Mein Freund, der Kunde. Jürgen Frey
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Ein Beispiel dafür ist das chinesische Unternehmen Li & Fung. Ihr Organisationstalent und ihre atemberaubende Schnelligkeit haben viele chinesische Unternehmen in den letzten 15 Jahren bewiesen; Li & Fung wurde mit diesen Kernkompetenzen ein Vertriebsgigant und einer der weltweit größten Supply-Chain-Manager. Von Asien aus organisieren die rund 18 000 Mitarbeiter des börsennotierten Unternehmens die Beschaffungskette für so bekannte Marken wie Nike, Reebok, Zara und Esprit sowie für Handelsriesen wie Wal-Mart und Marks & Spencer. Für Walt Disney organisiert Li & Fung die Produktion sämtlicher Merchandising-Artikel. Auch Coca-Cola vertraut beim Merchandising dem Familienunternehmen der Brüder William und Victor Fung. Die beiden Milliardäre haben erkannt: Nicht die Produktion, sondern die Logistik ist das Rückgrat der Globalisierung.
Sogar die Billigflieger sind den ewigen Preiskampf langsam leid, mit dem sie sich ihren eigenen Markt ramponiert haben. Vor Kurzem beschloss Ryanair-Chef Michael O’Leary, neben dem Preis die Zuverlässigkeit der Airline als Argument für die Kundengewinnung herauszustreichen. Tatsächlich können Billigflieger wegen ihres Geschäftsmodells, das auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen statt Umsteigeverbindungen setzt, manchmal eine höhere Pünktlichkeitsquote erzielen als die großen Airlines mit ihren komplexen Flugplänen. Die Kernkompetenz Zuverlässigkeit wurde aber seitens der Billigfluggesellschaften jahrelang überhaupt nicht an den Kunden kommuniziert, der einzig und allein über den Preis gewonnen werden sollte.
Der Mittelstand hat den Bogen raus
Mit Hochdruck am Erfolg arbeiten
Viele Mittelständler arbeiten schon viel länger und konsequenter an ihren Kernkompetenzen als die Konzerne. Eines von zahllosen Beispielen ist die Firma Kärcher. Das traditionsreiche Unternehmen stellte unter anderem einmal Industrieöfen her. Seit der Entwicklung des ersten Hochdruckreinigers im Jahr 1950 konzentrierte sich der Mittelständler immer mehr auf dieses Geschäftsfeld. Heute ist Kärcher Weltmarktführer für Hochdruckreiniger. Viele sprechen längst von »kärchern« wenn sie »mit Hochdruck reinigen« meinen. Kärcher hat inzwischen so viele »Freunde« unter seinen Kunden, dass es Männer geben soll, die nach verschmutzen Außenmauern geradezu suchen, um wieder mit ihrem Kärcher »spielen« zu dürfen.
Doch niemand muss Weltmarktführer sein, um seine Produkte an Kunden zu verkaufen wie an Freunde. Meine Mitarbeiterin erlebte das kürzlich, als sie sich ein neues Fahrrad kaufen wollte. Von aggressiver Werbung neugierig gemacht, stattete sie zunächst einem der größten Fahrradhändler der Republik einen Besuch ab. In der riesigen Verkaufshalle traf sie auf einen Verkäufer, der in seinem Anzug mit korrekt gebundener Krawatte auch gut zu einem Mercedes-Händler oder in eine Bank gepasst hätte. Schnell war er bei seinen Lieblingsthemen: Preise, Finanzierungen, Lieferbarkeit. Lust auf Fahrradfahren machte der Kundin dagegen nichts in diesem Laden.
Ganz anders ein kleinerer Händler in Konstanz. Hier traf meine Mitarbeiterin auf junge Verkäufer in T-Shirts mit Schlüsselband. Es wurde viel gelacht und jeder Kunde wurde gleich angestrahlt. Beim Thema Fahrrad waren die Verkäufer in ihrem Element. Begeistert erzählten sie nicht nur von den Besonderheiten der einzelnen Modelle, sondern auch von ihren persönlichen Erfahrungen. In solchen Geschäften merkt der Kunde: Die Verkäufer verkaufen nicht irgendein Produkt. Sie verkaufen nicht heute Waschmaschinen und morgen in einem anderen Laden Schuhe. Sondern sie verkaufen das, was für sie selbst Teil des Lebensstils ist. Sie gewinnen Freunde für ein Produkt. Ihr Produkt.
