Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Schon seit vielen Jahren ist es mir äußerst wahrscheinlich erschienen, daß geschlechtliche Zuchtwahl eine bedeutende Rolle bei der Differenzierung der Menschenrassen gespielt habe; in meiner »Entstehung der Arten« (Erste Ausgabe, p. 209) begnügte ich mich aber damit, nur auf diese Ansicht hinzuweisen. Als ich nun dazu kam, diese Gesichtspunkte auf den Menschen anzuwenden, fand ich, daß es unumgänglich nothwendig sei, den ganzen Gegenstand in ausführlichem Detail zu behandeln. In Folge dessen ist der zweite Theil des vorliegenden Werks, welcher von der geschlechtlichen Zuchtwahl handelt, zu einer unverhältnismäßigen Länge, wenn mit dem ersten Theile verglichen, angewachsen; dies ließ sich indessen nicht vermeiden.
Ich hatte beabsichtigt, den vorliegenden Bogen einen Versuch über den Ausdruck der verschiedenen Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den niederen Thieren hinzuzufügen. Sir Charles Bell's wundervolles Buch hatte meine Aufmerksamkeit vor vielen Jahren schon auf diesen Gegenstand gelenkt. Dieser berühmte Anatom behauptet, daß der Mensch mit gewissen Muskeln ausgerüstet sei, ausschließlich zu dem Zwecke, seine Gemüthsbewegungen auszudrücken. Da diese Ansicht offenbar mit dem Glauben in Widerspruch steht, daß der Mensch von irgend einer anderen und niederen Form abstammt, so wurde es für mich nothwendig, dieselbe eingehender zu betrachten. Ich wünschte gleichermaßen festzustellen, in wie weit die Gemüthsbewegungen von den verschiedenen Menschenrassen in derselben Weise ausgedrückt werden; aber wegen des Umfangs des vorliegenden Werks hielt ich es für besser, diese Abhandlung selbständig zu veröffentlichen.2
Fußnote
1 Da die Werke der erstgenannten Schriftsteller in England allgemein bekannt sind, so hat der Verfasser deshalb ihre Titel nicht speciell anzuführen für nöthig gehalten; doch glaubt der Übersetzer auch diese hier mit aufnehmen zu sollen: A. R. Wallace, Contributions to the Theory of Natural Selection. London, 1870 (Cap. IX u. X); Huxley, Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur. Übers. Braunschweig, 1863. Sir Ch. Lyell, Das Alter des Menschengeschlechts auf der Erde. Übers. Leipzig, 1864. L. Büchner. Sechs Vorlesungen über die Darwinsche Theorie. 2. Aufl. 1868. Rolle, Der Mensch im Lichte der Darwinschen Theorie. Frankfurt 1865. Verf. fährt fort: Ich will hier nicht den Versuch machen, alle Schriftsteller zu citieren, welche dieselbe Ansicht vertreten. So hat G. Canestrini eine interessante Abhandlung über rudimentäre Charaktere und deren Beziehung zu der Frage nach dem Ursprung des Menschen veröffentlicht (Annuario della Soc. d. Nat. Modena, 1867, p. 81). Ein anderes Werk hat Dr. Francesco Barrago herausgegeben unter dem Titel (italienisch 1869): »Der Mensch geschaffen zum Ebenbilde Gottes, auch geschaffen als Ebenbild des Affen.«
2 Prof. Haeckel war der einzige Schriftsteller, welcher zur Zeit des Erscheinens des vorliegenden Werkes den Gegenstand der geschlechtlichen Zuchtwahl seit der Veröffentlichung der »Entstehung der Arten« besprochen und die volle Bedeutung desselben erkannt und erörtert hatte; er hat dies in seinen verschiedenen Arbeiten in sehr umsichtiger Weise gethan.
Erster Theil.
Die Abstammung oder der Ursprung des Menschen.
Erstes Capitel.
