Abgesoffen - Die Milliardenlüge. Hajo Maier

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Abgesoffen - Die Milliardenlüge - Hajo Maier

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       Wie bei P&R eine Million Container verschwinden konnten.

      manager-magazin.de-17.05.2018

       Investmentfirma P&R. Mehr als zwei Milliarden Euro – einfach weg.

      SZ.de-17.05.2018

       Die größte Anlegerpleite aller Zeiten droht.

      Frankfurter Rundschau-31.05.2018

       Der Betrug mit einer Million erfundener Container.

      DIE WELT-24.07.2018

       Anlegerbetrug mit Containern: "Da wurde Luft verkauft. "

      NDR.de-16.08.2018

       P&R Container, die es nie gab

      SZ.de-13.09.2018

       P&R: Container-Vermieter wohl schon 2010 pleite.

      spiegel.de-17.10.2018

       P&R-Gründer Heinz Roth ist festgenommen worden

      handelsblatt.com-13.09.2018

       2018

       Kapitel 1

       Eine Million Mal Luft verkauft

       Die letzten Tage eines Champions, der keiner war

      Am 19. März 2018 ist es offiziell: Drei P&R Container-Vertriebs- und Verwaltungsgesellschaften treten mit formaler Mitteilung des zuständigen Amtsgerichts München in die vorläufige Insolvenz ein. 3 Am 26.04.2018 werden eine vierte Vertriebsgesellschaft und die P&R AG folgen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wird ein Schwergewicht der Branche bestellt: Michael Jaffé, der zuvor bereits die Mega-Insolvenz um die Kirch-Gruppe abgewickelt hatte und heute, 2021, mit dem Wirecard Skandal beauftragt ist. P&R ist zahlungsunfähig. Zahlungsunfähig nun seit neunzehn Tagen, seit dem 28.02.2018, als über 50.000 Anleger ihre vertraglich garantierten, quartalsweisen Auszahlungen der Mieterlöse erwarten, die ihre Frachtcontainer erwirtschaften sollen. Sie werden vergeblich warten.

      P&R, jahrelang der absolute Star am deutschen Direktinvestment-Firmament, die absolute Nummer eins, Liebling der konservativen Kleinanleger, verwaltet mit insgesamt nur rund 25 Mitarbeitern zu diesem Zeitpunkt ein Milliardenvermögen an Frachtcontainern in seinen Geschäftssitzen im Münchner Millionärsvorort Grünwald und im Schweizer Steuerparadies Zug bei Zürich. Im Verwaltungssystem in Deutschland stehen fantastische Zahlen:

      1,65 Millionen Frachtcontainer, Eigentum von 54.000 Anlegern, die für diese Stahlboxen 3,381 Milliarden Euro bezahlt haben. Für das laufende Jahr 2018 stehen den Anlegern 331,4 Millionen an Mietauszahlungen zu, fällige Rückkäufe der Anlegercontainer durch P&R belaufen sich auf 542 Millionen Euro. Gesamtforderungen der Anleger 2018:873,44 Millionen Euro, die aus Vermarktung, Vermietung, An- und Verkauf der Stahlboxen durch die Schweizer P&R-Gesellschaft erwirtschaftet werden sollen. Soviel zu den monströsen Zahlen.4

      P&R kann an jenem 28. Februar 2018 nicht einmal die rund 90 Millionen an fälligen Mieten bezahlen. Geschweige denn die Rückkäufe der Anlegercontainer tätigen, die mit Ende der Vertragslaufzeit nach drei oder fünf Jahren Stück für Stück fällig sind.

