Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Galileio Galilei

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme - Galileio Galilei страница 43

Автор:
Серия:
Издательство:
Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme - Galileio Galilei

Скачать книгу

freiwillig von Natur aus zu ihr auf geradem Wege zurückkehren, so auch die Annahme gerechtfertigt sei – vorausgesetzt, dass eadem est ratio totius et partium –, es werde die Erdkugel in ihre natürliche Lage in geradliniger Bewegung zurückkehren, sobald sie daraus gewaltsam entfernt würde. Dies, wie gesagt, wäre das Einzige, was man Euch einräumen könnte, wenn man Euch sehr entgegenkommen wollte. Wollte man aber strengere Kontrolle üben, so könnte man erstens in Abrede stellen, dass die Teile der Erde nach ihrer Trennung vom Ganzen zu diesem in geradliniger Bewegung zurückkehren und nicht etwa in kreisförmiger oder in gemischter; es sollte Euch schwer genug fallen, das Gegenteil zu beweisen, wie Ihr deutlich aus den Erwiderungen auf die von Aristoteles und Ptolemäus angeführten speziellen Gründe und Erfahrungen ersehen werdet.38 Wenn zweitens jemand behaupten wollte, dass die Teile der Erde sich nicht bewegen, um sich nach dem Mittelpunkte derW e l tzu begeben, sondern um sich mit dem Ganzen zu vereinigen, zu dem sie gehören, dass sie also den Trieb nach dem Mittelpunkte derE r d ehaben, welchem einmütigen Trieb zufolge sie deren Bildung und Erhaltung überhaupt erst ermöglichen: Wo wolltet Ihr da ein anderes Ganzes und einen anderen Mittelpunkt auftreiben, nach welchen die gesamte Erdkugel bei einer etwaigen Störung ihrer Lage zurückkehren sollte, damit das Verhalten des Ganzen mit dem seiner Teile übereinstimme? Nehmt hinzu, dass weder Aristoteles noch Ihr jemals beweisen werdet, die Erde befinde sich de facto im Mittelpunkte des Weltalls; wenn man vielmehr dem Weltall überhaupt einen Mittelpunkt zuschreiben kann, so ließe sich eher die Sonne als solcher betrachten, wie Ihr im Verfolg unserer Erörterungen ersehen werdet.

      Natürlicher Trieb der Teile eines jeden Weltkörpers nach dessen Mittelpunkt hin sich zu begeben.

      Wie nun aus dem übereinstimmenden Streben aller Teile der Erde zum Ganzen sich ergibt, dass diese von allen Seiten mit gleichem Triebe zu ihr hineilen und, um sich so eng als möglich mit ihr zu vereinigen, sich ihr kugelförmig anlagern, warum sollen wir nicht annehmen, dass der Mond, die Sonne und die anderen Weltkörper gleichfalls nur wegen des übereinstimmenden Triebes und des natürlichen Zusammenstrebens aller sie zusammensetzenden Teile von runder Gestalt sind? Wenn irgendeinmal durch irgendwelche Gewalt ein Teil von seinem Ganzen losgerissen würde, wäre es nicht vernünftig anzunehmen, dass er von selbst durch natürlichen Trieb dahin zurückkehrte? Und in diesem Sinne zu behaupten, dass die geradlinige Bewegung allen Weltkörpern zukommt?22

      Geradlinige Bewegung schwerer Körper durch die Sinne wahrgenommen.

      Aristotelischer Beweis dafür, dass die schweren Körper sich bewegen, um nach dem Mittelpunkte des Weltalls zu gelangen.

      Die schweren Körper bewegen sich per accidens nach dem Erdmittelpunkte.

      Die Folgen einer unmöglichen Annahme zu untersuchen, ist ein eitles Unternehmen.

      Himmelskörper nach Aristoteles weder schwer noch leicht.

