Die Templer im Schatten 2: Blutregen. Stefan Burban

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Die Templer im Schatten 2: Blutregen - Stefan Burban

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      Die Bewegungen von Robins Freund erlahmten von einem Moment zum anderen. Aus einer Platzwunde zog sich ein schmaler Blutstrom über die Nasenwurzel bis hinunter zum Kinn. Selbst auf diese Entfernung erkannte Robin, dass Wills Augen glasig wurden. Der Mann kämpfte offenbar darum, bei Bewusstsein zu bleiben.

      Robin warf alle Vorsicht über Bord und wirbelte mit erhobener Klinge um die eigene Achse, damit er seinem Freund und Waffenbruder beistehen konnte. Er spürte gleichzeitig, wie die Blutsklaven die Schlinge enger zogen. Der Bogenschütze eilte auf die Sklaven zu, die Will in ihrem eisernen Griff gefangen hielten.

      Robin hatte sie beinahe erreicht. Just in diesem Augenblick wurden Wills Augen für den Bruchteil einer Sekunde wieder ganz klar. Der Krieger funkelte Robin an und schüttelte andeutungsweise den Kopf. Gleichzeitig holte er mit einem Fuß aus und versetzte Robin einen derart wuchtigen Tritt, dass dieser über die Brüstung des Wehrgangs und in die Tiefe geschleudert wurde.

      Der Fall konnte nicht länger als ein paar Sekunden gedauert haben. Für Robin fühlte es sich aber nach einer Ewigkeit ein. Endlich traf er auf das brackige Schmutzwasser, mit dem der Graben gefüllt war. Die Wassermassen schlugen über ihm zusammen und Robin versank in Dunkelheit. Um ein Haar hätte ihm der Aufprall die Besinnung geraubt. Dann jedoch übernahmen seine Überlebensinstinkte und er begann, seine Arme und Beine zu bewegen. Wild strampelnd durchbrach er die Oberfläche.

      Er schwamm mit schnellen Bewegungen an Land. Rings um seine Position schlugen Armbrustbolzen und Pfeile ins Wasser und in den schlammigen Boden am Ufer ein. Robin zog sich auf trockenes Terrain, stemmte sich in die Höhe und rannte einfach nur davon, so schnell es ihm möglich war.

      Hinter sich hörte er, wie das Fallgitter hochgezogen wurde. Sie nahmen die Verfolgung auf – wenn sie auch nur entfernt ihren Sold wert waren, dann mit Pferden und Hunden.

      Etwas traf ihn in den rechten Oberschenkel. Robin schrie auf und knickte ein. Sein Blick zuckte nach unten. In seinem Bein steckte ein Pfeil. Das Geschoss hatte sein Fleisch glatt durchschlagen. Die Spitze ragte vorne aus dem Oberschenkel heraus.

      Robin biss mit dem Mut der Verzweiflung die Zähne zusammen und brach erst die Spitze ab, bevor er den Schaft nach hinten wegzog. Die Schmerzen waren beinahe mehr, als er auszuhalten imstande war. Angewidert warf er den Pfeil davon. Er humpelte den letzten Rest bis zur Baumgrenze. Dort hielt er kurz an, riss sich einen Stoffstreifen aus dem Hemd und band die Wunde notdürftig ab. Es war nicht viel, aber alles, was er im Moment tun konnte.

      Robin hielt nach den Verfolgern Ausschau. Ein kleiner Trupp überwand gerade die Zugbrücke. Robins Blick glitt nach oben. Auf dem Wehrgang stand Alexander. Hinter ihm hielten seine Blutsklaven den halb bewusstlosen Will Scarlet fest im Griff.

      Robin hielt sich verborgen und dennoch überkam ihn das unangenehme Gefühl, Alexander könne ihn ganz genau sehen.

      »Willkommen zu Hause, Master Robin!«, hallte die Stimme des ehemaligen Haushofmeisters spöttisch zu ihm herüber.

      Robin presste seine Kiefer so fest aufeinander, dass seine Zähne anfingen zu schmerzen. Ihm war jedoch klar, dass er hier und heute keinen Sieg erringen konnte. Ein Sieg mochte bereits darin bestehen, mit dem Leben davonzukommen. Er hörte aus der Ferne das Bellen der Jagdhunde.

      Robin wandte sich um und stahl sich aus seinem eigenen Zuhause davon wie ein Dieb in der Nacht. Die Wunde würde es schwierig machen, den Hunden zu entgehen. Diese Gegend allerdings kannte niemand so gut wie er. Und er würde es schaffen. Er würde seine Heimstatt von diesem Vampirabschaum befreien und Will retten, schwor er sich. Und er würde herausfinden, was mit seinem Vater geschehen war. Sollte Alexander oder ein anderer diesem etwas zuleide getan haben, dann würden sie sich wünschen, sie hätten Robin in dieser Nacht umgebracht. Aber ein solch gewagtes Vorhaben konnte er nicht allein bewältigen. Er brauchte Hilfe, ging es ihm unwillkürlich durch den Kopf, während er durch den Wald hetzte, um Alexanders Häscher zu entkommen. Und es gab nur einen Mann, an den er sich mit diesem Anliegen wenden konnte.

