Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Die Beutelthiere stehen in vielen bedeutungsvollen Merkmalen unterhalb der placentalen Säugethiere. Sie erscheinen in einer früheren geologischen Periode und ihr Verbreitungsbezirk war früher ein viel ausgedehnterer, als sich derselbe jetzt darstellt. Es wird daher allgemein angenommen, daß die Placentalen sich von den Implacentalen oder den Beutelthieren heraus entwickelt haben, indessen nicht etwa von Formen, welche den jetzt existierenden Marsupialien sehr gleichen, sondern von deren früheren Urerzeugern. Die Monotremen sind ganz offenbar mit den Marsupialien verwandt, sie bilden eine dritte und noch niedrigere Abtheilung in der großen Reihe der Säugethiere. Heutigen Tages werden sie nur von dem Ornithorhynchus und der Echidna repräsentiert, und man kann diese beiden Formen ganz getrost als Überbleibsel einer bedeutend größeren Gruppe betrachten, welche in Folge des Zusammentreffens besonders günstiger Umstände in Australien erhalten worden sind. Die Monotremen sind ganz außerordentlich interessant, da sie in mehreren bedeutungsvollen Punkten ihres Körperbaus nach der Classe der Reptilien hinführen.
Wenn wir den Versuch machen, die Genealogie der Säugethiere und daher auch des Menschen noch weiter abwärts in der Thierreihe zu verfolgen, so kommen wir auf immer dunklere und dunklere Gebiete der Wissenschaft; wie aber ein äußerst fähiger Forscher, Mr. Parker, bemerkt hat, haben wir guten Grund anzunehmen, daß kein echter Vogel oder kein echtes Reptil in die Descendenzreihe eintritt. Wer hier zu erfahren wünscht, was Scharfsinn und Kenntnisse hervorbringen können, mag die Schriften Professor Haeckel's zu Rathe ziehen.342 Ich will mich mit einigen allgemeinen Bemerkungen hier begnügen. Jeder Anhänger der Entwicklungstheorie wird zugeben, daß die fünf großen Wirbelthierclassen, nämlich Säugethiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische, sämmtlich von einem gemeinsamen Prototype oder von einer Stammform abgestammt sind; denn sie haben sehr viel, besonders während ihrer embryonalen Zustände, gemeinsam. Da die Classe der Fische die am niedrigsten organisierte ist und vor den übrigen auf der Erde erschienen ist. so können wir schließen, daß sämmtliche Glieder des Wirbelthierreichs von irgend einem fischähnlichen Thiere herrühren. Die Annahme, daß von einander so verschiedene Thiere, wie ein Affe, ein Elefant, ein Kolibri, eine Schlange, ein Frosch und ein Fisch u. s. w. sämmtlich von denselben Eltern entsprossen sein könnten, wird Denjenigen ganz monströs erscheinen, welche die neueren Fortschritte der Naturgeschichte nicht mit Aufmerksamkeit verfolgt haben; denn diese Annahme setzt die frühere Existenz von Zwischengliedern voraus, welche alle diese jetzt so völlig ungleichen Formen eng mit einander verbanden.
Nichtsdestoweniger ist es sicher, daß Thiergruppen existiert haben, oder selbst jetzt noch existieren, welche die verschiedenen großen Wirbelthierclassen mehr oder weniger eng mit einander zu verbinden geeignet waren oder sind. Wir haben gesehen, daß der Ornithorhynchus sich in mehreren Beziehungen den Reptilien nähert; und Professor Huxley hat die merkwürdige Entdeckung gemacht, welche Mr. Cope und Andere bestätigt haben, daß die alten Dinosaurier in vielen wichtigen Beziehungen mitten zwischen gewissen Reptilien und gewissen Vögeln inne stehen; die hier in Rede kommenden Vögel sind die straußartigen Vögel (offenbar selbst die weitverbreiteten Reste einer größeren Gruppe) und der Archaeopteryx, jener merkwürdige Vogel der Secundärzeit, welcher einen langen Schwanz hatte wie eine Eidechse. Ferner bieten nach Professor Owen343 die Ichthyosaurier – große Meereidechsen, die mit Ruderfüßen versehen waren – viele Verwandtschaften mit Fischen oder vielmehr, Huxley zufolge, mit Amphibien dar. Diese letztere Classe, welche in ihrer höchsten Abtheilung die Frösche und Kröten enthält, ist offenbar mit den ganoiden Fischen verwandt. Diese letzteren Fische wieder waren während der früheren geologischen Perioden sehr zahlreich und nach einem, wie man sich auszudrücken pflegt, bedeutend verallgemeinerten Plane gebaut, d. h. sie zeigten verschiedenartige Verwandtschaften mit andern Gruppen von Organismen. Der Lepidosiren ist wiederum so nahe mit den Amphibien und Fischen verwandt, daß die Zoologen sich lange gestritten haben, in welche dieser beiden Gruppen er zu stellen sei. Der Lepidosiren und einige wenige ganoide Fische sind dadurch vor völliger Zerstörung gerettet worden, daß sie Flüsse bewohnen, welche schützende Zufluchtshäfen bilden und dieselbe Beziehung zu den großen Wassermassen des Oceans darbieten, wie die Inseln zu den Continenten.
