Apokalypse Pallantau. Arno Endler

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Apokalypse Pallantau - Arno Endler heise online: Welten

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eine Anfrage verweigert.

      So darf sich jeder sein eigenes Bild von den Parentes machen.

      – Über einen Aspekt moderater Langeweile –

      Die Individual-Cams liefern zwei Drei-D-Hologramme, die nebeneinander abgespielt werden.

      Zu sehen ist auf der rechten Seite ein Tal, umgeben von schroffen Felsformationen, in dem ein Gebirgsbach einen kleinen See speist. Der Standort des Beobachters liegt deutlich erhöht auf einem Plateau, dahinter eine Fensterfront, die sich wie die Absperrung eines Höhleneingangs in den Fels zu graben scheint. Was sich hinter der Fensterfront befindet, verbleibt im Dunkeln, da die Scheiben getönt sind und die Sonneneinstrahlung zusätzlich spiegelt.

      Am Himmel treiben vereinzelt bauschige Wolken, die an den Rändern von Böen zerfranst werden. Der Wind jagt die Wolken schnell über den Tageshimmel. Eine Sonne ist nicht zu sehen, aber es ist sehr hell, die Luft klar, die Sicht außerordentlich gut.

      Der Beobachter tritt an den Rand des Plateaus, bleibt vor einer fünfzig Zentimeter hohen Brüstung stehen.

      Man sieht, dass sich direkt dahinter ein mehrere hundert Meter tiefer Abriss im Berg anschließt. Die Tonaufnahme lässt erahnen, dass es auch hier stürmt, so laut klingt das Sausen und Pfeifen.

      Der Beobachter schwankt nicht im Wind. Sein Körper ist nicht zu sehen.

      Das linke Hologramm bietet deutlich weniger Einzelheiten in der Videodatei.

      Hier steht der Beobachter auf einem freien Feld. Die Pflanzen, die an dieser Stelle einmal wuchsen, sind abgeerntet. Einige Reste der Stängel vermodern im Matsch.

      Der schlammige Boden ist voller Pfützen. Die Sichtweite beträgt nur rund zehn Meter, dann verschwindet alles im Grau des Bindfadenregens.

      Auch in dieser Video-Aufzeichnung ist der Körper des Beobachters nicht sichtbar.

      Der Diskurs beginnt mit Worten aus dem Regenhologramm.

      „Ich grüße dich, Freund. Wie ich sehe, liebst du noch immer die Einsamkeit.“ Der Beobachter des Regenhologramms sieht natürlich die Bilder der anderen Übertragung.

      „Soporo. Freund. Gleichfalls grüße ich dich. Augenscheinlich genießt du es nach wie vor, dem Regen standzuhalten. Wann wirst du dein Domizil wieder aufsuchen?“

      „Ach, Anodyneon. Du weißt, wie sehr ich in den Tag lebe. Es ist das Hier und Jetzt, was wichtig ist. Jeden Regentropfen möchte ich zählen, ihn streicheln, denn er ist einzigartig auf der Welt.“

      „Man könnte gleichwohl sagen: Du liebst es, nass zu werden. Unter Umständen sogar, dass du zu gleichgültig bist, um dir einen Schutz vor dem Niederschlag zu suchen.“

      Das Hologramm im Regen erzittert, als dieser Beobachter während des Lachens zuckt.

      „Du bist mein innigster Freund und mein vehementester Kritiker, Anodyneon. Was würde ich mich ohne deine scharfe Zunge langweilen.“

      „Ist dem so?“

      „Aber natürlich. Wie sehr vermisse ich unsere gemeinsame Zeit auf dem Einhundertsiebzehnten. Wie wir erkundeten, stritten, Entscheidungen trafen und die Schicksale von vielen beeinflussten. Wohin sind die Jahre gegangen?“

      „Du zeigst einen ausgeprägten Hang zur Sentimentalität, Soporo. Könnte es vielleicht sein, dass die Stunde nahe ist, dein Leben zu ändern?“

