Dein Herz lebe auf!. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Dein Herz lebe auf! - Группа авторов страница 2

Dein Herz lebe auf! - Группа авторов

Скачать книгу

doch kommen einem angesichts von so unendlich viel Not, Krankheit und Tod – in der eigenen Familie und weltweit – Worte der Zuversicht nur schwer über die Lippen.

      Worte gut geerdeter Hoffnung bieten uns die Schriften der Bibel. Sie beschreiben tiefe Erfahrungen der Menschen mit Gott durch die Jahrtausende und auch Erfahrungen Gottes mit seinen Menschen. Es sind durch Höhen und Tiefen des Lebens gereifte Worte, an denen wir uns in Gottesdienst und Besinnung orientieren können.

      Da ist es ein besonderes Geschenk, dass viele deutsche Bischöfe in diesem Buch versuchen, tröstende Bibeltexte für die aktuell so herausfordernde Zeit und darüber hinaus zu erschließen. Wir wollen und dürfen nicht schweigen von der Hoffnung, die uns Christen erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15). Mögen diese Texte vielen zu „Quelle und Brot in Wüstennot“ werden, wie es im Lied heißt (GL 453).

      Von Herzen danke ich meinen Mitbrüdern und dem Verlag für die zügige Bereitung dieses Buches.

      BISCHOF FRANZ-JOSEF BODE

      VORSITZENDER DER PASTORALKOMMISSION

      DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ

      Auf das Bleiben kommt es an

      BISCHOF DR. STEPHAN ACKERMANN

      1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer. 2 Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. 3 Ihr seid schon rein kraft des Wortes, das ich zu euch gesagt habe. 4 Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. 6 Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. 8 Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet. 9 Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! 10 Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. 11 Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. 12 Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. 13 Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. 14 Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. 15 Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. 16 Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet. 17 Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt.Joh 15,1–17

      Schon oft habe ich über diese Verse meditiert, die mir über Jahre zum Teil dunkel und verschlossen vorkamen. Heute gehören gerade die eher sperrigen Passagen zu meinen Trostworten für schwere Zeiten.

      Die Verse gehören zu den sogenannten Abschiedsreden Jesu im vierten Evangelium. Nach dem Zeugnis des Evangelisten spricht Jesus diese Worte im Abendmahlssaal nur wenige Stunden, bevor er aus dem eigenen Kreis verraten wird und seine Leidensgeschichte beginnt. Auch wenn der Text als solcher natürlich erst nach Ostern niedergelegt wurde und in ihn schon die Erfahrung eingeflossen ist, dass Jesus auferstanden ist und lebt, so atmen die Worte dennoch die Schwere der ursprünglichen Situation, die geprägt ist von den großen Themen Freundschaft, Liebe, Verrat, Abschied und Auftrag. Insofern eignet sich der Text unbedingt als biblischer „Notproviant“ für schwere Stunden.

      Aus den dichten Versen möchte ich nur drei Schlüsselworte herausgreifen, an die ich – manchmal unwillkürlich – immer wieder denken muss. Ich beginne am Schluss:

      Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt … (Vers 16).

      Diese Worte klingen aufs erste Hören nicht gerade wie ein wohltuendes Trostwort. Sie klingen autoritär und belehrend, gerade so, als ob Jesus an diesem letzten Abend seinen Jüngern noch einmal sagen wollte, wer der eigentliche Chef ist. Gerade für uns Heutige, die wir in einer so freiheitsliebenden Welt leben, wirken die Worte Jesu befremdlich. Wir wollen nicht einfach das Vorbestimmte und Vorgestanzte wählen. Andererseits spüren wir, dass die Freiheit nicht selten umkippt; sie wird ein Zwang zum Wählen. Dann ist sie eine Belastung und wir erkennen: Ich werde nicht automatisch glücklicher, je mehr ich wählen darf. Nein, das tiefste Glück besteht darin, erwählt zu werden. Ob nicht die Depression vieler Zeitgenossen ihren Grund darin hat, dass sie sich zwar vor viele Wahlmöglichkeiten gestellt sehen, aber nicht erleben, dass sie erwählt werden, das heißt, dass jemand sich für sie interessiert und sie erwählt als Lebenspartner/-in, als Freund/-in, als Ratgeber/-in oder schlicht als Arbeitnehmer/-in …