      Warum die Zahlungen nicht möglich sind? Zu diesem Zeitpunkt stehen auch die Mitarbeiter in Grünwald vor einem Rätsel. Denn die 1,6 Millionen Container der Anleger sind in langfristigen, festen Mietverhältnissen bei den weltweit größten Leasinggesellschaften und Reedereien fest gebucht und verdienen fest kalkulierbares Geld auf den Weltmeeren. Jeden Tag. Informationen zu den Gründen der Insolvenz erhalten die Mitarbeiter nicht. Auch nicht die Anleger. Dabei gehen die Mitarbeiter in diesen knapp zwei Wochen seit der Zahlungsunfähigkeit bis zur Insolvenzmeldung durch die Hölle, wie ein Angestellter es formuliert: Tausende Anrufe von Anlegern, verunsichert, wütend, fordernd. Nicht selten persönlich drohend. Sie erhalten keine Information. Die Mitarbeiter haben selbst keine. Tausende Briefe in Postkisten – ungeöffnet. Vertragsrücktritte, Klageandrohungen, verzweifelte Briefe von Rentnern, die diese Einnahmen zum Leben brauchen. Es wird notwendig werden, einen privaten Sicherheitsdienst zu beauftragen: Wütende Anleger, die seit fünfzehn Tagen ohne jede Information sind, versammeln sich täglich vor dem Firmeneingang, manche schlagen wütend gegen die Scheiben, verlangen Einlass, ein Gespräch, Aufklärung, die Geschäftsführung. Journalisten belagern das Gebäude, Kameras, Mikrofone, im Garten schleichen Paparazzi herum, billige Boulevardmagazine privater Sender inszenieren später wütende Kunden am Eingang, um diese dann aus sicherer Entfernung zu filmen und für ihre Story zu missbrauchen, indem sie die verzweifelten Menschen bloßstellen. Es ist ein Film. Ein schlechter Film. Aber so läuft er ab. Und die Geschäftsführung mit Martin Ebben und dem Konzerneigentümer Heinz Roth? Abgetaucht.

      »Die haben ihre gesamte Belegschaft an dieser eskalierenden Kunden- und Öffentlichkeitsfront verbrannt, selbst zu feige, Gesicht oder wenigstens Stimme zu zeigen. Von Haltung nicht zu reden. Unsere Kolleginnen haben Angst. Manche weinen vor Angst in diesen Tagen.«

      So formuliert es ein Mitarbeiter, der dabei war.

      Am Donnerstag, den 15.03.2018, also wenige Tage vor der formalen Meldung der Zahlungsunfähigkeit, lässt der Geschäftsführer M. Ebben die rund 25 Mitarbeiter antreten. Im Erdgeschoss, im Konferenzraum. Er lässt es, neue Attitüde seit er im Juli 2017 überraschend Geschäftsführer geworden ist, formal per E-Mail durch seine Assistentin vermelden, dass die Geschäftsführung zur Versammlung in fünfzehn Minuten bittet. Eine jener gestelzt-aufgesetzten albernen Formulierungen, die er sich nach seinem märchenhaften Aufstieg vom Vertriebsmitarbeiter zum Konzernchef über Nacht wohl angeeignet haben soll – im Handbuch für Führungskräfte und Vorstände, wie im Flurfunk gescherzt wird. Statt einfach Martin bittet euch in den Konferenzraum.

      Ebben tritt allein auf. Konzerninhaber und Aufsichtsratschef Heinz Roth, seit zwei Wochen ohne ein Wort zur Belegschaft, ist erneut nicht dabei. Ebben, so der Eindruck, wirkt kleinlaut wie nie. Kleinlaut passt nicht zu ihm.

      »Wir können unsere Anleger nicht mehr ausbezahlen. Die Schweiz hat das Geld nicht. Die Mieten für unsere Anleger. Und bringt absehbar auch nichts bei. Wir haben die Zahlungsunfähigkeit der drei alten Container-Vertriebsgesellschaften jetzt beim Amtsgericht gemeldet.«

      Um dann zu betonen, dass die vierte Gesellschaft, die P&R TC, die er gegründet habe, gesund und zahlungsfähig sei. Er spricht von eben jener neuen, prospektpflichtigen P&R Gesellschaft, die erst seit 30.01.2017 vertreibt und wenige Wochen später ebenfalls zahlungsunfähig sein wird. Zusammen mit der P&R AG.

      Schweigen im Raum. Das Team ist paralysiert. Ohnmächtig. Vor den Kopf gestoßen. Niemand begreift die Situation. Trotz der vergangenen zwei Wochen. Aber es kann nicht sein, was nicht sein darf. Der Containermarkt ist stabil. Die Schweizer P&R erzielt Mieteinnahmen aus den Containern. 60-100 Cent/Tag und Container. 400 Millionen pro Jahr. Nur Mieteinnahmen für die deutschen Anleger. Und die Containerwerte? Es müssten rund 3,5 Milliarden aus 1,6 Millionen Containern sein. Wo ist das Geld? Und vor allem: Wenn die deutschen Gesellschaften in Folge der Zahlungsunfähigkeit der Schweizer P&R-Gesellschaft nun selbst zahlungsunfähig sind, wieso ist dann die Schweizer P&R, die den deutschen Anlegern das Geld schuldet, nicht insolvent? Fragen sind nicht erwünscht.

      Ebben fährt

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