Endlich ist ein einziges Glied der ungeheuer großen und verschiedenartigen Classe der Fische, nämlich das Lanzettfischchen oder Amphioxus, so verschieden von allen übrigen Fischen, daß Haeckel behauptet, es müßte eine besondere Classe im Wirbelthierreiche bilden. Dieser Fisch ist wegen seiner negativen Merkmale merkwürdig; man kann kaum sagen, daß er ein Gehirn, eine Wirbelsäule, ein Herz u. s. w. besitzt, so daß er auch von den älteren Naturforschern unter die Würmer gestellt wurde. Vor vielen Jahren machte Professor Goodsir die Beobachtung, daß das Lanzettfischchen einige Verwandtschaften mit den Ascidien darbietet, welche wirbellose hermaphroditische und beständig fremden Körpern angeheftete marine Geschöpfe sind. Sie erscheinen kaum als Thiere und bestehen aus einem zähen lederartigen Sacke mit zwei kleinen vorspringenden Öffnungen. Sie gehören zu den Molluscoiden Huxley's, einer niedrigen Abtheilung des großen Unterreichs der Mollusken; neuerdings sind sie aber von einigen Zoologen unter die Vermes oder Würmer gestellt worden. Ihre Larven sind der Form nach den Kaulquappen etwas ähnlich,344 und haben das Vermögen frei herumzuschwimmen. Kowalevsky345 hat neuerdings beobachtet, daß die Larven der Ascidien den Wirbelthieren verwandt sind und zwar in der Weise ihrer Entwicklung, in der relativen Lage ihres Nervensystems und in dem Besitze eines Gebildes, welches der Chorda dorsalis der Wirbelthiere sehr ähnlich ist. Dies ist von Prof. Kupffer bestätigt worden. Mr. Kowalevsky schreibt mir von Neapel, daß er diese Beobachtungen jetzt noch weiter geführt hat; sollten seine Resultate sicher begründet werden, so würden sie eine Entdeckung von dem größten Werthe darstellen. Dürfen wir uns nun auf Embryologie verlassen, welche sich stets als der sicherste Führer bei der Classification erwiesen hat, so scheint es hiernach, als hätten wir endlich einen Schlüssel zu jener Quelle gefunden, aus welcher die Wirbelthiere herstammen.346 Wir würden darnach zu der Annahme berechtigt sein, daß in einer äußerst frühen Periode eine Gruppe von Thieren existierte, in vielen Beziehungen den Larven unserer jetzt lebenden Ascidien ähnlich, welche in zwei große Zweige auseinanderging; von diesen ging der eine in der Entwicklung zurück und brachte die jetzige Classe der Ascidien hervor, während der andere sich zu der Krone und Spitze des ganzen Thierreichs erhob, dadurch, daß er die Wirbelthiere entstehen ließ.
Wir haben bis jetzt versucht, in großen Umrissen die Genealogie der Wirbelthiere mit Hülfe ihrer gegenseitigen Verwandtschaften zu entwerfen. Wir wollen nunmehr den Menschen betrachten, wie er gegenwärtig existiert, und ich meine, wir werden theilweise im Stande sein, in den aufeinanderfolgenden Perioden, aber wohl nicht in der gehörigen Zeitfolge, den Bau unserer frühen Urerzeuger zu reconstruieren. Dies kann mit Hülfe