Bekenntnisse-Confessiones. Aurelius Augustinus
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Die neuplatonische Philosophie lieferte Augustin zunächst das gedankliche Rüstzeug für eine methodische Reflexion der christlichen Glaubensinhalte, also für die Theologie im engeren Sinne. Bereits in den »Confessiones« wird aber deutlich, dass Augustin damit den christlichen Glauben nicht an eine diesem wesensfremde Philosophie preisgibt, sondern dass er an entscheidenden Stellen die Voraussetzungen des Neuplatonismus durchbricht, um dem spezifisch Christlichen Raum zu geben. Seine Auffassung von der Gnade Gottes und der Inkarnation des göttlichen Logos sind hier die klarsten Beispiele. Das Christentum passt sich so nicht einfach einer vorgegebenen Weltsicht an, sondern es wird selbst zum verändernden Ferment der Geistesgeschichte.
Die bereits erwähnten beiden großen »philosophischen« Textabschnitte über das Gedächtnis und die Zeit zeigen, dass der christliche Glaube sich nicht nur in eine vorgegebenen philosophischen Begrifflichkeit einfügt, sondern die philosophische Reflexion seinerseits befruchtet und weiterführt. In seiner Auseinandersetzung mit den »Akademikern« (die eine skeptische Weltanschauung vertraten) nimmt Augustinus auf seine Weise das philosophische Argument des »Ich denke, also bin ich« des René Descartes vorweg, der mit dieser Überwindung des methodischen Zweifels den Anfangspunkt der neuzeitlichen, vom denkenden Subjekt ausgehenden Philosophie gesetzt hat.
Und schließlich erweist sich Augustin am Ende der »Confessiones« als ein Meister der allegorischen Schriftauslegung. Für einen philosophisch Gebildeten seiner Zeit bot die Bibel der Christen – gemessen an den hochstehenden Reflexionen und der kunstvollen literarischen Darstellungsweise der einflussreichen philosophischen Werke, die zum Bildungsbestand jener Zeit gehörten – hauptsächlich Sperriges und Befremdliches. Erst die Predigten des Mailänder Bischofs Ambrosius und deren allegorische Auslegung der Schrift eröffneten Augustinus selbst den Zugang zur Bibel, und in seinem späteren Wirken als Bischof von Hippo, dem ja vor allem das Predigtamt oblag, brachte Augustin die allegorische Exegese zu neuer Blüte. In den »Bekenntnissen« widmet er sich der Auslegung der Schöpfungsgeschichte, die auch in seinem späteren Wirken ein zentrales Thema bleiben wird.
Um einen Text der Antike heute angemessen lesen zu können, ist es unabdingbar, sich zu vergegenwärtigen, in welcher Zeit er entstand. Man datiert die Entstehung der »Confessiones« allgemein in die Zeit von 397 – 401. Der Niedergang des weströmischen Reiches zeichnete sich bereits ab. Im Jahr 410 eroberten die Goten Rom, und Augustinus selbst stirbt im Jahr 430, als die Vandalen Hippo belagerten. Im »Gottesstaat« legt Augustinus nach der Eroberung Roms durch die Goten selbst eine Geschichtstheologie vor, mit Hilfe derer er dieses Ereignis verarbeitet und deutet. Die Abfassung der »Confessiones« liegt vor diesen Ereignissen. Dennoch spiegelt dieses Buch die geistige Situation einer atemberaubenden Umbruchszeit wider. Das Christentum war seit Konstantin »religio licita«, also anerkannte Religion, der Restaurationsversuch des alten Götterglaubens unter Kaiser Julian war gescheitert, aber trotz der immer stärkeren Etablierung des Christentums lebten einerseits die alten paganen Traditionen mächtig fort, andererseits traten Weltanschauungen, Mythologien und Philosophien – wie etwa der Manichäismus – auf den Plan, die für das junge Christentum zur großen Herausforderung wurden. Erst in Abgrenzung von ihnen bildete sich allmählich sein Profil heraus. Die dramatischen geistigen Auseinandersetzungen, die in Augustins eigenem Lebensweg selbst erkennbar sind, tragen wohl die typischen Zeichen einer Epoche, deren Niedergang sich klar abzeichnete. Möglicherweise ist auch dies ein Aspekt der Aktualität dieses antiken Textes.
Die Übersetzung von Otto F. Lachmann zeichnet sich vor allem durch das Bemühen um gewissenhafte Texttreue aus, die die oft verschlungenen Gedankengänge Augustins keiner falsch verstandenen Anbiederung an unsere Alltagssprache opfern. Die sprachliche Eleganz und ein flüssiger Stil machen uns Heutigen einen Text »lesbar« und zugänglich, der mit Fug und Recht als einer der Quellentexte unserer abendländischen Kultur gelten darf.
