sache nicht: dein bloßer Wille reicht für mich hin. Weißt du nicht, daß ich immer so sein werde, wie es dir gut dünkt, und daß ich selbst Böses thun würde, ehe ich dir den Gehorsam versagte? Ja, ich würde das Capitol verbrannt haben, wenn du es mir geheißen hättest, weil ich dich mehr als Alles liebe. Aber weißt du wohl, warum ich dich so liebe? Ach, unvergleichliches Mädchen, deshalb, weil du gar nichts Anderes wollen kannst, als was recht ist, und weil die Liebe zur Tugend jene noch unüberwindlicher macht, die deine Reize in mir entzünden.

      Ich reise, ermuthigt durch die Verpflichtung, welche du übernommen hast und bei der du dir den Umweg ersparen könntest; denn wenn du versprichst, Niemandes zu sein ohne meine Einwilligung, heißt das nicht versprechen, einzig mein zu sein? Ich, ich sage es freier heraus, und ich gebe dir heute mein Manneswort darauf, das nicht gebrochen werden wird. Ich weiß nicht, welches Loos auf der Laufbahn, auf der ich mich dir zu gefallen versuchen will, das Schicksal mir bestimmt, aber nie sollen die Bande der Liebe oder der Ehe an eine Andere knüpfen, als an Julie von Étange; ich bin, ich lebe nur für sie, und ich werde ledig sterben oder als ihr Gatte. Lebe wohl, die Zeit drängt und ich reise im Augenblick ab.

      Dreizehnter Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Ich bin gestern Abend in Paris angekommen; er, der nicht leben konnte, durch zwei Straßen von dir getrennt, ist es jetzt durch mehr als hundert Meilen. O Julie, beklage mich, beklage deinen unglücklichen Freund. Wenn ich mit meinem Blute in langen Strömen diesen unendlichen Weg gezeichnet hätte, würde er mir nicht so lang erschienen sein und ich hätte nicht so meine Seele immer ohnmächtiger werden gefühlt. Ach, kennte ich wenigstens den Augenblick, der uns wieder vereinigen soll, so gut wie den Raum, der uns trennt, so würde ich die Entfernung der Orte in dem Fortschreiten der Zeit aufheben, ich würde an jedem Tage, der meinem Leben genommen wird, nur die Schritte zählen, um die er mich dir näher brächte. Aber diese Schmerzensbahn ist bedeckt mit dem Dunkel der Zukunft: die Grenze, welche ihr gesetzt ist, ist meinen schwachen Augen entzogen. O Ungewißheit! O Marter! Mein unruhiges Herz sucht sie und findet nichts. Die Sonne geht auf, und bringt mir nicht mehr die Hoffnung wieder, dich zu sehen; sie geht unter, und ich sah dich nicht: meine Tage, genuß- und freudenleer, fließen hin in einer langen Nacht. Umsonst, daß ich in mir die erloschene Hoffnung wieder zu beleben suche, sie bietet mir nur eine ungewisse Hülfe und verdächtigen Trost. Zärtlich geliebte Freundin meines Herzens, ach, ach, auf was für Wehe muß ich gefaßt sein, wenn es meinem vergangenen Glücke die Waage halten soll!

      Laß dich durch diese Schwermuth nicht beunruhigen, ich beschwöre dich: sie ist die vorübergehende Wirkung des Alleinseins und der Betrachtungen unterweges. Fürchte keine Rückkehr meiner vorigen Schwachheit: mein Herz ist in deiner Hand, meine Julie; und da du es hältst, wird es sich nicht niederschlagen lassen. Einer der tröstlichen Gedanken, welche die Frucht deines letzten Briefes sind, ist der, daß ich mich jetzt durch eine doppelte Kraft getragen fühle; und wenn selbst die Liebe die meinige vernichtet hätte, würde ich doch noch dabei gewinnen, denn der Muth, welcher mir von dir kommt, hält mich viel besser aufrecht, als ich es selbst vermöchte. Ich bin überzeugt, es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. Die Menschenseelen wollen gepaart sein, um zu ihrem vollen Werthe zu gelangen, und die vereinigte Kraft der Freunde, wie die der Platten eines künstlichen Magnets, ist unvergleichlich größer als die Summe der vereinzelten Kräfte. Göttliche Freundschaft, das ist dein Triumph. Was aber ist die bloße Freundschaft gegen diese vollkommene Vereinigung, die zu der ganzen Wirkungskraft der Freundschaft Bande, die hundertmal heiliger sind, hinzufügt? Wo sind sie, jene groben Seelen, welche die Entzückungen der Liebe für nichts als ein Fieber der Sinne halten, eine Brunst der verderbten Natur? Sie sollen kommen, sollen sehen, sollen fühlen, was im Grunde meines Herzens vorgeht, sollen einen unglücklichen Liebenden sehen, getrennt von dem, was er liebt, ungewiß, ob er es je wieder sehen wird, ohne Hoffnung, sein verlorenes Glück wieder zu erlangen, und dennoch beseelt von dem unsterblichen Feuer, das er in deinen Augen auffing, und das dein hoher Sinn genährt hat; bereit, dem Geschicke zu trotzen, seine Widerwärtigkeit zu ertragen, selbst sich deiner beraubt zu sehen und aus Tugenden, die du ihm eingeflößt hast, eine würdige Zierde des anbetungswerthen Bildes zu machen, welches nie aus seiner Seele verlöschen wird. Julie, o was wäre ich gewesen ohne dich? Die kalte Vernunft hätte mich vielleicht aufgeklärt; ein lauer Bewunderer des Guten, würde ich es wenigstens in Anderen geliebt haben. Ich werde aber mehr thun, ich werde es mit Eifer auszuüben streben, und durchdrungen von deinen weisen Lehren, werde ich so handeln, daß Die einst sprechen, die uns gekannt haben: O, was für Menschen würden wir alle sein, wenn die Welt voll wäre von Julien, und von Herzen, die sie zu lieben wüßten!

      Als ich unterweges mir deinen letzten Brief in Gedanken wiederholte, nahm ich mir vor, jetzt da ich keine Weisung mehr aus deinem Munde erhalten kann, alle Briefe, die du mir geschrieben hast, in eine Sammlung zu bringen. Obgleich keiner darunter ist, den ich nicht auswendig wüßte, glaube mir, mag ich sie doch immer gern wieder und wieder von vorn lesen, wäre es auch nur um die Züge von dieser geliebten Hand zu sehen, die mich allein glücklich machen kann. Aber unvermerkt nutzt sich das Papier ab, und ehe sie zerrissen sind, will ich sie alle in ein reines Buch schreiben, das ich mir ausdrücklich dazu ausgesucht habe. Es ist ziemlich dick, aber ich denke an die Zukunft und hoffe nicht so jung zu sterben, daß ich an dem einen Bande genug hätte. Ich bestimme die Abende zu dieser reizenden Beschäftigung, und ich werde langsam schreiben, um länger daran zu haben. Diese kostbare Sammlung will ich im Leben nicht von mir lassen: sie wird mein Handbuch sein in der Welt, in die ich einzutreten im Begriff bin: sie wird das Gegengift sein wider die bösen Grundsätze, die man in ihr einathmet; sie wird mich trösten in meinen Leiden; sie wird mich vor Fehltritten bewahren oder mich bessern; sie wird mich zurechtweisen,

Скачать книгу