Philosophieren mit Dilemmata. Группа авторов

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Philosophieren mit Dilemmata - Группа авторов Methoden im Philosophie- und Ethikunterricht

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nach sich.7 Das Beispiel „Sophies Wahl“ aus dem gleichnamigen Roman von William Styron verdeutlicht das Gesagte: Sophie wird mit ihren beiden Kindern während des Zweiten Weltkrieges nach Auschwitz deportiert. Von einem NS-Offizier wird sie dort vor die Wahl gestellt, entweder beide Kinder in den sicheren Tod zu schicken oder eines von ihnen zu retten. Sie habe – so sagt ihr der sadistische Offizier – die Wahl, zu entscheiden, welches Kind weiterleben dürfe. Treffe sie keine Entscheidung, würden ihr beide Kinder weggenommen. Sophie entscheidet erst im letzten Moment, als die Nazis bereits beginnen, ihr die Kinder zu entreißen, dass ihr Sohn weiterleben soll.

      Egal, welche Entscheidung Sophie auch trifft, sie hat keine Option, in irgendeiner Weise richtig zu agieren. Trifft sie die Wahl, dass ihr Sohn weiterleben darf (Möglichkeit A), entscheidet sie sich gegen ihre Tochter, die dann in einer Gaskammer ihr Leben verlieren wird. Trifft sie die Wahl, dass ihre Tochter weiterleben darf (Möglichkeit B), muss ihr Sohn sein Leben hingeben. Trifft sie keine Wahl (Möglichkeit C), sterben beide Kinder. Man kann also sagen, dass Sophies Handeln zugleich etwas Positives als auch Negatives bewirkt. Positiv ist die Tatsache, dass sie einem ihrer Kinder das Leben retten kann, negativ, dass sie das andere dem Tod preisgeben muss. Indem Sophie sich gegen eines ihrer Kinder wendet, verstößt sie unweigerlich gegen das moralische Gebot, jeglichen (körperlichen) Schaden von Menschen grundsätzlich fernzuhalten.

      Ethisch-moralische Dilemmata im Philosophie- und Ethikunterricht

      Aber es ist genau diese Aporie, die sich in besonderem Maße für den Einsatz im Philosophie- und Ethikunterricht eignet. Die Gründe dafür sind mannigfaltig:

      1. In Anlehnung an den amerikanischen Psychologen Lawrence Kohlberg sollen die am Philosophie- bzw. Ethikunterricht teilnehmenden Schülerinnen und Schüler ihre jeweilige moralische Kompetenz erweitern. Dazu bieten sich Dilemmadiskussionen an, denn sie fordern zu einer begründeten Stellungnahme geradezu heraus.

      2. Je mehr ethische Positionen Schülerinnen und Schüler kennen, desto kenntnisreicher können sie Dilemmata dahingehend analysieren, welche ethische Theorie dazu beiträgt bzw. welche ethischen Theorien dazu beitragen können, zu einer eventuell vertretbaren Lösung des aufgeworfenen Problems zu gelangen.

      3. Auch der hohe motivationale Charakter, der von Dilemmageschichten ausgeht, darf keineswegs außer Acht gelassen werden. Gerade weil unterschiedliche Positionen eingenommen werden können, mag dies eine höhere Beteiligung an den häufig sehr konträr geführten Diskussionen zur Folge haben. Auf dieses Weise kann außerdem die Gesprächskultur innerhalb einer Klasse oder eines Kurses weiter gefördert werden.

      Kohlberg, der seine (ausschließlich männlichen) Probanden mit Dilemmata buchstäblich überfrachtete, musste allerdings einsehen, dass sich eine moralische Weiterentwicklung nicht allein durch den permanenten Einsatz von Dilemmata erreichen ließ. Dennoch ist es ihm – sozusagen als Vater des methodischen Einsatzes von Dilemmata – zu verdanken, dass im modernen Philosophie- und Ethikunterricht der Auseinandersetzung mit moralischen bzw. negativen Dilemmageschichten eine tragende Rolle zukommt.

      Aus den angeführten Aspekten erwächst geradezu die Notwendigkeit des unterrichtlichen Einsatzes von Dilemmata. Dabei ist es sinnvoll, dass ein zur Verwendung kommendes Dilemma möglichst der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler entstammt. Der Vorteil einer solchen Dilemmageschichte liegt darin, dass sie, ohne Umwege einzuschlagen, direkt zum Problem der Schülerinnen und Schüler avanciert. Benutzt man allerdings ein Dilemma, das – wie Sophies Wahl – fernab der Lebenswelt der Lernenden liegt, so regt es natürlich auch zum Denken an. Damit es sich aber für die Moralentwicklung als gewinnbringend erweist, ist es von entscheidender Bedeutung, dass es von den Schülerinnen und Schülern nicht als weit von ihnen entferntes und daher für sie irrelevantes fiktionales Beispiel wahrgenommen, sondern in seiner ganzen

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