Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer

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Darlegung der Argumente für und gegen die Endlichkeit der Welt giebt Jordanus Brunus im fünften Dialog seines Buches »Del infinito, universo e mondi«. Uebrigens behauptet Kant selbst im Ernst und aus objektiven Gründen die Unendlichkeit der Welt im Raum, in seiner »Naturgeschichte und Theorie des Himmels«, Theil II, Kap. 7. Zu derselben bekennt sich auch Aristoteles, »Phys.«, III, Kap. 4, welches Kapitel nebst den folgenden, in Hinsicht auf diese Antinomie sehr lesenswerth ist.

      Beim zweiten Widerstreit begeht die Thesis sogleich eine gar nicht feine petitio principii, indem sie anhebt: »Jede zusammengesetzte Substanz besteht aus einfachen Theilen.« Aus dem hier willkürlich angenommenen Zusammengesetztseyn beweist sie nachher freilich die einfachen Theile sehr leicht. Aber eben der Satz »alle Materie ist zusammengesetzt«, auf welchen es ankommt, bleibt unbewiesen, weil er eben eine grundlose Annahme ist. Dem Einfachen steht nämlich nicht das Zusammengesetzte, sondern das Extendirte, das Theilehabende, das Theilbare gegenüber. Eigentlich aber wird hier stillschweigend angenommen, daß die Theile vor dem Ganzen dawaren und zusammengetragen wurden, wodurch das Ganze entstanden sei: denn Dies besagt das Wort »zusammengesetzt«. Doch läßt sich Dieses so wenig behaupten, wie das Gegentheil. Die Theilbarkeit besagt bloß die Möglichkeit, das Ganze in Theile zu zerlegen; keineswegs, daß es aus Theilen zusammengesetzt und dadurch entstanden sei. Die Theilbarkeit behauptet bloß die Theile a parte post; das Zusammengesetztseyn behauptet sie a parte ante. Denn zwischen den Theilen und dem Ganzen ist wesentlich kein Zeitverhältniß: vielmehr bedingen sie sich wechselseitig und sind insofern stets zugleich: denn nur sofern Beide dasind, besteht das räumlich Ausgedehnte. Was daher Kant in der Anmerkung zur Thesis sagt: »Den Raum sollte man eigentlich nicht Compositum, sondern Totum nennen u.s.w.«, dies gilt ganz und gar auch von der Materie, als welche bloß der wahrnehmbar gewordene Raum ist. – Dagegen folgt die unendliche Theilbarkeit der Materie, welche die Antithese behauptet, a priori und unwidersprechlich aus der des Raumes, den sie erfüllt. Dieser Satz hat gar nichts gegen sich: daher ihn auch Kant, S. 513; v, 541, wo er ernstlich und in eigener Person, nicht mehr als Wortführer des adikos logos spricht, als objektive Wahrheit darstellt: desgleichen in den »Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft« (S. 108, erste Ausgabe) steht der Satz, »die Materie ist ins Unendliche theilbar«, als ausgemachte Wahrheit an der Spitze des Beweises des ersten Lehrsatzes der Mechanik, nachdem er in der Dynamik als vierter Lehrsatz aufgetreten war und bewiesen worden. Hier aber verdirbt Kant den Beweis für die Antithese, durch die größte Verworrenheit des Vertrags und unnützen Wortschwall, in der schlauen Absicht, daß die Evidenz der Antithese die Sophismen der These nicht zu sehr in Schattenstelle. – Die Atome sind kein nothwendiger Gedanke der Vernunft, sondern bloß eine Hypothese zur Erklärung der Verschiedenheit des specifischen Gewichts der Körper. Daß wir aber auch dieses anderweitig und sogar besser und einfacher, als durch Atomistik erklären können, hat Kant selbst gezeigt, in der Dynamik seiner »Metaphysischen Anfangsgründe zur Naturwissenschaft«; vor ihm jedoch Priestley, »On matter und spirit«; sect. I. Ja, schon im Aristoteles, »Phys.«, IV, 9, ist der Grundgedanke davon zu finden.

