Philosophieren mit Dilemmata. Группа авторов

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Philosophieren mit Dilemmata - Группа авторов Methoden im Philosophie- und Ethikunterricht

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helfenden Phasen zu beginnen, dann herausfordernde Phasen einzubauen und diese beiden Phasen während einer KMDD-Sitzung mehrmals zu wechseln. Wie das konkret aussieht, ist im Ablaufschema dargestellt.12

      III. Selbststeuerung der Diskussion

      Autonomie kann nur gelernt werden, wenn sie praktiziert wird. Daher erfolgt die Moderation bei der KMDD nicht durch den Lehrer oder die Lehrerin, sondern durch die Teilnehmer selbst. Nur auf diese Weise können die Teilnehmer lernen (und Vertrauen darin entwickeln), solche Diskussionen auch dann vernünftig und gewaltfrei zu gestalten, wenn keine Autorität eingreift. Die Selbstmoderation wird durch die Pingpong-Regel gesteuert, bei der derjenige, der gerade gesprochen hat, aus der anderen Gruppen jemanden aufruft, der sich durch Handzeichen meldet, um ihm zu antworten. Die Lehrperson ruft nur den ersten Redner auf, sonst beschränkt sie sich darauf, die Einhaltung der beiden Regeln zu überwachen.

      Diese Selbstmoderation hat sich sehr gut bewährt. Der jeweilige Redner bekommt dadurch die Möglichkeit, die eigene Nervosität, die fast immer vorhanden ist, in den Griff zu bekommen und demjenigen zuzuhören, der auf ihn antwortet. Durch die Pausen, die hierdurch entstehen, bekommen die anderen Teilnehmer die Gelegenheit, das Gesagte zu verarbeiten und dem weiteren Diskussionsverlauf zu folgen. Man kann auch beobachten, dass – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Teilnehmer versuchen, beim Aufrufen der Teilnehmer aus der anderen Gruppe gerecht zu verfahren. Sie rufen bevorzugt jene auf, die zuvor noch nicht aufgerufen worden waren. Die Aufzeichnung eines Beobachters (s. Graphik von Hartmut Neuschwander) beschreibt die Aufrufe in einer vergleichsweise kleinen Gruppe, gibt aber ein typisches Aufrufmuster wider: obwohl manche sich viel öfter als andere meldeten, wurde jeder mindestens einmal aufgerufen.

      IV. Auslösung einer Diskussion durch eine semi-reale Dilemmageschichte

      

Dilemmageschichten sollen „semi-real“ sein, denn in ihnen ist das Dilemma realistisch, der Protagonist jedoch fiktiv. Sie bieten dem Lehrer bzw. der Lehrerin eine gute Möglichkeit, den Grad der Emotionalisierung in der Klasse auf einem mittleren, optimalen Niveau zu halten. Semi-reale Geschichten lassen einen breiten Spielraum für die Wahl der Geschichte. Sie kann sich aus den Themen ergeben, die in einem bestimmten Fach gerade behandelt werden (z. B. Stammzellengewinnung in der Biologie oder das Gleichnis vom ›verlorenen Sohn‹ in Religion), oder aus der unmittelbaren Erfahrung der Teilnehmer. Man kann eine fertige Geschichte der Literatur oder den Medien entnehmen oder eine erfinden.

      Wichtig ist, dass die Geschichte dem Zweck der KMDD angepasst wird: Sie muss von einer Person handeln, die vor einer schweren Entscheidung steht; sie muss in einer einfachen Sprache verfasst und so kurz wie möglich sein (nicht länger als eine Viertelseite), damit die Teilnehmer sich in der Diskussion noch an die Fakten präzise erinnern können; sie darf keine Wertungen und Vermutungen enthalten; sie soll andeuten, dass der Protagonist nachdenkt, und sie muss mit einer klaren Entscheidung enden, damit die Teilnehmer Stellung beziehen und abstimmen können: War sie richtig oder falsch?

      Wichtige Definitionen

      Dilemma:

¬ Zwangslage; Wahl zwischen zwei [unangenehmen] Dingen. (Duden)

      Moralisches Dilemma:

¬ Die Wahl zwischen zwei Verhaltensalternativen, wenn beide eigenen moralischen Prinzipien widersprechen und es keine dritte Alternative gibt.

      Semi-reales (hypothetisches) moralisches Dilemma:

¬ Die Zwangslage einer fiktiven Person, die zwischen zwei Verhaltensalternativen wählen muss, die gegen ihre moralischen Prinzipien verstoßen.

      Edukatives moralisches Dilemma:

¬ Ein (semi-reales oder reales) Dilemma, das Teilnehmer an einer Dilemmadiskussion so zum Nachdenken über moralische Problemlösungen anregt, dass bei ihnen die Entwicklung der moralischen Urteils- und Diskursfähigkeit gefördert wird.Das Dilemma sollte so realistisch formuliert sein, dass beim Zuhörer Neugier und Spannung, aber keine lernhemmenden Emotionen (z. B. Ängste, Hass) ausgelöst werden.

      V. Sachorientierung statt Personenorientierung

      Die KMDD hilft, einen Konflikt zu versachlichen, indem sie die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf den „moralischen Kern“ eines Konflikts lenkt. Das wird zum einen durch die Dilemmageschichte zu erreichen versucht: Der Protagonist ist fiktiv, so dass die Teilnehmer nicht in Versuchung kommen, eine konkrete Person anzugreifen oder zu verteidigen. Zum anderen durch die Grundregel der Diskussion: Es darf alles gesagt werden, aber es dürfen keine wertenden Bemerkungen über reale Personen gemacht werden, weder negative noch positive. Das heißt nicht, dass bei dieser Methode emotionales Engagement für den eigenen Standpunkt verboten ist. Im Gegenteil, damit die KMDD wirkt, ist es wichtig, dass moralische Emotionen geweckt werden. Die Methode soll den Teilnehmern ja helfen, diese bewusst zu machen, sie in Worte zu fassen und so moralisch-emotionale Konflikte durch Denken und Diskussion lösen zu können. Der Ablauf der gesamten neun Phasen einer KMDD-Sitzung wird in einer Tabelle im Anhang wiedergegeben.

      Wie unterscheiden sich KMDD und Blatt-Kohlberg-Methode?

      Die wichtigste Neuerung der KMDD bestand darin, den Teilnehmern mehr Gelegenheit zu geben, sich mit ihren eigenen moralischen Gefühlen und denen von Gegnern auseinanderzusetzen, also sich ihrer eigenen Moral bewusst zu werden und zu lernen, diese in Worte zu fassen, und damit kommunizierbar zu machen. Dafür wird die Rolle der Lehrperson stärker zurückgenommen, damit sie diesen Lernprozess nicht stört:

¬ Statt die Teilnehmer vier und mehr Dilemmageschichten in 45 Minuten diskutieren zu lassen, gibt die KMDD nur eine Geschichte vor und lässt den Teilnehmern 90 Minuten Zeit zum Nachdenken, zu Gesprächen und zur Reflexion über die eigenen moralischen Gefühle und die Gefühle der anderen.
¬
¬ KMDD-Teilnehmer bekommen – anders als bei der Blatt-Methode – vor der Diskussion Gelegenheit, sich der moralischen Gefühle, die bei

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