Die Goldminen von Midian. Richard Francis Burton
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Richard Burton konnte nur eine geringe Schulbildung vorweisen, was er aber durch die Beherrschung mehrerer Sprachen und der Säbelfechtkunst ausglich. Für seinen Sohn hatte Josef Burton eine Laufbahn in der anglikanischen Kirche vorgesehen. 1840 sandte er ihn nach Oxford an das Trinity-College, wo Richard es vorzog, Themen zu studieren, die ihn besonders faszinierten – beispielsweise arabische Philosophie und Mystik. Der Stoff des üblichen Lehrplans reizte ihn dagegen weniger. Die Quittung ließ nicht lange auf sich warten: Wegen Disziplinlosigkeit wurde Richard Burton (der sich noch dazu mit einem Studienkameraden duellieren wollte, der spöttisch über seinen Schnurrbart gegrinst hatte) 1842 von der Universität verwiesen. So umging er gekonnt die Ordination zum Priester.
ALS TRUPPENOFFIZIER IN INDIEN
Da sich Richard Burton tiefgründig für asiatische Lebensgewohnheiten und Sprachen interessierte, nutzte er 1842 die Gelegenheit und ging unter Mithilfe seines Vaters als Offizier zur Armee der englischen Ostindien-Kompanie. Von 1843 bis 1848 diente er als Leutnant bei der Bombay-Eingeborenen-Infantrie in einem Landstrich, der heute zu Pakistan gehört.
Schon bald bewies er auch hier seine außergewöhnliche Fähigkeit, Sprachen zu lernen. Er gab sich dabei niemals damit zufrieden, lediglich eine neue Sprache zu sprechen, sondern er hatte schon damals den Wunsch, sich als Einheimischer auszugeben. In Pakistan und Westindien wurde aus ihm ein Meister der Verkleidung. So soll er dort einen Laden gemietet und, die Beine untergeschlagen, unentdeckt feilschend unter den einheimischen Händlern gesessen haben. Diese außergewöhnliche Gabe, Sprachen zu lernen und fremde Lebensstile zu kopieren, war auch seinen Vorgesetzten nicht entgangen und führte dazu, dass er zu seinem General befohlen wurde: Er sollte über die lokalen Lasterhöhlen Bericht erstatten – eine Aufgabe, die er überaus interessant fand.
Doch trotz solcher Sonderaufgaben war der Truppendienst in Indien relativ eintönig und befriedigte Richard Burton auf die Dauer nicht. 1848, ein Jahr nach dem Sepoy-Aufstand muslimischer Soldaten, verließ er die indische Armee, um sich ganz der Erforschung unbekannter Länder zu widmen, wozu ihn seine körperlichen und geistigen Anlagen vorzüglich befähigten.
IN MEKKA UND MEDINA
Im Anschluss an seine Zeit als Offizier in Indien blieb Burton fast vier Jahre in Europa, schrieb und studierte. Zu dieser Zeit, in den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts, waren die Menschen in ganz Europa so sehr an Geographie interessiert wie heute an der Weltraumforschung. Es war daher für Burton nicht schwierig, einen Geldgeber für einen gut durchdachten Reiseplan zu gewinnen. Sein Ziel: die islamischen heiligen Städte Mekka und Medina.
Im Herbst 1852 bot Richard Burton der Royal Geographical Society seine Dienste an, um »den gewaltigen weißen Flecken, welcher in britischen Kartenwerken noch immer die östlichen und zentralen Regionen Arabiens ziert, auszutilgen«. Sein Plan war, im omanischen Maskat zu landen und das leere Viertel in Richtung Mekka und Medina zu durchqueren.
Im April 1853 verließ Burton die englische Hafenstadt Southampton in Gestalt eines vermögenden Persers. Während der ganzen Reise war er akribisch bemüht, sich an die orientalischen Sitten anzupassen. Selbst solche Details wie die muslimische Art und Weise, ein Glas Wasser zu trinken, studierte Burton: »Er ergriff den Trinkbecher, als wäre es die Kehle eines Feindes, und beendete den Vorgang mit einem befriedigten Grunzen.«
Nach einem Monat in Ägypten entschied er, die Gestalt des persischen Adligen abzulegen und in die Verkleidung eines wandernden Derwisches zu schlüpfen. Dass er sich seiner persischen Verkleidung entledigte, hatte gute Gründe, waren doch die schiitischen Perser in ganz Arabien als Häretiker ungeliebt und verachtet. Einige Zeit später nahm er seine endgültige Maskierung an: Er gab sich fortan als britischer Untertan afghanischer Herkunft aus, der in Rangun als Arzt ausgebildet worden war. Er kaufte sich die passende Reisekleidung: einen gewaltigen, breiten gelben Regenschirm, einen hölzernen Kamm, eine Ziegenhaut als Wasserbehälter, einen groben persischen Gebetsteppich, welcher außerdem als Bettstatt diente, ein baumwollenes, plüschbesetztes Kissen und ein Betttuch. Ein Dolch, ein Tintenfass aus Messing und ein Federhalter staken in seinem Gürtel, ein Rosenkranz, mehrere Nadeln und »ein erbsengrüner Behälter mit roten und gelben Blumen, der zweimal am Tag vom Kamel fiel«, vervollständigten seine Ausrüstung. Seine Geldmittel für die Reise waren fünfundzwanzig Goldmünzen in einem Gürtel unter seinen Kleidungsstücken.