      Das Argument für die dritte Thesis ist ein sehr feines Sophisma und eigentlich Kants vorgebliches Princip der reinen Vernunft selbst, ganz unvermischt und unverändert. Es will die Endlichkeit der Reihe der Ursachen daraus beweisen, daß eine Ursache, um zureichend zu seyn, die vollständige Summe der Bedingungen enthalten muß, aus denen der folgende Zustand, die Wirkung, hervorgeht. Dieser Vollständigkeit der in dem Zustand, welcher Ursache ist, zugleich vorhandenen Bestimmungen schiebt nun das Argument die Vollständigkeit der Reihe von Ursachen unter, durch die jener Zustand selbst erst zur Wirklichkeit gekommen ist: und weil Vollständigkeit Geschlossenheit, diese aber Endlichkeit voraussetzt, so folgert das Argument hieraus eine erste, die Reihe schließende, mithin unbedingte Ursache. Aber die Taschenspielerei liegt am Tage. Um den Zustand A als zureichende Ursache des Zustandes B zu begreifen, setze ich voraus, er enthalte die Vollständigkeit der hiezu erforderlichen Bestimmungen, durch deren Beisammenseyn der Zustand B unausbleiblich erfolgt. Hiedurch ist nun meine Anforderung an ihn als zureichende Ursache gänzlich befriedigt und sie hat keine unmittelbare Verbindung mit der Frage, wie der Zustand A selbst zur Wirklichkeit gekommen sei: vielmehr gehört diese einer ganz andern Betrachtung an, in der ich den nämlichen Zustand A nicht mehr als Ursache, sondern selbst wieder als Wirkung ansehe, wobei ein anderer Zustand sich zu ihm wieder eben so verhalten muß, wie er selbst sich zu B verhielt. Die Voraussetzung der Endlichkeit der Reihe von Ursachen und Wirkungen, und demnach eines ersten Anfanges, erscheint dabei aber nirgends als nothwendig, so wenig wie die Gegenwart des gegenwärtigen Augenblicks einen Anfang der Zeit selbst zur Voraussetzung hat; sondern jene wird erst hinzugethan von der Trägheit des spekulirenden Individuums. Daß jene Voraussetzung in der Annahme einer Ursache als zureichenden Grundes liege, ist also erschlichen und falsch; wie ich dieses oben, bei Betrachtung des Kantischen, mit dieser Thesis zusammenfallenden Princips der Vernunft ausführlich gezeigt habe. Zur Erläuterung der Behauptung dieser falschen Thesis entblödet sich Kant nicht, in der Anmerkung zu derselben, sein Aufstehn vom Stuhl als Beispiel eines unbedingten Anfangs zu geben: als ob es ihm nicht so unmöglich wäre, ohne Motiv aufzustehn, wie der Kugel ohne Ursache zu rollen. Die Grundlosigkeit seiner vom Gefühl der Schwäche eingegebenen Berufung auf die Philosophen des Alterthums brauche ich wohl nicht erst aus dem Okellos Lukanos, den Eleaten u.s.w. nachzuweisen; der Hindu ganz zu geschweigen. Gegen die Beweisführung der Antithese ist, wie bei den vorhergehenden, nichts einzuwenden.

      Der vierte Widerstreit ist, wie ich schon bemerkt habe, mit dem dritten eigentlich tautologisch. Auch ist der Beweis der These im Wesentlichen wieder der selbe, wie der der vorhergehenden. Seine Behauptung, daß jedes Bedingte eine vollständige und daher mit dem Unbedingten sich endende Reihe von Bedingungen voraussetze, ist eine petitio principii, die man geradezu ableugnen muß. Jedes Bedingte setzt nichts voraus, als seine Bedingung: daß diese wieder bedingt sei, hebt eine neue Betrachtung an, welche in der ersten nicht unmittelbar enthalten ist.

      Eine gewisse Scheinbarkeit ist der Antinomie nicht abzusprechen: dennoch ist es merkwürdig, daß kein Theil der Kantischen Philosophie so wenig Widerspruch erfahren, ja, so viel Anerkennung gefunden hat, wie diese so höchst paradoxe Lehre. Fast alle philosophische Parteien und Lehrbücher haben sie gelten gelassen und wiederholt, auch wohl bearbeitet; während beinahe alle andern Lehren Kants angefochten worden sind, ja, es nie an einzelnen schiefen Köpfen gefehlt hat, welche sogar die transscendentale Aesthetik verwarfen. Der ungetheilte Beifall, den hingegen die Antinomie gefunden, mag am Ende daher kommen, daß gewisse Leute mit innerlichem Behagen den Punkt betrachten, wo so recht eigentlich der Verstand stille stehn soll, indem er auf etwas gestoßen wäre, was zugleich ist und nicht ist, und sie demnach das sechste Kunststück des Philadelphia, in Lichtenbergs Anschlagszettel, hier wirklich vor sich hätten.

      Kants nun folgende Kritische Entscheidung des kosmologischen Streites ist, wenn man ihren eigentlichen Sinn erforscht, nicht Das, wofür er sie giebt, nämlich die Auflösung des Streites durch die Eröffnung, daß beide Theile, von falschen Voraussetzungen ausgehend, im ersten und zweiten Widerstreit beide Unrecht, aber im dritten und vierten beide Recht haben; sondern sie ist in der That die Bestätigung der Antithesen durch die Erläuterung ihrer Aussage.

      Zuerst behauptet Kant in dieser Auflösung, mit offenbarem Unrecht, beide Theile giengen von der Voraussetzung, als Obersatz, aus, daß mit dem Bedingten auch die vollendete (also geschlossene) Reihe seiner Bedingungen gegeben sei. Bloß die Thesis legte diesen Satz, Kants reines Vernunftprincip, ihren Behauptungen zum Grunde: die Antithesis hingegen leugnete ihn ja überall ausdrücklich, und behauptete das Gegentheil. Ferner legt Kant beiden Theilen noch diese Voraussetzung zur Last, daß die Welt an sich selbst, d.h. unabhängig von ihrem Erkanntwerden und den Formen dieses, dasei; aber auch diese Voraussetzung ist abermals bloß von der Thesis gemacht; hingegen liegt sie den Behauptungen der Antithesis so wenig zum Grunde, daß sie sogar mit ihnen durchaus unvereinbar ist. Denn dem Begriff einer unendlichen Reihe widerspricht es geradezu, daß sie ganz gegeben sei: es ist ihr daher wesentlich, daß sie immer nur in Beziehung auf das Durchgehn derselben, nicht aber unabhängig von ihm, dasei. Hingegen liegt in der Voraussetzung bestimmter Gränzen

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