Sophienlust Box 17 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Sophienlust Box 17 – Familienroman - Patricia Vandenberg Sophienlust

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nicht geimpft ist. Ich habe ihn ausgefragt. Sein Vater scheint gegen die Schutzimpfung zu sein. Kann man die Eltern erreichen, um das wenigstens festzustellen?«

      Denise war entsetzt. Einen Fall von Polio hatten sie noch nie in Sophienlust gehabt. »Könnte es nicht etwas anderes sein, als ausgerechnet Kinderlähmung, Frau Dr. Frey?«, fragte sie erschrocken.

      »Ich bin nicht hundertprozentig sicher. Aber ich kann es auch nicht ausschließen. Im Laufe des Tages komme ich noch einmal her. Dann sehen wir vielleicht schon klarer. Die Krankheit verläuft ja meist ziemlich stürmisch. Auf jeden Fall halten Sie Bastian streng isoliert.«

      »Glücklicherweise sind unsere Kinder gegen Polio geimpft«, meinte Frau Rennert mit einem Seufzer.

      »Nun ja, einen absoluten Schutz bietet die Schutzimpfung leider auch nicht. Sie sorgt dafür, dass die Erkrankung im Ansteckungsfall leichter verläuft und im Allgemeinen keine Lähmungen zurückbleiben. Was mich bei Bastian stutzig macht, das ist neben den allgemeinen Symptomen eine verminderte Reaktion im linken Bein. Ich werde das heute Nachmittag noch einmal prüfen. Wenn mein Verdacht sich bestätigt, müssen wir Bastian ins Krankenhaus bringen. Bitte, versuchen Sie, die Angehörigen zu erreichen, damit wir eindeutig klarstellen, ob der Junge geimpft worden ist oder nicht.«

      Nachdem Frau Dr. Frey in ihrem Wagen davongefahren war, setzte sich Denise unverzüglich mit der Sekretärin Kurt Schlüters in Augsburg in Verbindung. Die Auskunft, die sie erhielt, war mager. Ob Bastian gegen Polio geimpft sei, konnte die kühl wirkende Dame nicht sagen. Sie meinte jedoch, vielleicht wisse man es im Hause, und gab Denise die Telefonnummer der Privatvilla. Wo man Bastians Mutter erreichen könne, wollte oder konnte die Sekretärin leider auch nicht sagen.

      In der Privatwohnung hatte Denise mehr Glück. Die Haushälterin wusste mit absoluter Sicherheit, dass Bastian überhaupt nicht geimpft war. Sein Vater sei ein Impfgegner und habe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um sogar die gesetzlich vorgeschriebenen Impfungen bei seinem Sohn zu verhindern. Sie erinnere sich dessen genau, denn Frau Schlüter sei anderer Ansicht gewesen. Es habe deshalb mehrmals Streit gegeben zwischen dem Ehepaar. Insbesondere die Impfung gegen Kinderlähmung habe Herr Schlüter nur als Firlefanz und Manipulation der chemischen Fabriken, die das Serum herstellen, angesehen. Danach meinte die Haushälterin noch, die Anschrift von Bastians Mutter wisse wahrscheinlich Henry, der Fahrer. Sie bat Denise, eine Minute zu warten.

      Denise wartete mit Herzklopfen. Es war ihr klar, dass sie die Mutter sofort verständigen musste. Auch wollte sie von ihr noch die Bestätigung haben, dass Bastian tatsächlich nicht geimpft war. Denise kam es fast unmöglich vor, dass ein Mann wie Kurt Schlüter wahrhaftig so kurzsichtig über eine derartig lebensnotwendige Maßnahme denken könne.

      Henry kam selbst an den Apparat. »Ja, ich kenne die Adresse von der gnädigen Frau«, erklärte er bereitwillig und höflich. »Ich bin einmal mit dem Wagen bei ihr gewesen und habe ihr einige Koffer gebracht. Aber Sie werden sie dort nicht telefonisch erreichen, denn sie bewohnt ein möbliertes Zimmer und ist tagsüber berufstätig. Professor Faberius oder Fabricius oder so ähnlich heißt der Herr, bei dem sie arbeitet. In Heidelberg ist das. Vielleicht kann man die Adresse feststellen. Geht es unserem jungen Herren denn sehr schlecht?« Aus den Worten des freundlichen, biederen Mannes war ehrliche Besorgnis herauszuhören.