      Wenn Jesus sagt: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt, dann beschreibt er damit das eigentliche Glück eines jeden Jüngers, eines/-r jeden Getauften, letztlich eines jeden Menschen. Es besteht in der Erfahrung: Da ist einer, der mich sieht, der mich kennt, der mich will. Entspricht diese Schrittfolge, Gewählt-Werden – Selbst-Wählen, nicht auch der konkreten Geschichte unseres persönlichen Glaubens? Lange bevor wir uns bewusst für den Glauben entscheiden konnten, kamen der Glaube und die Botschaft und damit Jesus Christus selbst auf uns zu. Wann immer ein Mensch den Glauben wählt, ist diese Wahl letztlich „nur“ Antwort und Reaktion auf Gottes Wahl.

      Für mich haben die Worte Jesu deshalb etwas sehr Entlastendes, gerade auch in den Zeiten, in denen mich Zweifel befällt, ob die Botschaft des Glaubens tatsächlich so stark und so wahr ist, wie wir es mit der ganzen Kirche bekennen. Dann denke ich an Jesu Satz „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“ Er sagt mir: Jesus selbst übernimmt die Verantwortung für die Wahrheit seiner Worte. Ich habe mir sie nicht selbst ausgedacht. Sie sind nicht das Ergebnis meines Nachdenkens. Es sind seine Worte. Deshalb kann ich mich ihnen anvertrauen.

      Bleibt noch die Frage, ob ich diese Worte überhaupt als Worte Jesu auf mich anwenden darf? Hat Jesus sie im Abendmahlssaal nicht zu den Zwölf, also zum engsten Jüngerkreis gesprochen? Was berechtigt dazu, diese Worte auf alle Christen hin auszudehnen? Es ist Jesus selbst. Erinnern wir uns nur, wie er den Menschen begegnet, mit denen er zusammentrifft. Er hat nicht nur einen Blick für diejenigen, die er in die unmittelbare Nachfolge berufen will. Er sieht voll Liebe auch diejenigen, die sich nicht trauen, sich ihm vorzustellen: Zachäus (Lk 19,1–6), die an Blutfluss erkrankte Frau (Mk 5,25–34), die Kinder, die nicht zu ihm vorgelassen werden (Mk 10,13–16), den Gelähmten, der die Hoffnung auf Heilung längst aufgegeben hat (Joh 5,2–8) … Sie alle lässt er durch die Art, wie er mit ihnen umgeht, wissen: Du bist nicht irgendwer, sondern du bist eine geliebte Tochter, ein geliebter Sohn Gottes.

       Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er [mein Vater, der Winzer,] ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. (Vers 2)

      Auch diese Sätze klingen herb und schmerzhaft, selbst für die Reben, die nach Jesu Verständnis Frucht bringen. Denn so gut es der Winzer auch mit dem Weinstock meinen mag: Reinigung heißt nicht Streicheln. Reinigung meint Bearbeitung, Hochbinden (nicht selten in eine Richtung, in die die Reben von selbst nicht wachsen würden) und Beschneiden. Damit ist der Schmerz offen angekündigt. Wundern wir uns also nicht, wenn uns der Glaube nicht vor Schmerz bewahrt, ja vielleicht sogar dazu führt, dass wir manches in unserem Leben noch schmerzlicher wahrnehmen als Menschen, die nicht gläubig sind, oder solche, die sich über so manches in unserer Welt weniger Gedanken machen.

Скачать книгу