Scheiß auf perfekt!. Stefan Dederichs
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Damit DU das meiste für dich aus diesem Buch herausholen kannst, habe ich auf den nächsten Seiten einen kleinen Selbsttest für dich zusammengestellt, dessen Auswertung du weiter hinten im Buch findest. Er soll dich auf deinem Weg zur besseren Selbsterkenntnis begleiten und dir weitere Impulse und Denkansätze vermitteln. Wenn du ihn ausfüllst, nimm die Antwort, die dir als Erstes einfällt – nicht die »perfekte« Antwort … denn diese gibt es sowieso nicht.
Und nun: Lass dir Zeit beim Lesen, du musst ja nicht perfektionistisch jedes Wort genau unter die Lupe nehmen. Es ergibt jedoch Sinn, alles auch einmal sacken zu lassen, auf sich wirken zu lassen und über Gelesenes nachzudenken und vielleicht eine bewusste Pause einzulegen. Mir ist wichtig, dass du dich wohlfühlst und Glücksmomente erlebst.
Viel Freude beim Lesen.
Dein Stefan
Test: Wie perfektionistisch bist DU?
Finde heraus, wie sehr dein Leben von Perfektionismus geprägt ist und inwieweit dich diese Ausprägung in deinem Glück behindert – oder in deinem Vorankommen unterstützt oder bremst. Der folgende kleine Test wird dir helfen, dich besser einschätzen zu können – er ist zwar nicht wissenschaftlich, wird dir aber trotzdem helfen, zu einem besseren Umgang mit Perfektionismus zu gelangen.
In welchem Ausmaß treffen die Aussagen auf dich zu? Kreise für »Trifft stark zu« die 2 als Punktzahl ein, für »Trifft zum Teil zu« die 1 und für »Trifft nicht zu« die 0 und zähle am Ende des Tests die Punkte deiner Aussagen zusammen.
Die Auflösung mit einigen Impulsen und Ideen für dich findest du am Ende des Buches nach meinem Schlusswort.
Kapitel 1: Perfektionismus verstehen
In diesem Kapitel setzt du dich mit dem Grad deines eigenen Perfektionismus auseinander und lernst dich mit einem kleinen Selbsttest besser kennen.
Danach stehen grundsätzliche Überlegungen zum Thema Perfektionismus an. Mein Wunsch ist, dass du am Ende des Kapitels sagen kannst, was DU unter Perfektionismus verstehst, und einschätzen kannst, ob du unter Perfektionismus leidest oder von dieser Haltung manchmal sogar profitierst.
Der Unterschied zwischen normalem und neurotischem Perfektionismus
Laut Duden bedeutet der Begriff »Perfektion« »Vollkommenheit«. Im Allgemeinen wird er auch genau so verstanden, nämlich als das Streben nach Vollkommenheit.
Im Wesentlichen unterscheidet man in der Wissenschaft zwei Arten von Perfektionismus. Die Psychologin Christine Altstötter-Gleich spricht von einem gesunden und einem ungesunden Perfektionismus (Altstötter-Gleich, Geisler 2017). In der Forschung wird dies auch gern funktionaler und dysfunktionaler Perfektionismus genannt. Bereits 1978 führte der amerikanische Psychologe Don E. Hamachek die erste Untersuchung zum Thema Perfektionismus durch. Er schlug vor, zwischen normalem Perfektionismus und neurotischem Perfektionismus zu unterscheiden. Diese Bezeichnungen möchte ich zur Differenzierung und Erläuterung verwenden.
Der normale Perfektionismus bei Menschen ist ein Antreiber, er sorgt dafür, dass wir nach Größerem, nach Besserem, nach Höherem, nach Anspruchsvollerem streben. Er sorgt dafür, dass wir Ziele setzen und erreichen, dass wir Unmögliches möglich machen. Der normale Perfektionismus hilft uns dabei, dass wir wachsen, dass wir Dinge vorantreiben und umsetzen. Dass wir besser werden und neue Blickwinkel eröffnen. Er bringt viele positive Aspekte mit sich – ohne diese Spielart des Perfektionismus wären wir Menschen heute nicht da, wo wir sind.
