Religionsunterricht. Группа авторов

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Religionsunterricht - Группа авторов Theologisch-praktische Quartalschrift

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Anstoß ist aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Überlegungen ohnehin nicht möglich. Vielleicht wiederhole ich dabei auch nur, was anderswo besser beschrieben ist, und trage die berühmten Eulen nach Athen. Vielleicht sind auch meine Ausführungen viel zu schön in der Theorie, als dass sie sich angesichts der konkreten Erfordernisse des Faches ins Praktische übersetzen ließen. Im Bewusstsein um diese möglichen Begrenzungen der folgenden Ausführungen, die aus christlicher (und überdies deutscher) Perspektive entwickelt sind, aber aus jüdischer oder islamischer Sicht mutatis mutandis ähnlich formuliert werden könnten, möchte ich mit der Schilderung einiger wichtiger Herausforderungen beginnen, vor denen der Religionsunterricht heute steht.

      2 Herausforderungen, Aufgaben und Potenziale

      Im Englischen würde man das, was ich zunächst als These aufstellen möchte, einen „truism“ nennen, eine Binsenweisheit, die so wahr ist, dass sie eigentlich gar nicht der Erwähnung bedürfte. Und doch gibt es manche Selbstverständlichkeiten, die gelegentlich wieder in Erinnerung gerufen werden müssen – weil sich, wenn man länger über diese Wahrheiten nachdenkt, dann doch neue Dimensionen oder Gesichtspunkte, die man lange übersehen hat, zeigen. Die These lautet, dass der Religionsunterricht wie kein anderes schulisches Fach in einer besonderen Herausforderung steht. Diese Situation ist nicht neu, doch haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten einige Koordinaten dieser Grundsituation verschoben. Dies hat dazu geführt, dass der konfessionelle Religionsunterricht sich heute in einer zuvor in diesem Ausmaß nicht bekannten Krise befindet.

      An die Seite dieser Anfragen von außen treten andere, eher von innen kommende Anfragen. So wird auch in manchen kirchlichen Kreisen die staatliche Aufsicht über den Religionsunterricht bemängelt und einem Katechismusunterricht, der rein in kirchlichen Händen ist, der Vorzug gegeben. Man sollte diese Alternative übrigens nicht so leicht von der Hand weisen, wie es gelegentlich geschieht. Es gibt nämlich für einen solchen in den Gemeinden verankerten Unterricht durchaus didaktisch und inhaltlich beeindruckende Modelle, die vielfach den real existierenden Religionsunterricht in den Schatten stellen. Denn man darf nicht vergessen, dass die faktische Situation des Religionsunterrichts ebenfalls zu Anfragen an dieses Unterrichtsfach führt. Die Reputation des Religionsunterrichtes ist oft nicht sehr gut – und zwar sowohl unter Schülerinnen und Schülern, in den Kollegien wie auch in der Öffentlichkeit. Gewiss, vielfach mag dieser schlechte Ruf auf ungerechtfertigte Vorurteile zurückgehen oder auf einen Vorbehalt gegenüber Religion im Allgemeinen und den Einfluss der Kirche im schulischen und gesellschaftlichen Bereich im Besonderen. Es gibt ausgezeichnete Religionslehrerinnen und -lehrer, die einen anspruchsvollen Unterricht durchführen. Aber es gibt eben auch häufig schlechten Religionsunterricht, in dem zum Beispiel die ihm innewohnende Spannung zwischen Welt und Kirche in die eine oder andere Richtung aufgelöst wird – also der Unterricht zu „(lebens-)weltlich“ und un- oder sogar antikirchlich oder zu „fromm“ und kognitiv anspruchslos ist. Es finden sich zudem nicht selten wenig motivierte Religionslehrerinnen und -lehrer, die nicht aus einer inneren Motivation heraus, sondern eher aus Verlegenheit, weil das universitäre Studium für das Lehramt Religion mittlerweile als einfach gilt oder weil die Einstellungschancen nach dem Studium besonders gut sind, das Fach Religion gewählt haben. Das ist ein wohl bekanntes Geheimnis an theologischen Instituten und Fakultäten.

      Die Frage, welche Zukunft der konfessionelle Religionsunterricht angesichts dieser komplexen Situation hat, ist keine rhetorische Frage. Vielleicht muss man viel radikaler über Alternativen nachdenken, um nicht den Irrtümern des Traditionsargumentes – gut scheint zu sein, was man immer so gemacht hat, weil man es immer so gemacht hat – zu erliegen. Könnte es nicht wirklich so sein, dass der schulische konfessionelle Religionsunterricht einer vergangenen Epoche angehört? Dass es geschichtslos wäre, am Modell eines Religionsunterrichts festzuhalten, das religiöse Gemeinsamkeiten in der Schülerschaft voraussetzt, die es kaum noch gibt, statt über andere Bildungsangebote nachzudenken? Zeigt die gegenwärtige Diskussion über den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht nicht auch eine grundsätzliche Verlegenheit über Gegenwart und Zukunft des Religionsunterrichts, die man allzu gerne verdrängt?

      3 Differenz, Transzendenz und Freiheit

      Im Folgenden möchte ich jedoch keinen Abgesang auf den konfessionellen Religionsunterricht anstimmen. Dafür ist das Potenzial des konfessionellen Religionsunterrichts zu groß. Ganz im Gegenteil möchte ich ein Plädoyer für den Religionsunterricht entwickeln, das dezidiert nicht-funktionalistisch und sogar anti-funktionalistisch vorgeht, das sich also nicht darauf beschränkt, zur Begründung dieses Faches seine verschiedenen gesellschaftlichen, kirchlichen und individuellen Funktionen anzuführen. Zwar erfüllt ganz ohne Zweifel auch dieser Unterricht bestimmte Funktionen: Wissen, ethische Haltungen und auch das, was man „Kompetenzen“ nennen kann, werden im Religionsunterricht vermittelt; die Kirche kann Schülerinnen und Schüler (und auch Eltern) erreichen, die längst nicht mehr am Gemeindeleben teilnehmen; die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler kann in der Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen entwickelt werden. Wenn aber die Rechtfertigung des Religionsunterrichtes funktionalistisch verkürzt wird, kann dieser Unterricht nicht nur wie alles, das auf seine Funktionen reduziert wird, leicht durch Funktionsäquivalente ersetzt werden. Die Schule steht dann auch in der Gefahr, wie es in öffentlichen Debatten und im schulischen Leben allzu oft geschieht, auf eine rein funktionalistisch verstandene Ausbildungsanstalt reduziert zu werden, die den Zwecken, die von außen an sie herangetragen werden, zu folgen hat. Es gibt zwar viele Fächer, in denen diese Logik in Frage gestellt werden kann. Die Lektüre eines Gedichtes oder die Beschäftigung mit wichtigen Persönlichkeiten in der Geschichte wie etwa Sophie Scholl, deren Entscheidungen und deren Handeln nicht auf ihre Funktionen zurückführbar sind, können die Logik des Funktionalismus durchbrechen. Am kraftvollsten geschieht dies aber im Religionsunterricht – und zwar deshalb, weil er eine res mixta, eine nicht nur einer Perspektive folgende „gemischte Sache“ ist.

      Denn in diesem Fach kann – von „müssen“ zu sprechen, wäre nicht nur übertrieben, sondern anmaßend – etwas in den schulischen Alltag einbrechen, das den funktionalistischen Tendenzen der Gegenwart, unter denen insbesondere Schülerinnen und Schüler besonders leiden, zuwiderläuft: die Botschaft von

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