Mörderisches aus dem Saarland. Marion Demme-Zech
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»Guten Tag Herr Schwarz«, plappert Regine direkt los. »Ich hätte Ihnen einen Vorschlag zu machen. Ich würde Ihnen anbieten, den Unterricht sozusagen im Sinne des guten Zwecks weiterzubezahlen, und Sie hingegen müssten zukünftig gar nichts mehr tun. Was halten Sie davon, Herr Schwarz?«
»Sie wollen keine Musikstunden mehr und mich trotzdem dafür bezahlen?«, erkundigt er sich skeptisch. So ganz kann er das wohl nicht glauben.
»Korrekt!«, erwidert sie und zwinkert Magnus zu.
»Nun gut«, sagt Herr Schwarz stutzig, aber auch mit etwas Freude in der Stimme. »Wenn Sie das unbedingt wollen, dann komme ich Ihrem Wunsch natürlich nach.«
Weder Regine noch ihr Sohn sind verwundert, dass Herr Schwarz, dessen Terminkalender immer randvoll ist, dem Vorschlag zustimmt. Insbesondere da Magnus nie geübt hat und sein Klavierspiel ein hartes Los für die Ohren des Musiklehrers war.
Die neue Reglung berücksichtigt die Wünsche aller Beteiligten. Sogar Sebastian bleibt das gute Gefühl erhalten, dem Sohn eine künstlerische Förderung zukommen zu lassen. Denn die Gebühren werden weiterhin jeden Monat abgebucht, und da ihr Mann wegen seiner unzähligen Verpflichtungen nie vor sechs, sieben oder noch später abends zu Hause ist, wird ihm nicht groß auffallen, dass der Unterricht ausgesetzt ist.
Ab da nutzt Magnus die neugewonnene Freizeit, um sich verstärkt seinen Internetbekanntschaften zu widmen, mit denen er sich nach eigener Aussage im Netz trifft, um »sich gegenseitig zu metzeln«. Eine Äußerung, die Regine verstörend findet, jedoch beruhigt sie sich damit, dass Jungs sich zu allen Zeiten gerauft haben, und im Internet könne er sich wenigstens nicht verletzen. Außerdem pflege ihr Sohn auf diese Weise soziale Kontakte, was für eine eher introvertierte Persönlichkeit wie ihren Magnus wohl nur von Vorteil sei.
Bevor er sich am Nachmittag zu einem Battle trifft, findet er stets die Zeit, Regine ein paar der Möglichkeiten und Tricks, deren Kenntnis für einen Zwölfjährigen anscheinend völlige Normalität ist, an Handy und Tablet beizubringen.
Der Einstieg ist zugegeben holprig, doch Regine zeigt sich lernwillig und neugierig zugleich. Schon nach der ersten Lehrstunde reagiert Sebastians Handy auch auf ihren Fingerabdruck. Sogar sein zweites Smartphone, das er immer heimlich mit sich führt. Es wird zu einem kleinen Ritual von Regine, diese während der Morgendusche ihres Mannes zu inspizieren, was keiner besonderen Vorsichtsmaßnahme bedarf, denn Sebastian überlässt alles, was mit Wäsche oder generell mit dem Thema Haushalt zu tun hat, schon seit Jahren Regine.
Das allein reicht natürlich nicht, um den vollen Überblick über die Aktivitäten ihres Mannes zu haben. Hilfreich bei der Informationsbeschaffung sind außerdem die Einzelverbindungsnachweise von beiden Smartphones, die Regine nun jeden Morgen per E-Mail zugesandt werden.
Am Tag darauf erklärt ihr Magnus, was es mit der GPS-Ortung auf sich hat. Erst einmal sinkt ihre Stimmung ins Bodenlose, als sie sieht, dass Sebastian Svenja in die teuersten Restaurants der Stadt ausführt. Vorgestern hat er ihr noch eine Predigt gehalten, wie unverschämt freigiebig sie mit seinem Geld umgehe. Lässt man das jedoch außen vor, muss Regine zugeben, dass so eine Ortung eine fabelhafte Erfindung ist. Auf diese Weise bleibt ihr fast nichts mehr verborgen, und da sie sich sicher ist, dass die teuren Eskapaden ihres Mannes bald ein Ende haben werden, schluckt sie ihren Verdruss über die Abendessen hinunter.
Was mittlerweile technisch alles machbar ist, kann Regine kaum fassen. Sie fühlt sich weit besser ausgerüstet als Sean Connery in seinem letzten James Bond. Über jeden von Sebastians Schritten weiß sie nach den paar Tagen »Weiterbildung« bei ihrem Sohn bestens Bescheid. Was kann sich eine besorgte Ehefrau mehr wünschen?