Menschen mit normalem Perfektionismus streben nach mehr, geben stets »150 Prozent«, gehen die »Extra-Meile« und haben hohe Ansprüche; sie akzeptieren jedoch gleichzeitig, dass Fehler zum Leben und zum Menschen dazugehören. Klar, auch natürliche Perfektionisten sind nicht erfreut über Rückschläge und selbstverursachte Fehler. Durch sie werden sie angetrieben, sich zu verbessern und in Zukunft Fehler zu vermeiden. Allerdings beziehen sie diese negativen Erlebnisse nicht darauf, dass sie nichts können oder nichts wert sind. Sie anerkennen ihre Leistungen durchaus, nutzen jedoch zugleich jede Möglichkeit, diese Erfahrungen zur Grundlage ihrer Weiterentwicklung und Verbesserung zu machen.
Wenn normale Perfektionisten ihre Ziele erreichen, ihren Plan verwirklichen und zu Verbesserungen gelangen, dann können sie sich an ihnen erfreuen, dies steigert ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Sie können Erfolge genießen und emotional wahrnehmen. Sie erkennen die Veränderung und können sich auch an ihr erfreuen. Sie streben nach mehr und nach weiterer Optimierung, jedoch ohne den Gedanken, dass das Erreichte bei Weitem nicht gut genug sein könnte. Und ohne sich ständig Vorwürfe zu machen, dass sie immer noch nicht perfekt seien. Sie sind in der Lage, das Erreichte zu genießen und trotzdem den Wunsch zu verspüren, nach vorn streben und sich weiter verbessern zu wollen.
Bei Menschen mit neurotischem Perfektionismus sieht das ganz anders aus. Sie können sich nicht über das Erreichte erfreuen. Erreichte Ziele werden nicht zum Glücksmagneten, sie werden nicht wirklich als final wahrgenommen. Sie sind immer der Meinung, dass sie nicht gut genug sind, dass es noch besser geht. Es bleiben Selbstzweifel. Neurotische Perfektionisten sind nicht in der Lage, das Geleistete anzuerkennen. Dies führt bei ihnen zu Versagensängsten, zu mangelndem Selbstvertrauen. Ständig quält sie der Gedanke, sie hätten nicht alles gegeben und wären nicht gut genug. Das kann im schlimmsten Fall zu Depressionen und seelischer und körperlicher Krankheit führen. Es fehlt die Einsicht, dass etwas gut gemacht worden ist. Selbst wenn ein gesetztes Ziel erreicht wurde, stellt sich das Gefühl, etwas erreicht zu haben, nicht ein. Es überwiegt der Eindruck: »Da geht bestimmt noch mehr!«
Die neurotische Perfektion erzeugt so viel Druck, dass die Kreativität, die Leistungsfähigkeit und die Möglichkeit zur Blickwinkelveränderung stark eingeschränkt werden. Genau diese Eigenschaften sind allerdings oft erforderlich, um Dinge zu optimieren und voranzutreiben. Beim neurotischen Perfektionisten wird dieser Trieb jedoch ins Krankhafte gesteigert. Er strebt nicht nach Perfektion, weil er sich an der Perfektion erfreut, ihm geht es vielmehr um seine Unantastbarkeit. Im Grunde sprechen wir hier von einem Vermeidungsverhalten. Denn wenn er perfekte Leistung abliefert, kann er nicht kritisiert werden. Sein primäres Ziel ist das Streben nach Sicherheit, die er jedoch nie erreichen wird, da es so etwas wie »perfekte Perfektion« nicht gibt.
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Die Kombination aus der Fähigkeit, sich über das Erreichte wahrhaftig zu freuen und es positiv zu bewerten, und dem Wunsch, sich weiter zu verbessern, unterscheidet den normalen vom neurotischen Perfektionisten.
Aufgrund der wirtschaftlichen Situation und dem damit einhergehenden Wettbewerbs- und Leistungsdruck hat sich in den letzten Jahren das Streben nach Perfektion enorm