Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband). Uwe Anton
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Ben starrte wie gebannt auf den Hologlobus und sah, wie das brennende Schiff ohne weitere Vorwarnung das Feuer eröffnete. In der Falschfarbendarstellung löste sich ein roter Strahl aus dem riesigen Schlachtschiff und traf die im Verhältnis geradezu winzige JOURNEE. Oder vielmehr auf den blau leuchtenden Paratronschirm, der sie inzwischen umgab und nun von einer Sekunde zur anderen verschwand, als hätte er nie existiert.
Die Intervallwirkung dieses einen Schusses genügte, um den Paratronschirm der JOURNEE zu zerschmettern, der wegen des Energiemangels noch nicht seine maximale Kapazität erreicht hatte.
Nein!, dachte Ben. Von einer Sekunde zur anderen waren die Raumfahrer an Bord der JOURNEE praktisch schutzlos.
Das Leid einer ganzen Galaxis ...
Dann wurde ihm der Boden unter den Füßen weggerissen.
Tausend Gedanken gingen Zim November in dieser Sekunde durch den Kopf.
Julie.
Seine Freundin, die ihn schimpflich im Stich gelassen hatte. Es war ganz seltsam. Er hatte sie geliebt, mehr als alles andere auf der Welt. Und nachdem sie ihn dermaßen kalt aus ihrem Leben verbannt hatte, brachte er ihr nicht einmal Zorn, geschweige denn Hass entgegen. Sie war für ihn einfach nicht mehr vorhanden. Wollte er sein Leben bewältigen, musste er sie einfach vergessen.
Er musste in dieser Hinsicht hart sein, und diese Härte schmerzte, drohte sein Herz zu zerreißen.
Perry Rhodan.
Der Terranische Resident schien aus Gründen, die Zim völlig uneinsichtig waren, große Stücke auf ihn zu halten. Er hatte ihm in Tradom ein Kommando gegeben, und letzten Endes hatten wahrscheinlich weder die Kommandantin noch der Erste Pilot der LEIF ERIKSSON die Entscheidung getroffen, dass der junge Absolvent der Emotionautenakademie von Terrania den Flug der LEIF in die fremde, feindliche Galaxis mitmachen durfte. Zim vermutete, dass Rhodan dies bestimmt hatte. Aber aus welchem Grund? Was sollte er davon halten?
Die JOURNEE.
Bei ihr war es genau wie bei der LEIF. Er war Emotionaut. Meine Arme sind sechsfach gestaffelte Paratronschirme oder Prallfelder oder Transformkanonen. Meine Beine sind Metagrav- oder Protonenstrahl- oder Gravojettriebwerke. Mein Körper besteht aus Hypertropzapfern oder Nugas-Schwarzschild-Reaktoren oder Fusionsreaktoren. Meine Augen sind eine Maxim-Orter-Ringphalanx, meine Ohren SPARTAC-Feldteleskope, meine Nervenenden Tiefenraumsensoren. Ich bin dann nicht mehr ich und gleichzeitig viel mehr als ich.
Sie war sein Schiff.
Der Feind.
Er brauchte keine Holoprojektionen. Er war das Schiff.
Er war die Orterinstrumente, die Schutzschirme, die Triebwerke, die mittlerweile wieder zur Verfügung standen. Aber weite Teile der JOURNEE waren ihm nicht zugänglich, auf zahlreiche Systeme konnte er nicht zurückgreifen, und so kam er sich behindert vor, fast blind, vielleicht sogar verstümmelt und verkrüppelt.
Aber er holte das Letzte aus dem Schiff heraus, und er war das Schiff, er lenkte die Energien um, wie sie benötigt wurden, und er stöhnte auf, weil er so schwach war. So entsetzlich schwach im Vergleich mit diesem Riesen, dem die JOURNEE kaum etwas entgegenzusetzen hatte. Höchstens ihre Schnelligkeit und Gewandtheit.
Zim konzentrierte sich, drängte jedes bewusste Denken zurück und verschmolz geradezu mit den Systemen des Schiffes. Er spürte die Energie heiß und flüssig in den Speichern, und noch heißer in den Reaktoren und Fusionsmeilern, in denen sie entstand.