Dass Regine sich ein Profil unter dem Namen »Coconut28« auf einer Datingseite anlegt, ist zweifellos der beste ihrer Schachzüge. Spielend leicht fällt es ihr, mit Sebastian, der sich dort gerne herumtreibt, in Kontakt zu treten. Auf diese Weise lernt sie eine ganz neue Seite ihres Ehemanns kennen. Endlich redet er wieder mit ihr. Er ist charmant, so wie früher, bevor sie ihn geheiratet hat. Aus der Ferne betrachtet ist Sebastian ein sympathischer Typ, muss Regine sich eingestehen, und deswegen kann sie dieser Svenja auch keinen wirklichen Vorwurf machen. Sie hat sich möglicherweise, ebenso wie Regine damals, vom Ersteindruck täuschen lassen.
Aber darüber sollte sie sich nicht den Kopf zerbrechen, ihr blieb nicht mehr viel Zeit bis Samstag. Alles muss perfekt vorbereitet sein – und das macht Sebastian ihr leicht. Es dauert keine zwei Tage, dann werden ihre Online-Gespräche – Chats nennt es Magnus – pikant. Manchmal, wenn Regine Sebastians Antworten liest, erwischt sie sich dabei, wie sie sich verlegen umblickt. Sollte jemals ans Tageslicht kommen, was sie hier treibt, wird er ihr das nie verzeihen. Andererseits, erwägt Regine, wie soll er je Wind davon bekommen? Es sind nur noch ein paar Tage bis zum Wochenende, und ihr Mann hat ihr weit mehr geliefert, als sie für ihre Pläne braucht.
Völlig analog ist Regine wieder an dem lang herbeigesehnten Tag unterwegs und wartet auf die Ankunft der Fürstin. Ihr Sohn ist zu Hause. LAN-Party mit Freunden, hat er zu ihr gesagt, und solange keine Mädchen im Spiel sind, ist ihr alles recht. Ihr Mann ist schon in aller Früh zu einem Ausgrabungstermin aufgebrochen. Zum Glück auf der französischen Seite des Archäologieparks. Prinzipiell nicht weit entfernt, aber mit Sicherheit ist er dort so beschäftigt, dass sie nicht auf ihn treffen wird. Sie geht davon aus, dass er diesmal, was den Termin betrifft, die Wahrheit gesagt hat, denn am heutigen Tag ist es Regine selbst, die ein Date mit Svenja hat. Mit der Svenja, die zugleich das hübscheste Lächeln der Welt und obendrein den schönsten Po haben muss, wenn man Sebastians abgeschmackten WhatsApp-Nachrichten Glauben schenken möchte.
Sie erkennt die Liebschaft ihres Mannes auf den ersten Blick.
»Ich bin sehr erfreut, Sie als keltische Fürstin hier auf unserem historischen Gelände begrüßen zu dürfen. Heute entführe ich Sie in eine andere, längst vergangene Welt.« Mit diesen Worten eröffnet die junge Frau die Führung und Regine nickt zufrieden. In eine andersartige Welt entführen, das ist ein prima Hinweis, entscheidet sie. Sie greift in ihre Tasche, wo alles für den Ernstfall vorbereitet ist. Es geht los. Die erste Nachricht ist unterwegs.
Bis zu deren Eintreffen bleibt Regine Zeit, die Brünette von Kopf bis Fuß zu mustern. Sie trägt ein Gewand, das aus einer weißen und einer dunkelgrauen Stoffbahn besteht und mit Fibeln an den Schultern befestigt ist. Der üppige Halsreif, die vielen Ringe und klimpernden Armreifen sind alle golden, und die langen Haare hat sie zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur geflochten. Als sie das Areal überqueren, auf dem in antiken Zeiten die herrschaftliche gallo-römische Villa stand, registriert Regine mit ein bisschen Neid, dass Svenjas Figur tadellos ist, soweit es sich bei dem Gewand beurteilen lässt, und auch ihr Lächeln ist zugegeben bezaubernd. Einzig ihre piepsige, fast noch kindliche Stimme erscheint Regine gewöhnungsbedürftig. Aber Sebastian unterhält sich ohnehin eher ungern.
Sie fragt sich, ob die Nachricht schon bei Svenja eingegangen ist. Das junge Ding wirkt hochkonzentriert. Sie erzählt von den ersten Funden auf dem Gelände. Seit 1987 arbeite man daran, die Überreste der römischen Villa zu rekonstruieren.
»Die hier entdeckten Artefakte sind ersten Ranges«, führt sie aus. »Davon können Sie