Burton empfand das Milieu von Alexandria als wohltuend: Er traf dort auf das, was die Araber »Kaif« nennen: »Den Reiz einer tierischen Existenz; das passive Vergnügen des reinen Sinnes; die wohltuende Schlaffheit, die traumhafte Ruhe, das verstiegene Schlösser-Bauen, welches in Asien anstelle des kraftvollen, intensiven, passionierten Lebens in Europa stand.«
Mit einem älteren, schon etwas asthmatischen Dampfer gelangte er nach Kairo und nahm dort Unterkunft in einer Pension für Ägypter, einem sogenannten Wakalah. Er praktizierte dort als Arzt. Seine Wertschätzung unter der Bevölkerung vergrößerte sich außerordentlich, nachdem er zwei abessinische Sklavenmädchen vom Schnarchen kuriert hatte. Burton nahm auch an Disputen der theologischen Fakultät der Al-Azhar teil, denn ein religiöser Irrtum oder ein Verstoß gegen die orthodoxen Regeln in Mekka und Medina würden bei Weitem aufschlussreicher sein als irgendwelche linguistischen Fehler. Es konnte viele Erklärungen für fehlende Perfektion in der Sprache geben, aber keine für eine religiöse Handlung, die kein Muslim durchführen würde.
Burton war fast reisefertig, als er einen interessanten Besucher des Wakalah traf – einen albanischen Offizier, der gerade aus dem Hedschas abgereist war und ihm faszinierende Geschichten von Gold in den Bergen Midians erzählte. Burton lud ihn in sein Zimmer ein. Nachdem sie ihre Dolche weggelegt hatten, gingen die beiden Männer daran, sich zu betrinken. Sie riefen nach Tanzmädchen und taumelten in einen Schlafraum, wo sie von zwei alten Frauen in die Flucht geschlagen wurden. Sie beschimpften in maßlosen Worten die Ägypter, und der albanische Trinkkumpan drohte gerade das Blut des Pförtners zu vergießen, als es Burtons Diener schaffte, den Säufer ins Bett zu bringen. »Kein walisischer Student in Oxford«, schrieb Burton stolz, »hat unter ähnlichen Umständen jemals mehr Unruhe verursacht.«
Es war nach diesem Gelage kaum überraschend, dass Burton es für angebracht hielt, Kairo so schnell wie möglich zu verlassen. Er fand einen Beduinen vom Sinai, der ebenfalls zu Burtons Zwischenstation Suez unterwegs war, und mietete zwei Kamele. Danach begab er sich mit seinem indischen Diener nach Suez. Auf dem Weg dorthin traf er mehrere angesehene Händler aus Medina, die nach Hause zurückkehrten, und einen Einwohner aus Mekka, den er in Kairo getroffen hatte, einen Mann namens Muhammad al-Basyuni. Sie schlossen sich für die weitere Reise zusammen.
Von Yanbu al-Bahr, dem Hafen Medinas, aus heuerte die Reisegruppe Kamele mit Treibern an, die sie nach Medina bringen sollten. Es war eine Reise von zweihundertfünfzig Kilometern, die acht Tage dauerte, da die Kamele nur dreieinhalb Kilometer pro Stunde zurücklegten. Auf dem Weg hatte die Karawane eine tiefe Schlucht zu passieren, die als Pass der Pilger oder Teufelsschlucht bekannt war. Dort wurde sie erwartungsgemäß von Räubern überfallen. Stammesleute schwärmten wie Hornissen aus und nahmen sie unter Gewehrfeuer. Die Eskorte befand sich in großen Schwierigkeiten, da der Gegner aus eigens zu diesem Zweck errichteten Steinmauern heraus schoss, und falls einer der Beduinen getötet worden wäre, hätte sich die ganze Bevölkerung der Umgegend der Schlacht angeschlossen und die Karawane schließlich überwältigt. In einer solchen Situation musste sich die Reisegruppe glücklich schätzen, mit einem Verlust von »nur« zwölf getöteten Männern entkommen zu können.
Am 25.