COVID-19 - Ein Virus nimmt Einfluss auf unsere Psyche. Группа авторов

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COVID-19 - Ein Virus nimmt Einfluss auf unsere Psyche - Группа авторов

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style="font-size:15px;">      Vögele, Claus, Prof. Dr.

      Professor für Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie

      Université du Luxembourg

      Department of Behavioural and Cognitive Sciences

      11, Porte des Sciences, L-4366 Esch-sur-Alzette

      [email protected]

      Walitza, Susanne, Prof. Dr. med. Dipl.-Psych.

      Klinikdirektorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie

      Psychiatrische Universitätsklinik Zürich

      Neumünsterallee 9, CH-8032 Zürich

      [email protected]

      Walter, Marc, Prof. Dr. med.

      Chefarzt und stv. Klinikdirektor

      Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel

      Wilhelm Klein-Strasse 27, CH-4002 Basel

      [email protected]

      Weichbrodt, Johann, Dr. sc.

      Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Teamleiter

      Fachhochschule Nordwestschweiz

      Hochschule für Angewandte Psychologie

      Riggenbachstrasse 16, CH-4600 Olten

      [email protected]

      Wolff, Kira, Dr. med.

      Oberärztin der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

      Zentrum für Psychische Gesundheit

      Universitätsklinikum Frankfurt

      Heinrich-Hoffmann-Straße 10, D-60528 Frankfurt am Main

      [email protected]

      Geleitwort: Wenn du das Virus aushalten willst, richte dich auf den Widerstand ein – ein philosophischer Kommentar

      Olivier Del Fabbro

      1910, im Antlitz des 1. Weltkrieges, schreibt der US-amerikanische Philosoph, Psychologe und Arzt William James einen Aufsatz mit dem Titel The Moral Equivalent of War – Das moralische Äquivalent des Krieges (James 1987). James behauptet hier, dass die Geschichte ein Blutbad ist – »History is a bath of blood« (James 1987, S. 1282). Die Aussage bezieht sich auf die brutale und grausame Menschheitsgeschichte, die zahlreichen Kriege, Revolutionen und bewaffneten Kämpfe jeglicher Art.

      James’ Essay will dem Krieg den Krieg erklären. Doch auch wenn James sich als Pazifist sieht, ist er nicht ›naiv‹, wie er selbst zugibt. Er weiß nur zu gut, dass Kriegsbefürworter sich nicht von Friedensrhetorik überzeugen lassen. Patriotismus oder Skepsis am ›Gutmenschentum‹, wie man heute sagt, sind zu tief im Idealismus solcher Kriegsbefürworter verankert. Wie aber sollen letztere überzeugt werden?

      James sieht zwei Möglichkeiten. Erstens muss man in den kriegerischen Tugenden, wie zum Beispiel der Furchtlosigkeit und dem Gehorsam von Befehlen, Werte sehen, die es auch heute noch zu verteidigen gilt. Und zweitens lassen sich diese Werte ohne Probleme auf den zivilen Alltag übertragen. Das Leben, so James, ist hart. Menschen schuften und erleiden alltäglich Schmerzen. Heroisch wird deswegen nicht mehr nur gegen eine gegnerische Armee gekämpft, sondern ganz allgemein gegen die Natur. Fensterputzer und Tellerwäscher, Minenarbeiter und Straßenbauer, sie alle, so James weiter, bezahlen ihre Blutsteuer im alltäglichen Kampf gegen die Natur.