Aber es war so wenig Energie, so furchtbar wenig, so wenig wie nie zuvor. Der Intervallstrahl traf den Paratron, und der Schirm brach zusammen. Die JOURNEE erzitterte geradezu unter der Wirkung der Waffe, machte einen Satz. Wie aus weiter Ferne hörte Zim Schreie der Überraschung und des Schmerzes ...
Die JOURNEE verkraftet wegen der besonderen Schirme trotz ihrer geringen Größe einen Volltreffer, dachte er. Danach braucht es achtunddreißig Sekunden, bis die volle Schirmstärke wieder erreicht ist.
38 Sekunden ...
Gedankenschnell leitete er fast sämtliche Energie in die Triebwerke. In 38 Sekunden würden sie entkommen oder tot sein ... Es war sinnlos, darauf zu hoffen, den Paratronschirm noch einmal aufbauen zu können. Nur einen kleinen Rest ließ er in die Hochenergie-Überladungsschirme fließen, die HÜ-Notschirme. In der Holodarstellung symbolisierte ein grünes Leuchten die energetische Struktur dieser Schirme mit einer instabilen Librations-Überladungszone.
Aber im Vergleich zu den Paratron-Schirmen waren die HÜ-Schirme schwach, entsetzlich schwach, genauso schwach, wie Zim sich vorkam.
Die Aggregate der JOURNEE arbeiteten weit über ihre eigentliche Leistungsfähigkeit hinaus. Das Schiff zitterte und bockte unter seinen Sinnen, doch er behielt die Gewalt darüber. Er sah Zahlen vor seinen Augen vorbeiziehen, während er gleichzeitig in einer Rasterortung das All und die Manöver des Schlachtschiffs wahrnahm. Er sah, wie das Brennen im Maul des Schiffes wieder greller wurde, als würde die Intervallkanone erneut hochgefahren.
Zim riss die JOURNEE herum, sofern man diesen Ausdruck benutzen konnte. Millionen Kilometer wurden in der Darstellung, die sich ihm bot, zu Metern. Er brauchte nicht die Daten abzulesen, um zu wissen, wie sein Schiff beschleunigte. Er war das Schiff, und das war vielleicht der einzige Vorteil, den sie hatten.
Das Schlachtschiff war mit 17 Prozent Lichtgeschwindigkeit in den Normalraum gestürzt und hatte sofort beschleunigt, um den Vorteil der Schnelligkeit auszunutzen. Jetzt hatte es 24 Prozent erreicht, die JOURNEE nur 18. Doch der Spürkreuzer hatte eine viel höhere Beschleunigung und war viel wendiger als der Schiffsriese, und Zim flog auf einem Fluchtkurs knapp außerhalb der Feuerrichtung der Kanone.
Bei mindestens 45 Prozent der Lichtgeschwindigkeit konnte die JOURNEE in den rettenden Hyperraum eintreten, in dem sie vor dem Angreifer sicher war, bei einem absoluten Notfall eventuell auch schon etwas darunter, aber dafür waren noch viel zu viele Systeme beschädigt. Noch fehlten 27 Prozent. Zim überschlug die Daten im Kopf. 27 Prozent ... eine Ewigkeit.
Die Wendigkeit der JOURNEE zahlte sich aus. Das Feuer zahlreicher Waffensysteme aus den Auslegern des Kriegsschiffs wurde von den HÜ-Notschirmen abgeleitet, doch der fremde Raumer konnte nicht schnell genug herumziehen, um mit der Intervallkanone das kleine, flinke Ziel zu erfassen. Noch nicht.
Zim kitzelte aus dem Triebwerk heraus, was er nur konnte, und überschlug die Geschwindigkeit. Die JOURNEE war jetzt bei 36 Prozent Licht, das Schlachtschiff bei 40. Es beschleunigte noch immer, obwohl es eindeutig nicht in den Überlichtflug eintreten, sondern einzig und allein den Feind vernichten wollte.
Die Sekunden zogen sich dahin ... 38 Prozent Licht ... 41 ... Nur noch wenige Sekunden, doch das flammende Maul des Angreifers kam dem Fluchtkurs der JOURNEE immer näher ...
44 Prozent Licht ... 45!
Geschafft, dachte Zim.
Und schrie auf.
In dem Augenblick, in dem die JOURNEE den rettenden Metagrav-Vortex zum Übergang in den Hyperraum erzeugte, löste das fremde Kriegsschiff ein zweites Mal seine Intervallkanone