Propagandaschlacht ums Klima (Telepolis). Michael E. Mann
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Durch die Abschaffung klimafreundlicher Richtlinien der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde (EPA) – wie etwa: Widerrufung des unter Obama eingeführten Clean Power Plan (mit dem der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase im Energiesektor bis 2030 um 32 Prozent im Vergleich zu 2005 verringert werden sollte), Rücknahme von Schadstoffregulierungen, Erteilung neuer Genehmigungen von Öl- und Gaspipelines, direkter finanzieller Unterstützungen der in Schwierigkeiten geratenen Kohleindustrie sowie billigen Pachtverträgen für Öl- und Gasbohrungen auf öffentlichem Grund und Boden – hat die Trump-Regierung Fortschritte im Klimaschutz zunichtegemacht. Somit wurde der fossilen Brennstoffindustrie freier Lauf gelassen, um ihre umweltschädlichen Geschäfte auszubauen.
In ihrem Kampf gegen den Klimaschutz setzen die Klimafeinde außerdem Methoden der psychologischen Kriegsführung ein. Dabei werden Narrative gefördert, welche die Auswirkungen des Klimawandels mild und harmlos erscheinen lassen und den Eindruck vermitteln, dass es ein Leichtes sei, sich daran anzupassen. Dabei wird das Bewusstsein um die Dringlichkeit untergraben, während gleichzeitig durch die Betonung der Unvermeidlichkeit des Klimawandels die Selbstwirksamkeit gedämpft wird. Indirekt unterstützten und begünstigten vorgebliche Klimakämpfer diese Bemühungen, indem sie die sich anbahnende Katastrophe als vollendete Tatsache dargestellt haben: entweder haben sie dabei den bereits unvermeidlichen Schaden überbewertet indem sie das Potenzial von Klimaschutzmaßnahmen unterschätzten. Oder sie legten die Latte zu hoch, indem sie etwa den Umsturz der Marktwirtschaft voraussetzten, sodass jegliche Aktion zum Scheitern verurteilt scheint. Die Klimafeinde waren gerne bereit, solche Ansichten zu verstärken.
Aber nicht alles ist verloren. In diesem Buch werde ich falsche Narrative entlarven, die Versuche, den Klimawandel einzudämmen, zum Scheitern gebracht haben, und dem Leser einen echten Weg zur Erhaltung unseres Planeten aufzeigen. Unsere Zivilisation kann gerettet werden. Das gelingt jedoch nur, wenn wir lernen, die aktuelle Taktik der Klimafeinde – das heißt die Kräfte der Untätigkeit – zu durchschauen und zu bekämpfen.
Meine jahrzehntelange Erfahrung an vorderster Front im Kampf um die Vermittlung der Wissenschaft des Klimawandels und seiner Auswirkungen hat mir einzigartige Einsichten verschafft. »Hockey Stick« (Hockeyschläger) heißt die 1998 von meinen Kollegen und mir veröffentlichten Kurve, die den steilen Anstieg der Erdtemperaturen im vergangenen Jahrhundert aufzeigt.4 Die Kurve erlangte in der Klimadebatte einen gewissen Kultstatus, weil sie auf einfache Weise darstellt, dass eine beispiellose von Menschen verursachte Erwärmung des Planeten stattfindet, indem wir fossile Brennstoffe verbrennen und Treibhausgase in die Atmosphäre pumpen. Jahrzehnte später steht die Hockeyschläger-Kurve trotz unzähliger Studien, die unsere Erkenntnisse nicht nur bestätigt, sondern ausgeweitet haben, immer noch unter Beschuss. Warum? Weil sie weiterhin eine Bedrohung für eigennützige Interessengruppen darstellt.
Die Angriffe auf die Hockeyschläger-Kurve Ende der 1990er Jahre zogen mich – damals noch ein junger Wissenschaftler – in einen Strudel von Auseinandersetzungen. Bei der Verteidigung meiner Person und meiner Arbeit vor politisch motivierten Angriffen wurde ich zu einem unfreiwilligen Kämpfer in den Klimakriegen. Ich habe die Klimafeinde seit zwei Jahrzehnten aus nächster Nähe im Propagandagefecht erlebt. Ich weiß, wie sie arbeiten und welche Taktik sie anwenden. Und ich habe die dramatischen Veränderungen dieser Taktik in den letzten Jahren als Reaktion auf die sich verändernde Beschaffenheit des Schlachtfeldes beobachtet. Ich habe mich an diese wechselnde Taktik angepasst und die Art und Weise verändert, wie ich die Öffentlichkeit und die politischen Entscheidungsträger in meine eigenen Bemühungen um Information und Einflussnahme auf den öffentlichen Diskurs einbeziehe. In diesem Buch berichte ich, was ich dabei gelernt habe. Ich möchte meine Leser daran beteiligen, als bereitwillige Kämpfer unseren Planeten vor der Klimakrise zu retten, bevor es zu spät ist.