      »Es geht ihm nicht gut, Henry. Würden Sie Frau Schlüter hierherbringen, falls sich das als nötig erweisen sollte?«

      »Natürlich tue ich das. Das ist selbstverständlich. Herr Generaldirektor Schlüter ist ja nicht da. Aber das müsste er ja als Notfall anerkennen, nicht wahr?«

      »Das glaube ich auch, Henry. Bleiben Sie am besten in der Nähe des Telefons. Ich versuche, den Professor in Heidelberg ausfindig zu machen.«

      Denise hatte nun wenigstens ein Zipfelchen in der Hand. Frau Rennert erbot sich sofort, bei der Auskunft nach dem Professor in Heidelberg zu forschen, doch Denise war viel zu nervös, um zu warten. Sie tat es selbst. Kurz darauf sagte sie: »Fabricius heißt er. Die Nummer hat man mir gleich sagen können. Es ging ganz schnell. Trotzdem habe ich jetzt Hemmungen, die arme Mutter in Schrecken zu stürzen. Ich werde ihr wenigstens nicht gleich von der Polio etwas sagen.«

      »Aber wenn Sie fragen, ob Bastian geimpft ist …«

      »Richtig, dann wird sie sich ihr Teil denken. Es hilft nichts, wir müssen sie anrufen und in Kauf nehmen, dass wir sie erschrecken.«

      Doch Denise schob den Anruf zunächst noch etwas hinaus. Sie zog einen weißen Kittel über und ging zu dem kranken Jungen, der still und apathisch in seinem Krankenbett lag.

      »Na, mein Kleiner, wie fühlst du dich?«, fragte sie liebevoll und reichte ihm ein buntes Bilderbuch. »Hier, willst du dir das ansehen, damit es dir nicht zu langweilig wird?«

      Bastian nahm das Buch zwar, klagte aber: »Tante Isi, ich mag mir nichts ansehen. Mein Kopf tut doch viel zu weh.«

      Denise erkannte, aus dem sonst so trotzigen und aufsässigen Buben war ein regelrechtes Häuflein Elend geworden. Dass er schwer krank war, stand außer Zweifel. Der gütigen Frau krampfte sich das Herz zusammen. Aller Ärger, den ihr Bastian verursacht hatte, war mit einem Schlage bei ihr vergessen. Sie bangte sich um den Jungen, als handle es sich um eines ihrer eigenen Kinder.

      »Dann lass es, mein Kleiner. Frau Dr. Frey kommt nachher noch einmal. Sie hat gesagt, du kannst Limonade trinken, so viel du nur willst. Willst du etwas zu trinken haben. Fieber macht Durst.«

      »Ja. Tante Isi, ich hab’ Durst.«

      Denise läutete und bat Schwester Regine, dem Jungen Limonade zu machen. »Nicht zu kalt, Schwester Regine«, mahnte sie.

      »Ich weiß, Frau von Schoenecker«, entgegnete die gewissenhafte Schwester.

      Bastian trank gierig, aber er klagte dabei immer wieder über Hals- und Kopfweh. Bei den letzten Schlucken fiel ihm das Glas fast aus den Händen. »Ich kann’s nicht halten, Tante Isi«, jammerte er, als diese eben noch rechtzeitig zugriff, um zu verhindern, dass das Glas zu Boden fiel und zerbrach.

      »Du bist eben krank und schwach, mein Kleiner.«

      »Waren die Küken auch krank, ehe sie starben, Tante Isi?«, erkundigte sich Bastian mit weinerlichem Stimmchen.

      »Nein, nein, Bastian. Du darfst jetzt nicht mehr an die Küken denken. Sie haben bestimmt nichts gemerkt, sondern sind einfach eingeschlafen, als es ihnen zu kalt wurde unter der Haube. Aber das eine, das übrig geblieben ist, soll sich inzwischen gut erholt und gekräftigt haben, und schon mit den größeren Hühnern im Stall leben. Es ist also nicht mehr allein.«

      »Ich will auch nicht allein bleiben. Werde ich bald gesund sein, sodass ich mit den anderen spielen kann? Fritzchen ist heute Abend bestimmt ganz traurig, wenn mein Bett leer bleibt.«

      »Im Augenblick müssen wir vernünftig sein und dich allein unterbringen, damit sich die anderen Kinder nicht anstecken. Das willst du doch sicherlich auch nicht.«

      »Nöö – es macht nämlich gar keinen Spaß, wenn man krank ist.«

      »Na, siehst du. Und zunächst bleibe ich heute bei dir, wenn du das willst.«

      »Ja, Tante Isi. Bleib hier und geh nicht fort.«

      In den Kinderaugen stand unverkennbar die Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Liebe. Denise rückte sich den Stuhl etwas bequemer zurecht und richtete sich geduldig darauf ein, den Tag an Bastians Bett zu verbringen. Sie sprach nicht viel mit dem Jungen, und doch

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