      Im Schloss zu Nottingham erwachte der Sheriff aus unruhigem Schlaf. In seinem Quartier war es stockdunkel und dennoch konnte er so gut sehen wie ein Mensch bei hellem Tageslicht.

      Der Sheriff erhob sich geschmeidig, zog seine Rüstung über und öffnete die Tür. Die Wachen auf dem Korridor standen unwillkürlich stramm. Der Sheriff beachtete sie nicht. Er eilte geschwind durch das verwirrende Labyrinth völlig identisch wirkender Korridore. Seinem Zeitgefühl nach war es bereits nach Mittag. Alle Fenster waren mit Brettern verrammelt, sodass er sich schnell durch das Schloss bewegen konnte.

      Er hielt erst an, als er vor einer prunkvoll geschmückten Tür ankam, vor der ein Dutzend Ritter Wache schoben. Einer von ihnen nahm bei der Ankunft des Sheriffs den Helm ab. Die gelben Augen des Ritters funkelten bösartig in der Dunkelheit. Der Vampir grinste und entblößte dabei seine messerscharfen Eckzähne.

      »Er ist beschäftigt«, beschied dieser. »Kommt später wieder.«

      »Geht nicht«, wehrte der Sheriff ab. »Es ist wichtig.« Ohne den Ritter weiter zu beachten, schob sich der Sheriff an diesem vorbei und hämmerte mit der Faust gegen die Tür.

      Der Ritter packte ihn an der Schulter und wirbelte den Sheriff auf dem Absatz herum. »Wer zum Teufel glaubt Ihr, dass Ihr seid?«, giftete er den Sheriff an.

      »Die rechte Hand des Prinzen«, gab der Sheriff unbeeindruckt zurück. Der Ritter würde ihm nichts tun. Das wussten sie beide. Sein Auftreten war bloßes Imponiergehabe und für derlei Spielchen hatte der Sheriff im Moment weder Zeit noch Geduld.

      »Und du weißt sehr gut, wer hier auf Nottingham wirklich das Sagen hat. Willst du wirklich, dass ich ihn jetzt behellige?«

      Der Vampirritter war schon von Natur aus kreidebleich, schien bei dieser unverhohlenen Drohung aber noch ein bisschen mehr die Farbe zu verlieren. Er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern. In diesem Moment ging die Tür auf und ein etwas untersetzter Mann mit schütterem Haar stand nur mit einem Mantel bekleidet vor ihnen.

      »Was soll denn dieser Radau?«

      Der Ritter richtete sich schlagartig auf. »Verzeihung, Euer Hoheit, aber dieser … dieser Kerl hier verlangt Euch zu sprechen.«

      Prinz John, Regent des Königreichs, musterte erst den Ritter abfällig und anschließend den Sheriff. Sein Blick zuckte zurück in Richtung des Ritters. »Und warum wird er dann aufgehalten?«

      Der Ritter wollte etwas erwidern, besann sich jedoch eines Besseren, als ihm klar wurde, dass ihn ohnehin keine Antwort vor einer Schelte bewahren konnte. Stattdessen schluckte er schwer.

      »Ich nehme an, es ist wichtig«, wollte John vom Sheriff wissen. Dieser nickte lediglich. Prinz John trat zur Seite und der Sheriff schritt durch die Tür. John musterte den Ritter noch einmal mit funkelnden Augen, die in naher Zukunft noch eine Bestrafung versprachen, und schloss anschließend die Tür.

      Der Sheriff rümpfte leicht die Nase, achtete aber darauf, dass der Prinz davon nichts mitbekam. In Prinz Johns Quartier roch es nach Opium. Und zwar so stark, dass selbst der kurze Aufenthalt reichte, um dem Sheriff die Sinne zu benebeln. Er riss sich zusammen und konzentrierte sich auf den Prinzen, der zu seinem Bett zurückging und ohne Scham den Mantel ablegte. Darunter trug er nichts.

      Der Sheriff wandte sich unbehaglich ab und starrte stattdessen die Wand hinter dem Bett an. Auf dem Bett des Prinzen rekelten sich vier Frauen. Zwei von ihnen hatten gelbe Augen und unterhielten sich kichernd. Die beiden anderen waren Menschen und der Sheriff war sich nicht sicher, ob sie das Bett mit dem Prinzen und seinen zwei Gespielinnen

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