Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Cicero - Марк Туллий Цицерон страница 14

Gesammelte Werke von Cicero - Марк Туллий Цицерон

Скачать книгу

ist bereit und gerüstet, den Tod nicht zu scheuen, in die Verbannung zu gehn, ja selbst den Schmerz zu ertragen, den Ihr wieder da, wo Ihr für die Schlechten eine Strafe androht, für unerträglich erklärt, aber bei den Weisen für erträglich haltet, weil bei diesen das Gute immer überwiegen soll.

      Kap. XVIII. Nun wollen wir aber annehmen, dass der unrecht Handelnde nicht blos listig, sondern auch übermächtig sei, wie etwa M. Crassus, der seines Guts sich zu bedienen pflegte, und wie jetzt unser Pompejus, dem man für sein redliches Benehmen Dank wissen muss, da er ungestraft hätte so ungerecht sein können, wie er wollte. Und wie vieles Ungerechte kann verübt werden, was Niemand zu tadeln bekommt.(§ 58.) Wenn Dein Freund im Sterben Dich bittet, seine Erbschaft der Tochter zu überlassen, und dies nicht so schriftlich aufgesetzt hat, wie Fadius es gethan hatte, auch Niemandem es mitgetheilt hat, was würdest Du da thun ? Du wirst die Erbschaft allerdings abgeben; auch selbst Epikur vielleicht, wie Sextus Peducäus, der Sohn des Sextus that, derselbe, welcher in seinem Sohne, unserm Freunde, uns ein Bild seiner Menschenfreundlichkeit und Rechtlichkeit hinterlassen hat. Dabei war er ein vortrefflicher und gerechter Mann. Obgleich Niemand wusste, dass C. Plotius, der reiche römische Ritter zu Nursia, ihn darum gebeten hatte, so ging er doch aus freien Stücken zu dessen Frau, theilte ihr, die keine Ahnung davon hatte, den Auftrag des Mannes mit und übergab ihr den Nachlass. Ich frage Dich aber, der Du sicher eben so gehandelt hättest, ob Du nicht einsiehst, wie die Natur so gewaltig ist, dass selbst Ihr so handelt, obgleich Ihr selbst sagt, dass von Euch Alles auf Euren Vortheil und Eure Lust bezogen wird. Daraus erhellt, dass Ihr nicht der Lust, sondern der Pflicht folgt und dass die richtige Natur mehr vermag, als die verdorbene Vernunft. (§ 59.) Karneades sagt, dass, wenn ich weiss, eine Natter liege am Boden und Jemand wolle sich aus Versehen auf sie setzen, dessen Tod mir Nutzen bringen werde, ich unrecht handle, wenn ich ihn nicht vor dem Niedersetzen warne. Den noch kann ich es ungestraft unterlassen, denn wer will mir beweisen, dass ich es gewusst habe? Indess genug davon; denn offenbar kann man keinen guten Menschen mehr finden, wenn die Billigkeit, Treue und Gerechtigkeit nicht aus der menschlichen Natur selbst entspringen, sondern Alles auf den Nutzen bezogen werden soll. Ich habe mich hierüber ausführlich in dem, was von Lälius in meinem Buche über den Staat gesagt wird, ausgesprochen.

      Kap. XIX. (§ 60.) Dasselbe gilt von der Mässigkeit und Vorsicht, die in einer Beherrschung der Begierden nach den Geboten der Vernunft besteht. Ist denn danach Derjenige schamhaft genug, welcher der Wollust nur ohne Zeugen fröhnt? Oder ist hierbei etwas an sich selbst Schändliches vorhanden, wenn auch kein übler Ruf sich damit verknüpft? Sollten ferner tapfre Männer nach Ueberrechnung der als Rest sich ergebenden Lust in die Schlacht gehn, ihr Blut für das Vaterland vergiessen, oder nicht vielmehr getrieben von dem Eifer und dem Drang ihrer Seele? Und was meinst Du, Torquatus, wenn jener Feldherr uns hörte, würden ihm Deine Worte über ihn angenehm geklungen haben, oder die meinen, als ich sagte, dass er Alles nur für das Gemeinwesen und nichts seinetwegen gethan habe; Du dagegen, dass er Alles nur seinetwegen gethan? Und wenn Du Dich näher erklären würdest und offen sagtest, er habe Alles nur um seiner Lust willen gethan, wie glaubst Du wohl, dass er dies aufgenommen haben würde? (§ 61.) Aber es mag so sein; er soll es, wie Du willst, Torquatus, um seines Nutzens willen gethan haben; ich wähle lieber dieses Wort als die Lust, zumal bei einem solchen Manne; hat auch sein Amtsgenosse P. Decius, der erste Consul aus dieser Familie, als er, den Göttern sich empfehlend, mit verhängten Zügeln in die Schlachtordnung der Lateiner sich stürzte, etwa dabei seine Lust vor Augen gehabt? Wo und wann hätte er diese suchen können, da er seinen sofortigen Tod voraus sah und er diesen Tod mit grösserem Eifer suchte, als nach Epikur die Lust zu erstreben ist? Wäre diese seine That nicht mit Recht gelobt worden, so würde sein Sohn sie nicht in seinem vierten Consulat nachgeahmt haben, und dessen Sprössling würde in dem Kriege gegen Pyrrhus nicht als Consul in der Schlacht gefallen sein und in ununterbrochener Geschlechtsfolge dem Staate sich zum dritten Opfer dargebracht haben. (§ 62.) Doch ich enthalte mich weiterer Beispiele; dergleichen giebt es bei den Griechen nicht so viele; Leonidas, Epaminondas, etwa drei oder viere; wollte ich aber die Unsrigen herzuzählen anfangen, so würde ich es wohl erreichen, dass die Lust sich der Tugend zum Gefangenen ergäbe, aber der Tag würde dazu nicht hinreichen, und so wie schon A. Varius, der für einen strengen Richter galt, seinen Beisitzern zu sagen pflegte, wenn, nachdem schon Zeugen genug gehört waren, immer noch neue vorgeladen werden sollten: »Soll an diesen Zeugen nicht genug sein, so weiss ich nicht, wenn überhaupt deren genug sein werden«, so meine auch ich, dass ich der Zeugen bereits genug beigebracht habe. Wie? Du selbst, der würdige Abkömmling Deiner Vorfahren, bist Du von der Lust bestimmt worden, noch als ein junger Mann dem P. Sulla das Consulat zu entreissen, was Du dann Deinem Vater zuwendetest, jenem tapfern Manne, der sowohl als Consul wie als Bürger von jeher und auch nach seinem Consulate als solcher sich bewährt hat; denn nach seinem Beispiel habe ich selbst jene Thaten vollbracht, bei denen ich mehr das allgemeine Wohl als mein eigenes vor Augen hatte. (§ 63.) Und doch wie schön glaubtest Du zu sprechen, als Du auf die eine Seite einen Mann stelltest, erfüllt von aller Lust im höchsten Maasse und frei von allem gegenwärtigen und kommenden Schmerz, und auf die andere Seite einen Mann von den grössten Schmerzen am ganzen Körper gepeinigt, ohne Lust und ohne Hoffnung auf solche und dann frugst: Wer ist wohl elender als dieser, oder glücklicher als jener? und daraus folgertest, dass der Schmerz das höchste Uebel und die Lust das höchste Gut sei.