      Seit Beginn des Jahres 2020 wurde dies wieder besonders deutlich. Bereits kurz nach dem Ausbruch der Pandemie wurde kriegsmetaphorisch gesprochen: Macron, Trump und sogar der Papst äußerten sich über die Pandemie als Kriegssituation und bezeichneten das Virus als Gegner, den es zu bekämpfen gilt, wobei Ärzte und Pflegekräfte die Soldaten sind, die an der Front kämpfen (Del Fabbro 2020, S. 16 f.). Doch mittlerweile kämpfen, nach den vielen Restriktionen und unzähligen Ausgangssperren, nicht mehr nur Ärzte und Pflegekräfte an der Front, auch der Alltagsbürger und die Bevölkerung selbst befinden sich im Krieg. Die deutsche und die südkoreanische Regierung zum Beispiel versuchen mit Videokampagnen die Bürger ihres Landes, mal ironisch mit Witz und sarkastisch als Faulpelz auf der Couch (Bundesregierung 2020), mal als heldenhafte Kämpfer begleitet von dramatischer Musik (KCIS 2020), zu stilisieren und anzusprechen. Ersteres tritt wohl jenen zu Nahe, die an der Isolation, aus welchen Gründen auch immer, leiden. »Nichts tun«, wie es im Video heißt, ist nicht immer lustig. Das südkoreanische Video erscheint eher wie ein Propaganda-Video, das versucht, Leid und Elend angesichts der alltäglichen hochstilisierten Helden unter den Teppich zu kehren. Zur Propaganda dient auch die seit Winter 2020 installierte Ausstellung in Wuhan, die die Bekämpfung des Virus seitens der kommunistischen Partei Chinas glorifizierend darstellt (Wurzel 2020).

      Doch wer in den Krieg zieht, benötigt realistisch betrachtet weit mehr als nur Ideologie, kriegerische Tugenden oder Witz. Es benötigt auch Handfestes wie logistische Organisation, Strategie, Material, heute wie immer schon die jeweils verfügbaren hochtechnologischen Waffen, gut ausgebildete Soldaten. Die Kriegsgeschichte lehrt uns, dass derjenige mit den besseren Waffen und der schlaueren Strategie gewinnt und nicht Moral oder Ideologie (Morris 2015). Doch wie schützen Menschen sich gegen die sie bedrohende Natur? Wie passen sie sich dieser Bedrohung an? Welche Strategie entwickeln sie?

      Solche Probleme werden heute nicht individuell, sondern strukturell, d. h. institutionell angegangen. Von Ministerien oder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis hin zu Krankenhäusern und Altenheimen. Egal, wie diese Institutionen konkret organisiert sind, sie alle haben eine duale Machtstruktur, die sich von der Makrostruktur der Entscheidungsträger bis zur Mikrostruktur der einzelnen vor Ort operierenden Akteure durchzieht. Je mehr eine Institution auf ihre auf dem Feld Operierenden hört, weil diese am meisten Einblick in die Sachlage haben, desto pragmatischer, will heißen: anpassungsfähiger an neue Problemlagen ist sie (Ansell 2011). Es geht also nicht darum, Hierarchien aufzulösen, sondern Entscheidungsträger, d. h. Manager, Generäle und Politiker davon zu überzeugen, dass der einzelne Soldat, Arzt, Pfleger auf dem Schlachtfeld keine passive Marionette, sondern ein aktiver Bestandteil des funktionierenden Apparates ist.

      Als Institution ist die WHO damit unmittelbar an die Erfahrungen und Berichte der Ärzte und Pfleger vor Ort gebunden, und genau das ist auch beim Auftauchen des Virus in Wuhan passiert. Nur hat die chinesische Regierung als Vermittlerin zwischen Ärzten und WHO hier zunächst die Ansteckungsgefahr von Corona heruntergespielt und vertuscht – trotz Warnung der Ärzte – und im wahrsten Sinne des Wortes nichts getan (Mitchell et al. 2020). Donald Trump, der die Chinesen in allen möglichen Aspekten angreift, tritt diesbezüglich in das genau gleiche Fettnäpfchen: Auf der einen Seite die öffentliche Diskreditierung der eigenen wissenschaftlichen Beratergruppe rund um den mittlerweile bekannten Arzt und Immunologen Anthony Fauci und die Wissenschaft per se (Viglione 2020). Auf der anderen Seite das Ignorieren derselben Berater und die Unterminierung ihrer Partizipation in Sachen Entscheidungen durch Trumps Corona-Task-Force-Koordinatorin Deborah Birx (Piller 2020).

      Doch während Politiker und hohe Beamte ihre Machtkämpfe unter sich austragen, sendet CNN mehrfach Berichte von in Tränen aufgelösten Ärzten und Pflegern, die sich entweder selbst infiziert und dadurch im Krankenhaus isoliert seit Monaten ihre Familie nicht mehr gesehen haben oder die von ihren Erfahrungen mit allein sterbenden Personen berichten

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