Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer

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nennt es die Chemie, Spottet ihrer selbst und weiß nicht wie.

      Die aus solchem Siege über mehrere niedere Ideen, oder Objektivationen des Willens, hervorgehende vollkommenere gewinnt, eben dadurch, daß sie von jeder überwältigten, ein höher potenzirtes Analogen in sich aufnimmt, einen ganz neuen Charakter: der Wille objektivirt sich auf eine neue deutlichere Art: es entsteht, ursprünglich durch generatio aequivoca,nachher durch Assimilation an den vorhandenen Keim, organischer Saft, Pflanze, Thier, Mensch. Also aus dem Streit niedrigerer Erscheinungen geht die höhere, sie alle verschlingende, aber auch das Streben aller in höherm Grade verwirklichende hervor. – Es herrscht demnach schon hier das Gesetz: serpens, nisi serpentem comederit, non fit draco.

      Ich wollte, daß es mir möglich gewesen wäre, durch die Klarheit der Darstellung, die dem Stoffe anhängende Dunkelheit dieser Gedanken zu überwinden: allein ich sehe gar wohl, daß die eigene Betrachtung des Lesers mir sehr zu Hülfe kommen muß, wenn ich nicht unverstanden bleiben, oder mißverstanden werden soll. – Der gegebenen Ansicht gemäß, wird man zwar im Organismus die Spuren chemischer und physischer Wirkungsarten nachweisen, aber nie ihn aus diesen erklären können; weil er keineswegs ein durch das vereinigte Wirken solcher Kräfte, also zufällig hervorgebrachtes Phänomen ist, sondern eine höhere Idee, welche sich jene niedrigeren durch überwältigende Assimilation unterworfen hat; weil der in allen Ideen sich objektivirende eine Wille, indem er zur höchstmöglichen Objektivation strebt, hier die niedern Stufen seiner Erscheinung, nach einem Konflikt derselben, aufgiebt, um auf einer hohem desto mächtiger zu erscheinen. Kein Sieg ohne Kampf: indem die höhere Idee, oder Willensobjektivation, nur durch Ueberwältigung der niedrigeren hervortreten kann, erleidet sie den Widerstand dieser, welche, wenn gleich zur Dienstbarkeit gebracht, doch immer noch streben, zur unabhängigen und vollständigen Aeußerung ihres Wesens zu gelangen. Wie der Magnet, der ein Eisen gehoben hat, einen fortdauernden Kampf mit der Schwere unterhält, welche, als die niedrigste Objektivation des Willens, ein ursprünglicheres Recht auf die Materie jenes Eisens hat, in welchem steten Kampf der Magnet sich sogar stärkt, indem der Widerstand ihn gleichsam zu größerer Anstrengung reizt; eben so unterhält jede und auch die Willenserscheinung, welche sich im menschlichen Organismus darstellt, einen dauernden Kampf gegen die vielen physischen und chemischen Kräfte, welche, als niedrigere Ideen, ein früheres Recht auf jene Materie haben. Daher sinkt der Arm, den man eine Weile, mit Ueberwältigung der Schwere, gehoben gehalten: daher ist das behagliche Gefühl der Gesundheit, welches den Sieg der Idee des sich seiner bewußten Organismus über die physischen und chemischen Gesetze, welche ursprünglich die Säfte des Leibes beherrschen, ausdrückt, doch so oft unterbrochen, ja eigentlich immer begleitet von einer gewissen, großem oder kleinem Unbehaglichkeit, welche aus dem Widerstand jener Kräfte hervorgeht, und wodurch schon der vegetative Theil unsers Lebens mit einem leisen Leiden beständig verknüpft ist. Daher auch deprimirt die Verdauung alle animalischen Funktionen, weil sie die ganze Lebenskraft in Anspruch nimmt zur Ueberwältigung chemischer Naturkräfte durch die Assimilation. Daher also überhaupt die Last des physischen Lebens, die Nothwendigkeit des Schlafes und zuletzt des Todes, indem endlich, durch Umstände begünstigt, jene unterjochten Naturkräfte dem, selbst durch den steten Sieg ermüdeten, Organismus die ihnen entrissene Materie wieder abgewinnen, und zur ungehinderten Darstellung ihres Wesens gelangen. Man kann daher auch sagen, daß jeder Organismus die Idee, deren Abbild er ist, nur darstellt nach Abzug des Theiles seiner Kraft, welche verwendet wird auf Ueberwältigung der niedrigeren Ideen, die ihm die Materie streitig machen. Dieses scheint dem Jakob Böhme vorgeschwebt zu haben, wenn er irgendwo sagt, alle Leiber der Menschen und Thiere, ja alle Pflanzen seien eigentlich halb todt. Jenachdem nun dem Organismus die Ueberwältigung jener, die tieferen Stufen der Objektität des Willens ausdrückenden Naturkräfte mehr oder weniger gelingt, wird er zum vollkommeneren oder unvollkommeneren Ausdruck seiner Idee, d.h. steht näher oder ferner dem Ideal, welchem in seiner Gattung die Schönheit zukommt.