      „Erneut?“

      „Es ist Dekaden her, dass du zum Ursprung zurückkehrtest. Wie lange verharrst du da aktuell im Regen?“

      „Ich weiß es nicht, Anodyneon. Ich vergaß, die Zeit zu stoppen, verlor mich in meinen Gedanken und Wonnen.“

      „Das sieht dir ähnlich. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass wir nicht nur für die eigenen Genüsse geboren wurden. Ich schlage ein Treffen vor, liebster Soporo. Wir beide. Du wählst den Ort.“

      „Gibt es außer der Sorge um meinen emotionalen Zustand noch weitere Gründe für deinen Vorschlag?“

      „In der Tat.“

      „Du siehst mich erstaunt.“

      „Ich bitte dich.“

      „Einverstanden, Anodyneon. Sobald der Regen endet. Die fallenden Regentropfen komponieren eine ganz eigene, nicht wiederholbare Symphonie. Ein exquisiter Genuss. Ich möchte diese Darbietung nicht missen.“

      „Es ist die Langeweile, an der du dich ergötzt, nicht wahr?“

      „Möglicherweise.“

      „Ein Intellekt wie der deinige benötigt Herausforderungen, keinen Stillstand.“

      „Ein Aspekt der Langeweile ist es, dass man sie moderat durchaus goutieren kann. Es ist der Geist, der, befreit von einer sinnvollen Aufgabe, sich zu höheren Ebenen aufschwingt. So fordere ich meinen Verstand heraus.“

      „Ich muss nicht deiner Meinung sein, Soporo.“

      „Waren wir das jemals, Anodyneon?“

      – Ende der Aufzeichnung –

      Parrer Savea untersuchte die Sichel auf Scharten und beschloss, sie zu schärfen, bevor er weitersenste.

      Der Tag versprach, etwas wärmer zu werden. Bereits in den Morgenstunden schwitzte Parrer. Doch der Farmer liebte es, das Ergebnis seiner Hände Arbeit sehen zu können.

      Heute, wie auch in den letzten vier Tagen, befreite er ein weiteres Areal vom allgegenwärtigen Steppengras. Dort, wo die Pallantaurier nicht grasten, wuchs es ungehemmt in die Höhe. Grau, kräftig, bis zu drei Meter hoch. Seine Struktur verlieh ihm eine Widerstandsfähigkeit, die den Einsatz der üblichen Solar-Mäher verhinderte.

      Der Agrar-Senator hatte zwar versprochen, dass die Konstruktion eines auf pallantaurische Verhältnisse angepassten Mähers schon angestoßen wäre, aber Parrer wusste, was das hieß: Monate, wenn nicht Jahre der Entwicklung und schließlich ersten Erprobung in den großen Farmen, zu denen seine eigene sicherlich nicht gehörte.

      Also blieb nur die gute alte Sense. Ordentlich geschärft, von kräftigen Armen durchgezogen, erledigte sie das, was Maschinen nicht vollbrachten.

      Parrer Savea verfügte nicht über die finanziellen Mittel, um die dauerhaften Wartungszyklen der solarbetriebenen Geräte bezahlen zu können. Auf seiner Farm arbeiteten alle mit Muskelkraft. Unabhängig zu sein, eigenständig und stolz darauf, war Saveas Motto.

      Er streckte seine mehr als 1,90 Meter in die Höhe, lockerte die Muskulatur und gähnte herzhaft. Dann packte er die Sense und begann mit ökonomischen Bewegungen, das Gras zu bearbeiten.

      Schnitt. Ausholen. Schnitt. Ausholen. Schnitt. Immerzu. In einem beinahe hypnotischen Rhythmus.

      Das Gras fiel, er setzte die Füße voran und weiter ging es.

      Irgendwann befreite sich sein Verstand von dieser Aufgabe, die nun seine Muskeln automatisch vollbrachten. Von der Konzentration auf die Arbeit, die er tat, entledigt, verirrten sich die Gedanken in Tagträume.

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