Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer

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und seiner wichtigen Rolle in der Natur; eben das Goethes Entdeckung der Entstehungsart physischer Farben. Diese Entdeckungen alle sind nichts Anderes, als ein richtiges unmittelbares Zurückgehn von der Wirkung auf die Ursache, welchem alsbald die Erkenntniß der Identität der in allen Ursachen der selben Art sich äußernden Naturkraft folgt: und diese gesammte Einsicht ist eine bloß dem Grade nach verschiedene Aeußerung der nämlichen und einzigenFunktion des Verstandes, durch welche auch ein Thier die Ursache, welche auf seinen Leib wirkt, als Objekt im Raum anschaut. Daher sind auch jene großen Entdeckungen alle, eben wie die Anschauung und jede Verstandesäußerung, eine unmittelbare Einsicht und als solche das Werk des Augenblicks, ein apperçu, ein Einfall, nicht das Produkt langer Schlußketten in abstracto; welche letztere hingegen dienen, die unmittelbare Verstandeserkenntniß für die Vernunft, durch Niederlegung in ihre abstrakten Begriffe, zu fixiren, d.h. sie deutlich zu machen, d.h. sich in den Stand zu setzen, sie Andern zu deuten, zu bedeuten. – Jene Schärfe des Verstandes im Auffassen der kausalen Beziehungen der mittelbar erkannten Objekte findet ihre Anwendung nicht allein in der Naturwissenschaft (deren sämmtliche Entdeckungen ihr zu verdanken sind); sondern auch im praktischen Leben, wo sie Klugheit heißt; da sie hingegen in der ersteren Anwendung besser Scharfsinn, Penetration und Sagacität genannt wird: genau genommen bezeichnet Klugheit ausschließlich den im Dienste des Willens stehenden Verstand. Jedoch sind die Gränzen dieser Begriffe nie scharf zu ziehn, da es immer eine und die selbe Funktion des nämlichen, schon bei der Anschauung der Objekte im Raum in jedem Thiere thätigen Verstandes ist, die, in ihrer größten Schärfe, bald in den Erscheinungen der Natur von der gegebenen Wirkung die unbekannte Ursache richtig erforscht und so der Vernunft den Stoff giebt zum Denken allgemeiner Regeln als Naturgesetze; bald, durch Anwendung bekannter Ursachen zu bezweckten Wirkungen, komplicirte sinnreiche Maschinen erfindet; bald, auf Motivation angewendet, entweder feine Intriguen und Machinationen durchschaut und vereitelt, oder aber auch selbst die Motive und die Menschen, welche für jedes derselben empfänglich sind, gehörig stellt, und sie eben nach Belieben, wie Maschinen durch Hebel und Räder, in Bewegung setzt und zu ihren Zwecken leitet. – Mangel an Verstand heißt im eigentlichen Sinne Dummheit und ist eben Stumpfheit in der Anwendung des Gesetzes der Kausalität, Unfähigkeit zur unmittelbaren Auffassung der Verkettungen von Ursache und Wirkung, Motiv und Handlung. Ein Dummer sieht nicht den Zusammenhang der Naturerscheinungen ein, weder wo sie sich selbst überlassen hervortreten, noch wo sie absichtlich gelenkt, d.h. zu Maschinen dienstbar gemacht sind: dieserhalb glaubt er gern an Zauberei und Wunder. Ein Dummer merkt nicht, daß verschiedene Personen, scheinbar unabhängig von einander, in der That aber in verabredetem Zusammenhange handeln: er läßt sich daher leicht mystificiren und intriguiren: er merkt nicht die verheimlichten Motive gegebener Rathschläge, ausgesprochener Urtheile u.s.w. Immer aber mangelt ihm nur das Eine: Schärfe, Schnelligkeit, Leichtigkeit der Anwendung des Gesetzes der Kausalität, d.i. Kraft des Verstandes. – Das größte und in der zu betrachtenden Rücksicht lehrreiche Beispiel von Dummheit, das mir je vorgekommen, war ein völlig blödsinniger Knabe von etwan elf Jahren, im Irrenhause, der zwar Vernunft hatte, da er sprach und vernahm, aber an Verstand manchem Thiere nachstand: denn er betrachtete, so oft ich kam, ein Brillenglas, das ich am Halse trug und in welchem, durch die Spiegelung, die Fenster des Zimmers und Baumgipfel hinter diesen erschienen: darüber hatte er jedesmal große Verwunderung und Freude, und wurde nicht müde, es mit Erstaunen anzusehn; weil er diese ganz unmittelbare Kausalität der Spiegelung nicht verstand.

