Nelly - Gefahr im Bärental. Ursula Isbel-Dotzler

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Nelly - Gefahr im Bärental - Ursula Isbel-Dotzler Nelly

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ich es doch habe — mit Chris und Kathi und Großvater, mit unserem Hof und all den Tieren.

      Krümelmonster

      Während die Plätzchen im Backofen sind, trinken wir im Wohnzimmer Zimttee. Die Möbel sind mit grauem Leder bezogen. Jens zündet Kerzen in einem silbernen Leuchter an und legt eine CD ein. Es ist Musik von Mike Oldfield, die mir gut gefallt.

      Nick ist in sein Zimmer gegangen. Er ist nicht wie Emma, die einem ständig auf der Naht sitzt, wenn man Besuch hat.

      „Irgendwie“, sagt Jens, „komme ich mir hier immer wie im Ausstellungsraum eines Möbelhauses vor.“

      Ich lache. „Aber wenigstens ist es bei euch sauber und ordentlich. Bei uns liegt dauernd irgendwelcher Krempel herum. Und überall sind Hundehaare und Katzenhaare und Kackspuren von Kukirol, Bücher von Dani und Zeitschriften von meinem Vater, abgenagte Knochen von August und Wollreste und Pinsel von Kathi und Emmas Zahnspange …“

      Jetzt lacht Jens auch. Seine Zähne sind ein bisschen schief, doch das sieht nett aus, finde ich.

      „Ja, aber bei euch ist es dafür viel gemütlicher!“, sagt er.

      Da fühle ich mich gleich nicht mehr so komisch, so, als wäre ich ein Waldschrat, der unversehens in ein Märchenschloss kommt.

      Vielleicht sind Leute, die in teuren Häusern wohnen, ja nicht unbedingt immer glücklich. Jedenfalls nicht glücklicher als solche, bei denen es einfacher zugeht. Das denke ich mir manchmal bei Nina, einem Mädchen aus meiner Klasse. Sie hat sehr reiche Eltern. Wenn sie wirklich glücklich wäre, müsste sie nicht so angeben.

      Aber Jens ist keiner, der angibt. Und so richtig glücklich ist er wohl auch nicht. Seine Augen können zwar richtig lachen, aber sie können auch sehr ernst sein. Gerade jetzt zum Beispiel. Fast traurig sehen sie aus.

      Die Backofenuhr klingelt, und wir schauen nach unseren Plätzchen. Sie duften verlockend. Wir ziehen die beiden Bleche aus dem Ofen und probieren je ein Plätzchen, obwohl wir uns dabei fast die Zunge verbrennen.

      „Schmeckt super“, murmelt Jens.

      „Astrein!“, sage ich.

      Sobald die Plätzchen nicht mehr so heiß sind, probieren wir mehr davon. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht gleich wie das Krümelmonster in der Sesamstraße alle auffressen. Also beschließen wir, noch einen Schwung zu backen.

      „Dann möchte ich allerdings zu Hause anrufen, damit sie wissen, dass ich später komme“, sage ich. „Geht das?“

      Jens bringt mir ein schnurloses Telefon. Dani ist am Apparat und verspricht, unseren Eltern Bescheid zu sagen.

      „Verdrückt aber nicht gleich alle Cookies“, ermahnt mich mein Bruder, als könnte er hellsehen.

      Wir wiegen den Hafer ab und drehen ihn wieder durch die Flockenmühle. Jens erzählt mir von seinem Bruder. Er redet ziemlich leise. Nick hat eine Blutkrankheit, sagt er, schon seit seiner Geburt. Zur Zeit geht es ihm gut, aber im vergangenen Jahr war er mehrere Monate in einem Krankenhaus in Heidelberg.

      „Es gibt noch keine richtige Behandlung für diese Krankheit“, erklärt Jens halblaut.

      „Heißt das, dass Nick nie richtig gesund werden wird?“, frage ich erschrocken.

      „Vielleicht entwickeln sie ja in ein paar Jahren ein Medikament, das ihm hilft. Oder seine körpereigene Abwehr wird von selbst besser, und er schafft es, die Krankheit aus eigener Kraft zu überwinden. Das gibt es ja manchmal.“

      Ich nicke. „Das sagt mein Vater auch oft. Wenn Menschen richtig glücklich sind, sagt er, brauchen sie manchmal keinen Arzt, dann können sie ganz von allein gesund werden. Natürlich ist das nicht immer so.“

      Plötzlich muss ich an Nicks Gesicht denken, an das Strahlen in seinen Augen, als er bei uns auf dem Rösslehof war und die Arme um Sammy Langbeins Hals geschlungen hatte.

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