      Simpl. Sicherlich werdet Ihr niemals überzeugt oder von irgendeiner vorgefassten Meinung abgebracht werden können, da Ihr die Axiome der Wissenschaften nicht nur, sondern sogar handgreifliche Erfahrungen und die Sinneswahrnehmungen selber leugnen wollt. Nicht sowohl vermöge Eurer Beweise werde ich meinen Widerstand aufgeben, als vielmehr weil contra negantes principia non est disputandum.39 Um auf das soeben von Euch Vorgebrachte einzugehen, so frage ich Euch – da Ihr gar in Zweifel zieht, ob die Bewegung der schweren Körper geradlinig sei oder nicht –, wie könnt Ihr vernünftigerweise leugnen, dass die Teile der Erde, d. h. die allerschwersten Stoffe, sich abwärts gegen den Mittelpunkt hin in gerader Linie bewegen. Wenn Ihr solche von einem sehr hohen Turme, dessen Wände genau eben und senkrecht gebaut sind, herabfallen lasst, so streichen sie doch dicht an diesen Wänden hin und treffen aufs Haar in demselben Punkt auf die Erde, wo sich der Fußpunkt eines Bleilotes befinden würde, welches genau an der Stelle oben befestigt ist, von wo aus man den Stein fallen ließ? Ist das nicht ein mehr als evidenter Beweis, dass solche Bewegung geradlinig und gegen den Mittelpunkt hin gerichtet ist? Ferner zieht Ihr in Zweifel, dass die Teile der Erde sich deshalb bewegen, um, wie Aristoteles behauptet, nach dem Mittelpunkte der Welt zu gelangen: Als hätte er es nicht mit triftigen Gründen durch die Lehre von den entgegengesetzten Bewegungen bewiesen, indem er in folgender Weise argumentiert.40 Die Bewegung der schweren Körper ist der der leichten entgegengesetzt; die Bewegung der leichten findet aber, wie man sieht, geradewegs nach oben statt, d. h. nach dem Umfange der Welt zu, also ist die Bewegung der schweren gerade nach dem Mittelpunkte der Welt gerichtet; und per accidens41 geschieht es, dass sie nach dem Mittelpunkte der Erde gerichtet ist, da dieser tatsächlich mit jenem zusammenfällt. Dann aber gar untersuchen zu wollen, wie ein Teil des Mond- oder Sonnenballs sich verhielte, wenn er von dem ganzen Balle losgelöst würde, ist ein eitles Unternehmen; denn das heißt doch die Folgen einer unmöglichen Annahme untersuchen. Sind ja doch, wie Aristoteles gleichfalls beweist, die Himmelskörper unveränderlich, undurchdringlich, unzerbrechlich, so dass Eure Annahme sich nicht verwirklichen kann. Geschähe es aber dennoch, und der losgerissene Teil kehrte zum Ganzen zurück, so würde er es nicht, insofern er schwer oder leicht ist, tun; denn wiederum beweist Aristoteles, dass die Himmelskörper weder schwer noch leicht sind.

      Salv. Wie begründet mein Zweifel ist, ob die schweren Körper sich in gerader oder senkrechter Richtung bewegen, sollt Ihr, wie gesagt, schon merken, wenn ich diesen besonderen Gegenstand einer Prüfung unterziehen werde. Betreffs des zweiten Punktes wundere ich mich, dass Euch noch erst der Fehlschluss des Aristoteles nachgewiesen werden soll, der doch so klar zu Tage liegt, und dass Ihr nicht seht, wie Aristoteles schon voraussetzt, was erst ermittelt werden soll. Merkt also auf.

      Aristoteles kann keinen Denkfehler machen, da er der Erfinder der Logik ist.

      Simpl. Tut mir die Liebe, Signore Salviati, und sprecht mit größerer Achtung von Aristoteles. Wen wolltet Ihr jemals glauben machen, dass er, der erste, einzige, nicht genug zu bewundernde Erforscher der syllogistischen Figuren, des Beweises, der Widerlegung, der Methoden die Trug- und Fehlschlüsse aufzudecken, kurzum der Vater der Logik, einen solchen Denkfehler soll begangen haben, dass er das als bekannt voraussetzte, was erst zu ermitteln ist?42 Meine Herren, man muss ihn vorher recht verstehen, und dann erst versuchen, gegen ihn anzukämpfen.

      Fehlschluss des Aristoteles bei dem Beweise, dass die Erde im Mittelpunkte des Weltalls steht.

      Salv. Signore Simplicio, wir pflegen hier vertrauliche Erörterungen, um gewissen Wahrheiten auf die Spur zu kommen. Ich werde es niemals übel nehmen, wenn Ihr meine Irrtümer aufdeckt; wenn ich den Sinn des Aristoteles nicht gefasst habe, so rückt mir das freimütig vor, ich werde Euch dankbar dafür sein. Vergönnt mir dagegen, meine Bedenken auseinanderzusetzen und auch Einiges auf Eure letzten Worte zu erwidern. Die Logik ist, wie Ihr sehr wohl wisst, das Instrument der Philosophie. Aber wie jemand ein vortrefflicher Instrumentenmacher sein kann, ohne die Instrumente spielen zu können, so kann man ein großer Logiker sein, ohne genügende Fertigkeit in Anwendung der Logik zu besitzen: Gerade wie es viele gibt, die die Regeln der Poetik Euch an den Fingern herzählen können, während es ihnen nicht gelingt, auch nur vier Verse zusammenzubringen. Andere kennen alle Vorschriften Leonardo da Vincis43 und kämen in Verlegenheit, wenn sie einen Schemel abmalen sollten. Ein Instrument zu spielen lernt man eben nicht von dem, der es zu bauen, sondern von dem, der es zu spielen versteht; die Dichtkunst erlernt man durch die beständige Lektüre der Dichter; die Fähigkeit zu malen erlangt man durch fleißiges Zeichnen und Malen; und so lernt man das Beweisen aus der Lektüre der Bücher, die zahlreiche Beweise enthalten, also aus den mathematischen, nicht aber aus den logischen. – Um nun zu unserem Gegenstande zurückzukehren, so behaupte ich: Was Aristoteles bei der Bewegung der leichten Körper wahrnimmt, besteht darin, dass das Feuer von einem beliebigen Punkte der Erdoberfläche aus in gerader Linie von dieser sich entfernt und in die Höhe steigt, dies heißt eigentlich sich gegen eine größere Kugeloberfläche als die der Erde hin bewegt, wie ja Aristoteles selbst es sich zu der Wölbung der Mondsphäre hinbewegen lässt. Dass nun aber diese Kugelfläche mit dem Umfange der Welt zusammenfalle

Скачать книгу