Hier ist mein Vier-Punkte-Plan, auf den wir gegen Ende des Buches zurückkommen werden:
Ignoriert die Untergangspropheten: Der irregeleitete Glaube, dass es zu spät ist, um zu handeln, wurde von der fossilen Brennstoffindustrie und ihren Interessenvertretern instrumentalisiert. Dabei geht es ihnen darum, »business as usual« und eine fortgesetzte Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu legitimieren. Wir müssen uns dem Weltuntergangsszenario widersetzen, dem wir im Klimadiskurs heutzutage immer häufiger begegnen.
Ein Kind wird sie leiten: Junge Menschen kämpfen mit Händen und Füßen um die Rettung ihres Planeten, auch öffentlichkeitswirksam beim freitäglichen »Schulstreik fürs Klima«. In ihrer Botschaft steckt eine große moralische Autorität und Klarheit, die nur die abgestumpftesten Ohren überhören können. Sie fordern den Paradigmenwechsel, auf den Klimaschutzbefürworter gewartet haben. Wir sollten unser Handeln nach ihrem Vorbild gestalten und von ihren Methoden und ihrem Idealismus lernen.
Aufklären, Aufklären, Aufklären: Die meisten hart gesottenen Klimawissenschaftsleugner sind unverbesserlich. Sie betrachten den Klimawandel durch das Prisma einer rechten Ideologie und sind unzugänglich gegenüber Fakten. Verschwendet keine Zeit und Mühe damit, sie zu überzeugen. Aber es gibt auch viele ehrliche Leute da draußen, die im Kreuzfeuer stecken, Opfer der Desinformationskampagne zum Klimawandel wurden, und entsprechend verwirrt sind. Wir müssen ihnen helfen, um sie in die Lage zu versetzen, sich uns im Kampf um das Klima anzuschließen.
Systemischer Wandel ist notwendig: Die Desinformationsmaschinerie für fossile Brennstoffe lenkt von dem Erfordernis systemischen Wandels und möglichen Anreizen dafür ab. Stattdessen werden einzelne Aspekte, wie das Auto, das wir fahren, die Lebensmittel, die wir essen und der Lebensstil, den wir führen, thematisiert und in den Vordergrund gestellt. Wir brauchen stattdessen eine Politik, die Anreize für den notwendigen Wechsel weg von der Verbrennung fossiler Brennstoffe hin zu einer sauberen, grünen Weltwirtschaft schafft. Entscheidungsträger, die sich dem Aufruf zum Handeln widersetzen, müssen ihre Posten verlieren.
Angesichts des Ausmaßes der vor uns liegenden Herausforderung könnte man sich leicht überwältigt fühlen. Einschneidende Veränderungen sind immer schwierig und wir sind gefordert, eine Reise in eine unbekannte Zukunft zu unternehmen. Es ist verständlich, sich angesichts der Aussicht auf die Zerstörung unseres Planeten vor Angst wie gelähmt zu fühlen. Es überrascht nicht, dass die Klimakrise und unsere Bemühungen, mit ihr umzugehen, von Angst und Besorgnis begleitet sind.
Wir müssen jedoch verstehen, dass die Kräfte der Verleugnung und Verzögerung unsere Angst und Furcht gegen uns einsetzen, um uns quasi wie Rehe im Scheinwerferlicht erstarren zu lassen. Ich habe Kollegen, die ihr Unbehagen darüber zum Ausdruck gebracht haben, unsere missliche Lage als »Krieg« zu bezeichnen. Aber ich versichere Ihnen, die zuverlässigste Methode, einen Krieg zu verlieren darin besteht, sich zu weigern, überhaupt anzuerkennen, dass man sich in einem solchen befindet.5 Ob es uns gefällt oder nicht, und auch wenn wir es uns gewiss nicht selbst ausgesucht haben, befinden wir uns genau an diesem Punkt: Es geht um die von der Industrie finanzierten Bemühungen, Maßnahmen zum Klimaschutz zu blockieren
Wir müssen also mutig sein und die Kraft finden, weiter zu kämpfen und diese Angst und Sorge in Motivation und Handeln umzulenken. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel.
Während wir den Kosmos weiter erforschen, entdecken wir immer wieder neue Planetensysteme, darunter sogar einige mit Planeten, die mehr oder weniger erdähnlichen Charakter haben. Einige haben eine ähnliche Größe wie die Erde und ungefähr die richtige Entfernung von ihrem Stern, um sich in einer sogenannten »bewohnbaren Zone« zu befinden. Einige könnten flüssiges Wasser