Methodenkoffer
Wie werden die Märkte der Zukunft aussehen? Die besten Unternehmen beschäftigen sich regelmäßig mit dieser Frage. Sie bauen ergänzend zu ihren bestehenden Stärken neue Kernkompetenzen auf, um in den Märkten der Zukunft aktiv sein zu können.
To do:
Suchen Sie ständig nach neuen Trends und Kundenbedürfnissen. Lesen Sie regelmäßig Tageszeitungen, Wirtschaftsmagazine und Wirtschaftsbücher. Schauen Sie auch auf den Trendsetter USA, zum Beispiel mit Google News U.S. unter der Rubrik »Business«.
Überlegen Sie, auf welche anderen Märkte sich das, was Sie gut können, übertragen ließe. Der Autovermieter Sixt zum Beispiel bietet heute auch Fuhrparkmanagement an.
Beschäftigen Sie sich mit Trend- und Zukunftsforschung. Überlegen Sie, welche Bedürfnisse Kunden, die Ihnen heute vertrauen, in Zukunft haben werden.
Lernen Sie, in Analogien zu denken. Nach dem Muster: Wenn wir dies gut können, werden wir auch das gut können.
Werte, Sinn und Erfüllung als Zukunftsthemen
Zukunftsforscher, Sozialwissenschaftler und internationale Businessgurus sagen voraus, dass es in der Wirtschaft der Zukunft stärker um Sinn und ein erfülltes Leben gehen wird. Kunden wollen nicht mehr bloß konsumieren, Unternehmen nicht allein wachsen und Mitarbeiter nicht länger um jeden Preis Geld verdienen. Die Frage, ob das, was wir tun, für uns erfüllend ist und einen sinnvollen und nachhaltigen Beitrag für die Gesellschaft leistet, ist in den letzten Jahren zunehmend in den Blickpunkt gerückt. Unternehmer wie Götz Werner oder Claus Hipp sind zu Symbolfiguren dieser Entwicklung geworden.
Ein neuer Trend bricht sich Bahn
Wer sich auf seine Kernkompetenzen konzentriert, braucht diese Entwicklung nicht zu fürchten, sondern kann sie begrüßen. Bei Unternehmen, in denen nur noch das getan wird, was man am besten kann, kommt automatisch eine Sinnkomponente ins Spiel. Wer sich täglich fragt, was seinen Kunden am meisten nützt, der wird auch Antworten finden, wenn sich die Prioritäten der Kunden hin zu mehr Sinn und Nachhaltigkeit entwickeln. Freunde können sich gemeinsam weiterentwickeln. Meine Frau, Ingrid Schilling-Frey, schreibt hierzu in ihrem Buch Ans Glück könnte ich mich gewöhnen, dass in der Philosophie der Freund das »andere Selbst« ist. Das bedeutet: Helfe ich meinem Freund – oder Kunden –, besser zu werden, verbessere ich mich automatisch mit. Es ist wie bei einem Trainer im Sport: Wenn er seinem Schützling zu einer Medaille verhilft, hat er sich damit selbst zum Gewinner katapultiert. Der Paketzusteller GLS wirbt bei seinen Kunden mit dem Slogan »Your success is our success!«. Das stimmt!
Manche Unternehmen nutzen ihren wirtschaftlichen Erfolg bereits, um Menschen für soziale und gemeinnützige Ziele zu gewinnen oder auf Missstände aufmerksam zu machen. Ein ungewöhnliches Beispiel hierfür ist der erfolgreiche ukrainische Computerspielhersteller GSC Game World. Mit »Stalker: Shadow of Chernobyl« schufen die Ukrainer ein Spiel, das die Spieler in die nuklear verseuchte »Geisterstadt« Tschernobyl führt. Die Programmierer wollten damit weltweit auf die anhaltenden Risiken der Kernkraft und die von der Öffentlichkeit vergessenen Folgen der Reaktorkatastrophe von 1986 aufmerksam machen. Idealismus und Streben nach wirtschaftlichem Gewinn gingen hier Hand in Hand. Das ist heute noch die Ausnahme, könnte aber irgendwann zur Regel werden.
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