      So sehn wir in der Natur überall Streit, Kampf und Wechsel des Sieges, und werden eben darin weiterhin die dem Willen wesentliche Entzweiung mit sich selbst deutlicher erkennen. Jede Stufe der Objektivation des Willens macht der andern die Materie, den Raum, die Zeit streitig. Beständig muß die beharrende Materie die Form wechseln, indem, am Leitfaden der Kausalität, mechanische, physische, chemische, organische Erscheinungen, sich gierig zum Hervortreten drängend, einander die Materie entreißen, da jede ihre Idee offenbaren will. Durch die gesammte Natur läßt sich dieser Streit verfolgen, ja, sie besteht eben wieder nur durch ihn: ei gar mê ên to neikos en tois pragmasin, hen an ên hapanta, hôs phêsin Empedoklês; (nam si non inesset in rebus contentio, unum omnia essent, ut ait Empedocles. Arist. Metaph. B., 5): ist doch dieser Streit selbst nur die Offenbarung der dem Willen wesentlichen Entzweiung mit sich selbst. Die deutlichste Sichtbarkeit erreicht dieser allgemeine Kampf in der Thierwelt, welche die Pflanzenwelt zu ihrer Nahrung hat, und in welcher selbst wieder jedes Thier die Beute und Nahrung eines andern wird, d.h. die Materie, in welcher seine Idee sich darstellte, zur Darstellung einer andern abtreten muß, indem jedes Thier sein Daseyn nur durch die beständige Aufhebung eines fremden erhalten kann; so daß der Wille zum Leben durchgängig an sich selber zehrt und in verschiedenen Gestalten seine eigene Nahrung ist, bis zuletzt das Menschengeschlecht, weil es alle andern überwältigt, die Natur für ein Fabrikat zu seinem Gebrauch ansieht, das selbe Geschlecht jedoch auch, wie wir im vierten Buche finden werden, in sich selbst jenen Kampf, jene Selbstentzweiung des Willens zur furchtbarsten Deutlichkeit offenbart, und homo homini lupus wird. Inzwischen werden wir den selben Streit, die selbe Ueberwältigung eben so wohl auf den niedrigen Stufen der Objektität des Willens wiedererkennen. Viele Insekten (besonders die Ichneumoniden) legen ihre Eier auf die Haut, ja, in den Leib der Larven anderer Insekten, deren langsame Zerstörung das erste Werk der auskriechenden Brut ist. Der junge Armpolyp, der aus dem alten als ein Zweig herauswächst und sich später von ihm abtrennt, kämpft, während er noch an jenem festsitzt, schon mit ihm um die sich darbietende Beute, so daß einer sie dem andern aus dem Maule reißt (Trembley, Polypod. II, S. 110, und III, S. 165). In dieser Art liefert aber das grellste Beispiel die Bulldogs-Ameise (bull-dog-ant) in Australien: nämlich wenn man sie durchschneidet, beginnt ein Kampf zwischen dem Kopf- und dem Schwanztheil: jener greift diesen mit seinem Gebiß an, und dieser wehrt sich tapfer, durch Stechen auf jenen: der Kampf pflegt eine halbe Stunde zu dauern, bis sie sterben, oder von andern Ameisen weggeschleppt werden. Der Vorgang findet jedesmal Statt. (Aus einem Briefe von Howitt, im W. Journal, abgedruckt in Galignani's Messenger, vom 17. Nov. 1855.) An den Ufern des Missouri sieht man bisweilen eine mächtige Eiche von einer riesenhaften wilden Weinrebe, am Stamm und allen Aesten, so umwunden, gefesselt und geschnürt, daß sie, wie erstickt, verwelken muß. Das Selbe zeigt sich sogar auf den niedrigsten Stufen, z.B. wo durch organische Assimilation Wasser und Kohle in Pflanzensaft, oder Pflanze oder Brod in Blut verwandelt wird, und so überall, wo mit Beschränkung der chemischen Kräfte auf eine untergeordnete Wirkungsart, animalische Sekretion vor sich geht; dann auch in der unorganischen Natur, wann z.B. anschießende Krystalle sich begegnen, kreuzen und gegenseitig so stören, daß sie nicht die rein auskrystallisirte Form zeigen können, wie denn fast jede Druse das Abbild eines solchen Streites des Willens auf jener so niedrigen Stufe seiner Objektivation ist; oder auch wann ein Magnet dem Eisen die Magneticität aufzwingt, um seine Idee auch hier dar zustellen; oder auch wann der Galvanismus die Wahlverwandtschaften überwältigt, die festesten Verbindungen zersetzt, die chemischen Gesetze so sehr aufhebt, daß die Säure eines am negativen Pol zersetzten Salzes zum positiven Pol muß, ohne mit den Alkalien, durch die sie unterwegs geht, sich verbinden, oder nur den Lakmus, welchen sie antrifft, röthen zu dürfen. Im Großen zeigt es sich in dem Verhältniß zwischen Centralkörper und Planet: dieser, obgleich in verschiedener Abhängigkeit, widersteht noch immer, gleichwie die chemischen Kräfte im Organismus; woraus dann die beständige Spannung zwischen Centripetal- und Centrifugalkraft hervorgeht, welche das Weltgebäude in Bewegung erhält und selbst schon ein Ausdruck, ist jenes allgemeinen der Erscheinung des Willens wesentlichen Kampfes, den wir eben betrachten. Denn da jeder Körper als Erscheinung eines Willens angesehn werden muß, Wille aber nothwendig als ein Streben sich darstellt; so kann der ursprüngliche Zustand jedes zur Kugel geballten Weltkörpers nicht Ruhe seyn, sondern Bewegung, Streben vorwärts in den unendlichen Raum, ohne Rast und Ziel. Diesem steht weder das Gesetz der Trägheit,

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