Perry Rhodan 2306: Die Kristallbörse. Horst Hoffmann
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Damit wandte er sich um und ging.
»Das … kann er nicht machen!«, platzte es aus Tugasha heraus. Sie lachte hilflos, stemmte die Hände in die Hüften und drehte sich zu ihren Brüdern und Jorgas um. »Was steht ihr da und haltet Maulaffen feil? Der … der Kerl hat nicht das Recht, so mit uns umzuspringen! Was bildet der sich ein? Er hat nicht einmal die Arkoniden befragt, geschweige denn uns!«
Doch hinter dem Kämmerer und den beiden Uniformierten hatte sich die Wand schon wieder geschlossen. Die Gardisten, die sie hierher geführt hatten, zogen ihre Strahlwaffen und richteten sie auf die fünf Springer.
»Ich könnte ihm mit bloßen Händen den Hals umdrehen«, knurrte der Patriarch. »Aber er kann es, Tochter. Er kann hier alles tun, was er will. Aber ich schwöre euch, der sieht uns nicht wieder! Doch hören – hören wird er noch von uns!«
»In einem anderen Leben«, sagte einer der Gardisten und winkte mit dem Lauf der Waffe. »Abmarsch, die Herren, die Dame.«
*
D. Manning Ostro war ein Killer. Er arbeitete allein. Niemand außer seinem jeweiligen Auftraggeber hatte ihm etwas zu sagen. Er war von keinem Menschen abhängig, er war sein eigener Herr. Und wer ihn engagierte, musste dafür gut bezahlen. Ostro tötete für Geld, viel Geld. Diesem Götzen hatte er sein Leben geweiht. Er hatte es auf die verschiedensten Weisen versucht und herausgefunden, dass er seine Gier nur auf die eine Art stillen konnte – nämlich indem er das tat, wovon er am meisten verstand.
Jetzt allerdings war er im Zweifel.
Der korpulente, 77-jährige Plophoser, einen Meter siebzig groß, hellblonde Haare, graugrüne Augen, betrachtete versonnen das kleine Handfunkgerät in seiner Hand. Er saß in seiner Kabine und hatte die Beine übereinander geschlagen. Noch war es ein Funkgerät, ein handliches, sauberes und vor allem legales kleines Ding, ein technisches Spielzeug, das selbst die strengen Kontrollen auf LE-prachtvoll passiert hatte. Für ihn war es eine Lebensversicherung.
Nicht nur das Gerät täuschte. D. Manning Ostro sah man sein tödliches Geschäft nicht an. Er besaß das Äußere eines Kaufmanns. Er redete und bewegte sich wie ein gemächlicher Händler, ein Durchschnittsmensch, ein Spießer. Wer darauf hereinfiel, irrte sich nicht nur auf eine Art.
Ostros Lächeln war gutmütig, wenn er unter Leuten war. Allein in seiner teuren Kabine, war es kalt. Er schien in sich hineinzulauschen, aber er träumte nicht. Er hätte die Augen schließen können und auch dann alle Informationen bekommen, die er benötigte, um seinen Auftrag bald und schnell ausführen zu können. Er hatte alles, was er dazu brauchte, in sich, in seinem Kopf.
Der Auftrag war für ihn ein Kinderspiel. Er hätte ihn vielleicht abgelehnt, wenn er nicht so verdammt gut honoriert worden wäre. Das Geld hatte er sich im Voraus geben lassen. Er arbeitete zu harten Bedingungen, die man entweder akzeptierte oder sich einen anderen suchte. Doch einen Besseren fand man so leicht nicht. Ostros Referenzen waren gut und echt – vielleicht das einzig Echte an ihm.
Das Opfer war schon so gut wie tot, die Vollstreckung nur eine Formsache. D. Manning Ostro sah genau vor sich, wie es geschehen würde. Es war wie eine mathematische Gleichung. Er musste es nur noch tun. Danach würde er den Kopf frei haben für die anderen Dinge, die wirklich zählten.
Der Faktor Zufall existierte für den Killer nicht. Er hatte hierher gewollt, nach LE-prachtvoll, in die Kristallbörse. Denn kein Honorar stillte seine Gier nach Geld und dem, was er dafür kaufen konnte. Irgendwann in seinem Leben musste ihm der ganz große Coup gelingen, das hatte er immer gewusst. Er hatte hierher gewollt, und nun war er da.
In seinem Kopf tickte es. Er starrte auf das kleine Funkgerät, doch was er wirklich sah, waren andere Bilder und Kolonnen von Daten und Zeichen. Er sah Wahrscheinlichkeiten und mögliche Realitäten wie auf einer inneren Leinwand. Er stellte Berechnungen an, wie nur ein Kopf es konnte, in dem sich unzählige Nano-Neuralimplantate befanden, die mit dem organischen Teil seines Gehirns ebenso fest verbunden waren wie mit der äußeren Welt.
Er war der Mann, der für Geld tötete.
Er war der, der sich drahtlos in fast jede Positronik einloggen und unbemerkt manipulieren konnte. Und nicht nur das. Er konnte sie »glauben« lassen, dass er mehr sei als der, den sie auf der ersten Ebene registrierten.
Zum Beispiel eine kleine Armee.
D. Manning Ostros Hand strich langsam und sanft über das kleine Gerät wie über ein geliebtes Spielzeug. Es wurde Zeit.
*
Und Thomasz Emanuel?
Emanuel, Venusgeborener, 63 Jahre alt, untersetzt und kahlköpfig, brauchte sich weder zu tarnen noch zu verstecken. Er trug das, was er war, offen zur Schau. Dazu brauchte er keine Kutte und keine andere Art von »Uniform« – er gehörte keiner Kirche an. Doch Thomasz Emanuel war ein Diener Gottes, der nach LE-prachtvoll gekommen war, um sündige Seelen zu reinigen. Denn davon gab es viele an Bord dieser Plattform. Der Teufel steckte sowohl in Händlern als auch in denjenigen, die sich der Spiellust hingaben. Aber er sah ihn. Er erkannte Satan, wenn er ihm begegnete.
Er half gern, das war seine Berufung. Und wenn eine befreite Seele sich auch noch erkenntlich zeigen wollte – bitte schön, er lehnte fromme Gaben nicht ab. Gesegnetes Brot sollte man nicht von sich weisen, war eine seiner Lebensregeln.
Bis vor fünfzehn Jahren hatte Emanuel auf der BASIS gegen das Böse gekämpft und dabei schließlich solch durchschlagende Erfolge erzielt, dass er, nach mehreren Verwarnungen, Kasinoverbot bekommen hatte. Geschäftsschädigung, hatten sie gesagt. Seitdem hatte er seinen Feldzug auf den Welten des Solsystems geführt.
Und nun auf LE-prachtvoll.
Er musste vorsichtig sein, wenn ihm nicht das Gleiche passieren sollte wie in der BASIS. Er kannte den Kämmerer nicht. Er wusste nicht, wessen Werkzeug er war. Er wusste nur, dass mit ihm nicht zu spaßen war.
Aber vielleicht würde er schon bald mehr wissen.
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