      Kap. XX. Es lebte früher ein gewisser Thorius Balbus aus Lanuvinium, den Du nicht gekannt haben kannst. Er lebte so, dass es keinen noch so ausgesuchten Genuss gab, den er nicht im Uebermaass gehabt hätte. Er war auch begierig danach, verstand sich auf alle Arten von Lust und hatte reichliche Mittel. Auch war er so wenig abergläubisch, dass er die meisten Opfer und heiligen Orte seiner Vaterstadt verachtete; selbst den Tod fürchtete er so wenig, dass er in der Schlacht für den Freistaat gefallen ist. (§ 64.) Die Begierden beschränkte er sich nicht nach jener Eintheilung Epikur's, sondern nur nach seiner Sättigung; aber dabei nahm er Rücksicht auf seine Gesundheit, er pflegte jene körperlichen Uebungen, die hungrig und durstig zur Mahlzeit kommen lassen, und er ass nur Speisen, die vom besten Wohlgeschmack und dabei leicht verdaulich waren; er trank den Wein aus Wohlgeschmack, aber in unschädlichem Maasse, und er besass Alles, über das hinaus Epikur nichts weiss, was noch zum höchsten Gute gehören könnte. Er war frei von allen Schmerzen, und hätte er deren gehabt, so würde er sie nicht leicht ertragen haben und mehr mit Aerzten als Philosophen verkehrt haben. Sein Aussehn war vortrefflich, seine Gesundheit ungeschwächt, sein Wesen höchst angenehm und sein Leben erfüllt von allen Arten der Lust. (§ 65.) Dieser ist für Euch der Glückliche; Eure Grundsätze zwingen Euch dazu; allein ich selbst wage es zwar nicht, Den zu nennen, welchen ich über ihn stelle, aber die Tugend selbst soll es für mich thun: sie wird nicht anstehn, den M. Regulus über Euren Glücksmann zu stellen. Ihn, der freiwillig, durch nichts gebunden als sein Wort, was er dem Feinde gegeben hatte, aus dem Vaterlande nach Karthago zurückgekehrt, erklärt die Tugend selbst da, wo er von Nachtwachen und Hunger gepeinigt wurde, laut für glücklicher als den unter Rosen zechenden Thorius. Grosse Kriege hatte Regulus geführt, zweimal war er Consul gewesen, einmal hatte er triumphirt, aber er hielt all dies Frühere nicht für so gross und erhaben, als jene letzte That, die er, um sein Wort zu halten und zuverlässig zu bleiben, vollbrachte. Uns Zuhörern erscheint sie erschrecklich und schmerzlich; er fühlte sich auch in seinen Leiden voll Lust; denn nicht blos in der Fröhlichkeit und Ausgelassenheit, nicht blos im Lachen und Scherzen, den Begleitern des heitern Sinnes, liegt das Glück; auch die Traurigen sind durch ihre Festigkeit und Zuverlässigkeit glücklich. (§ 66.) Die von dem Sohn des Königs gewaltsam entehrte Lucretia nahm sich, nachdem sie die Bürger zu Zeugen aufgerufen, selbst das Leben; dieser Schmerz des römischen Volkes gab unter Vortritt und Führung des Brutus dem Staate die Freiheit, und im Andenken an jene Frau wurden ihr Mann und ihr Vater im ersten Jahre zu Consuln gewählt. Ebenso tödtete L. Verginius, ein armer Mann aus dem Volke, sechszig Jahre nach der erlangten Freiheit mit eigener Hand seine jungfräuliche Tochter, um sie den Lüsten des Appius Claudius, der damals die höchste Gewalt inne hatte, zu entziehn.

      Kap. XXI. (§ 67.) Entweder musst Du, mein Torquatus, diese Thaten für tadelnswerth erklären oder Dein Amt als Beschützer der Lust aufgeben. Und was ist dies für ein Schutzamt und wie steht es um

Скачать книгу