Bruno Kern
Erstes Buch
Erstes Kapitel
Groß bist du, o Herr, und deines Lobes ist kein Ende; groß ist die Fülle deiner Kraft, und deine Weisheit ist unermesslich. Und loben will dich der Mensch, ein so geringer Teil deiner Schöpfung; der Mensch, der sich unter der Last der Sterblichkeit beugt, dem Zeugnis seiner Sünde, einem Zeugnis, dass du den Hoffärtigen widerstehest; und doch will dich loben der Mensch, ein so geringer Teil deiner Schöpfung. Du schaffest, dass er mit Freuden dich preise, denn zu deinem Eigentum erschufst du uns, und ruhelos ist unser Herz, bis es ruhet in dir. Kläre mich auf, o Herr, und lass mich erkennen, ob wir dich zuerst anrufen oder dich preisen; ob wir dich eher erfassen als anrufen sollen. Doch wer ruft dich an, solange du ihm unbekannt bist? Könnte dich, der dich nicht erkennt, statt des einen ein anderes Wesen anrufen? Oder wirst du zuvor angerufen, auf dass du erkannt werdest? Wie sollen sie aber anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber glauben an den, der ihnen nicht geprediget worden? Loben werden den Herrn, die ihn suchen. So ihn aber suchen, werden ihn finden, und die ihn finden, werden ihn loben. Ich will dich suchen, o Herr, im Gebet, und ich werde dich anrufen im Glauben: Denn du bist uns verkündiget worden. Mein Glaube, den du mir gegeben, o Herr, ruft dich an, mein Glaube, den du mir einhauchtest durch die Menschwerdung deines Sohnes, durch die Vermittlung deines Predigers.
Zweites Kapitel
Wie aber soll ich anrufen ihn, meinen Gott und Herrn? Denn zu mir hinein rufe ich ihn ja, wenn ich ihn anrufe. Wie heißt die Stätte, dahin mein Gott komme zu mir, wohin der Gott komme zu mir, der Himmel und Erde gemacht hat? So ist also, Herr, mein Gott, etwas in mir, das dich zu fassen vermag? Fassen dich denn Himmel und Erde, die du gemacht hast und in deren Bereich du mich geschaffen? Oder fasst dich deshalb alles, weil ohne dich nicht wäre, was ist? Da nun auch ich bin, was bitte ich dich denn, in mich zu kommen, der ich nicht wäre, wenn du nicht wärst in mir? Denn noch bin ich nicht im Reiche des Todes, und doch bist du dort. Denn bettete ich mich auch in die Hölle, siehe, so bist du auch da. Ein Nichts wäre ich, mein Gott, wäre überhaupt nicht vorhanden, wenn du nicht wärest in mir. Oder ich wäre vielmehr nicht, wenn ich nicht wäre in dir, von dem alles, durch den alles, in dem alles ist. Ja, so ist es, so ist es, o Herr. Wenn ich dich anrufe, wohin rufe ich dich, da ich ja bin in dir? Von woher sollst du kommen zu mir? Wohin sollte ich wohl gehen über Erde und Himmel hinaus, dass von da käme zu mir mein Gott, der da gesprochen: »Bin ich es nicht, der Himmel und Erde füllet?«
Drittes Kapitel
Fassen dich also Himmel und Erde, weil du sie erfüllst? Oder erfüllst du sie doch nur teilweise, da sie dich nicht völlig fassen? Und wohin ergießest du den Überfluss, wenn Himmel und Erde von dir erfüllt sind? Oder bedarfst du keines Gefäßes, das dich als Ganzes enthält, der du alles fassest? Denn alle Gefäße, die du erfüllst, erfüllst du, indem du sie zusammenhältst. Denn nicht die Gefäße, die dich beschließen, geben dir feste Selbstständigkeit; denn wenn sie auch zerbrochen würden, wirst du doch nicht ausgeschüttet. Und wenn du (im Heiligen Geiste) über uns ausgegossen wirst, so liegst du nicht darnieder, sondern richtest uns auf; du wirst nicht zerstreut, sondern sammelst uns. Aber der du alles erfüllst, erfüllst du alles in deiner Gesamtheit? Oder, weil nicht jegliches dich in deiner Gesamtheit zu fassen vermag, umfasst es nur einen Teil deines Wesens und umfasst