Thatsachen, welche für die Abstammung des Menschen von einer niederen Form zeugen
Natur der Beweise für den Ursprung des Menschen. – Homologe Bildungen beim Menschen und den niederen Thieren. – Verschiedene Punkte der Übereinstimmung. – Entwicklung. – Rudimentäre Bildungen; Muskeln, Sinnesorgane, Haare. Knochen, Reproductionsorgane u. s. w. – Die Tragweite dieser drei großen Classen von Thatsachen in Bezug auf den Ursprung des Menschen.
Ein Jeder, welcher zu entscheiden wünscht, ob der Mensch der modificierte Nachkomme irgend einer früher existierenden Form sei, würde wahrscheinlich zuerst untersuchen, ob der Mensch, in einem wie geringen Grade auch immer, seiner körperlichen Structur nach und in seinen geistigen Fähigkeiten variiert, und wenn dies der Fall ist, ob diese Abänderungen seinen Nachkommen in Übereinstimmung mit den bei niederen Thieren geltenden Gesetzen überliefert werden; ferner, ob die Abänderungen, soweit es unsere Unwissenheit zu beurtheilen gestattet, die Wirkungen derselben allgemeinen Ursachen sind und ob sie von denselben allgemeinen Gesetzen beherrscht werden wie bei anderen Organismen, z. B. von der Correlation, den vererbten Wirkungen des Gebrauchs und Nichtgebrauchs u. s. w. Ist ferner der Mensch ähnlichen Mißbildungen unterworfen, in Folge von Bildungshemmungen, von Verdoppelung von Theilen u. s. w., und bietet er in irgendwelchen seiner Mißbildungen einen Rückschlag auf einen früheren und älteren Bildungstypus dar? Natürlich ließe sich auch untersuchen, ob der Mensch, wie so viele anderen Thiere, Varietäten und Unterrassen habe entstehen lassen, die nur unbedeutend von einander abweichen, oder Rassen, welche so verschieden von einander sind, daß sie als zweifelhafte Species zu classificieren sind. Wie sind derartige Rassen über die Erde verbreitet und wie wirken sie bei einer Kreuzung auf einander, sowohl in der ersten Generation, als in den folgenden? Und so ließen sich noch über viele andere Punkte Fragen aufstellen.
Bei dieser Untersuchung würde man dann zunächst zu der wichtigen Frage kommen, ob der Mensch zu einer im Verhältnis so rapiden Zunahme neigt, daß hierdurch gelegentlich heftige Kämpfe um das Dasein und in Folge dessen wohlthätige Abänderungen veranlaßt werden, gleichviel ob am Körper oder am Geiste, welche dann bewahrt bleiben, während die nachtheiligen beseitigt werden. Greifen die Rassen oder Arten, gleichviel welcher Ausdruck hier angewandt wird, über einander über und ersetzen einander, so daß einige schließlich unterdrückt werden? Wir werden sehen, daß alle diese Fragen, wie es in der That in Bezug auf die meisten derselben auf der Hand liegt, bejahend beantwortet werden müssen, in derselben Weise wie bei den niederen Thieren. Die verschiedenartigen, hier angedeuteten Betrachtungen können aber füglich eine Zeit lang noch zurückgestellt werden, und wir wollen zuerst nachsehen, in wie weit die körperliche Bildung des Menschen mehr oder weniger deutliche Spuren seiner Abstammung von irgend einer niederen Form zeigt. In späteren Capiteln werden dann die geistigen Fähigkeiten des Menschen im Vergleich mit denen der niederen Thiere betrachtet werden.
Die körperliche Bildung des Menschen. – Es ist notorisch, daß der Mensch nach demselben allgemeinen Typus oder Modell wie die anderen Säugethiere gebildet ist. Alle Knochen seines Skelets können mit entsprechenden Knochen eines Affen oder einer Fledermaus oder Robbe verglichen werden; dasselbe gilt für seine Muskeln, Nerven, Blutgefäße und Eingeweide. Das Gehirn, dieses bedeutungsvollste aller Organe, folgt denselben Bildungsgesetzen, wie Huxley und andere Anatomen gezeigt haben. Bischoff3