      Wie bei den Menschen die Grade der Schärfe des Verstandes sehr verschieden sind, so sind sie zwischen den verschiedenen Thiergattungen es wohl noch mehr. Bei allen, selbst denen, welche der Pflanze am nächsten stehn, ist doch so viel Verstand da, als zum Uebergang von der Wirkung im unmittelbaren Objekt zum vermittelten als Ursache, also zur Anschauung, zur Apprehension eines Objekts, hinreicht: denn diese eben macht sie zu Thieren, indem sie ihnen die Möglichkeit giebt einer Bewegung nach Motiven und dadurch des Aufsuchens, wenigstens Ergreifens der Nahrung; statt daß die Pflanzen nur Bewegung auf Reize haben, deren unmittelbare Einwirkung sie abwarten müssen, oder verschmachten, nicht ihnen nachgehn, oder sie ergreifen können. In den vollkommensten Thieren bewundern wir ihre große Sagacität: so beim Hunde, Elephanten, Affen, beim Fuchse, dessen Klugheit Büffon so meisterhaft geschildert hat. An diesen allerklügsten Thieren können wir ziemlich genau abmessen, wie viel der Verstand ohne Beihülfe der Vernunft, d.h. der abstrakten Erkenntniß in Begriffen, vermag: an uns selbst können wir Dieses nicht so erkennen, weil Verstand und Vernunft sich da immer wechselseitig unterstützen. Wir finden deshalb oft die Verstandesäußerungen der Thiere bald über, bald unter unserer Erwartung. Einerseits überrascht uns die Sagacität jenes Elephanten, der, nachdem er auf seiner Reise in Europa schon über viele Brücken gegangen war, sich einst weigert, eine zu betreten, über welche er doch wie sonst den übrigen Zug von Menschen und Pferden gehn sieht, weil sie ihm für sein Gewicht zu leicht gebaut scheint; andererseits wieder wundern wir uns, daß die klugen Orang-Utane das vorgefundene Feuer, an dem sie sich wärmen, nicht durch Nachlegen von Holz unterhalten: ein Beweis, daß dieses schon eine Ueberlegung erfordert, die ohne abstrakte Begriffe nicht zu Stande kommt. Daß die Erkenntniß von Ursache und Wirkung, als die allgemeine Verstandesform, auch sogar a priori den Thieren einwohne, ist zwar schon daraus völlig gewiß, daß sie ihnen, wie uns, die vorhergehende Bedingung aller anschaulichen Erkenntniß der Außenwelt ist: will man jedoch noch einen besonderen Beleg dazu, so betrachte man z.B. nur, wie selbst ein ganz junger Hund nicht wagt vom Tische zu springen, so sehr er es auch wünscht, weil er die Wirkung der Schwere seines Leibes vorhersieht, ohne übrigens diesen besonderen Fall schon aus Erfahrung zu kennen. Wir müssen indessen bei Beurtheilung des Verstandes der Thiere uns hüten, nicht ihm zuzuschreiben, was Aeußerung des Instinkts ist, einer von ihm, wie auch von der Vernunft, gänzlich verschiedenen Eigenschaft, die aber oft der vereinigten Thätigkeit jener Beiden sehr analog wirkt. Die Erörterung desselben gehört jedoch nicht hieher, sondern wird bei Betrachtung der Harmonie oder sogenannten Teleologie der Natur im zweiten Buch ihre Stelle finden: und das 27. Kapitel der Ergänzungen ist ihr eigens gewidmet.

      Mangel an Verstand hieß Dummheit; Mangel an Anwendung der Vernunft auf das Praktische werden wir später als Thorheit erkennen: so auch Mangel an Urtheilskraft als Einfalt; endlich stückweisen oder gar gänzlichen Mangel des Gedächtnisses als Wahnsinn. Doch von jedem an seinem Ort. – Das durch die Vernunft richtig Erkannte ist Wahrheit, nämlich ein abstraktes Unheil mit zureichendem Grunde (Abhandlung über den Satz vom Grunde, § 29 ff.): das durch den Verstand richtig Erkannte ist Realität, nämlich richtiger Uebergang von der Wirkung im unmittelbaren Objekt auf deren Ursache. Der Wahrheit steht der Irrthum als Trug der Vernunft, der Realität der Schein als Trug des Verstandes gegenüber. Die ausführlichere Erörterung von allem Diesem ist im ersten Kapitel meiner Abhandlung über das Sehn und die Farben nachzulesen. – Schein tritt alsdann ein, wann eine und die selbe Wirkung durch zwei gänzlich verschiedene Ursachen herbeigeführt werden kann, deren eine sehr häufig, die andere selten wirkt: der Verstand, der kein Datum hat zu unterscheiden, welche Ursache hier wirkt, da die Wirkung ganz die selbe ist, setzt dann allemal die gewöhnliche Ursache voraus, und weil seine Thätigkeit nicht reflektiv und diskursiv ist, sondern direkt und unmittelbar, so steht solche falsche Ursache als angeschautes Objekt vor uns da, welches eben der falsche Schein ist. Wie auf diese Weise Doppeltsehn und Doppelttasten entstehn, wenn die Sinneswerkzeuge in eine ungewöhnliche Lage gebracht sind, habe ich am angeführten Orte gezeigt und eben damit einen unumstößlichen Beweis gegeben, daß die Anschauung nur durch den Verstand und für den Verstand dasteht. Beispiele von solchem Verstandestruge, oder Schein, sind ferner der ins Wasser getauchte Stab, welcher gebrochen erscheint; die Bilder sphärischer Spiegel, die bei konvexer Oberfläche etwas hinter derselben, bei konkaver weit vor derselben erscheinen: auch gehört hieher die scheinbar größere Ausdehnung des Mondes am Horizont als im Zenith, welche nicht optisch ist; da, wie das Mikrometer beweist, das Auge den Mond im Zenith sogar in einem etwas großem Sehewinkel auffaßt, als am Horizont; sondern der Verstand ist es, welcher als Ursache des schwachem Glanzes des Mondes und aller Sterne am Horizont eine größere Entfernung derselben annimmt, sie wie irdische Gegenstände nach der Luftperspektive schätzend, und daher den Mond am Horizont für sehr viel größer als im Zenith, auch zugleich das Himmelsgewölbe für ausgedehnter am Horizont, also für abgeplattet

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