Ein Heimsieg per Post. Группа авторов

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Ein Heimsieg per Post - Группа авторов

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Borussia punktgleich mit dem Spitzenreiter. Nach drei Niederlagen in Serie rutscht Borussia allerdings auf Rang fünf ab und sollte sich davon nie mehr so recht erholen. Immerhin wiederholt das Team am Ende den dritten Platz des Vorjahres, am letzten Spieltag gibt es bei der 5:6-Nie-derlage in Bremen ein Schützenfest auf beiden Seiten – das Borussia letztlich die Vize-Meisterschaft kostet. Aachen wird Zweiter, die Bayern Meister – und der Bild-Computer hat Unrecht.

      Das denkt sich offenbar auch eine Spielergruppe um Egon Milder, Wolfgang Kleff und Berti Vogts. Sie erscheint nicht um 22 Uhr am Treffpunkt und beteuert, dass das allein an der Tatsache liegt, sich verlaufen zu haben. In die Mannschaftskasse blechen müssen sie trotzdem – schließlich muss der Rest des Trosses auf die Nachzügler warten. Für Egon Milder jedoch verläuft es glimpflicher: Da er die Reisegruppe während der kompletten Busfahrt mit lauten Gesängen unterhalten und zum Mitsingen animiert hat, lässt der Mannschaftsrat später Gnade walten – und reduziert die Strafe um zehn Mark. Günter Netzer übrigens beteuert wenig überzeugend, dass die Verspätung seiner Kollegen aber auch gar nichts mit Alkoholkonsum zu tun hatte: „Wir können auch mit Bier umgehen. Was man uns neulich aber, bei unserem harmlosen Wies’n-Bummel auf dem Oktoberfest, als Bierverbrauch angedichtet hat, war eine blanke Zeitungsente.“

       Wie viel Post ich täglich bekomme, weiß ich nicht. Autogrammpost beantwortet meine Mutter. Liebesbriefe und Heiratsanträge erledige ich persönlich.“

       Günter Netzer

      PERSONALIE

      WINFRIED SCHÄFER – EIN „ROTER“ FÜR DEN COACH „Ne Vosse“, also einen Rothaarigen, will Hennes Weisweiler unbedingt in seiner Mannschaft haben. Natürlich ist die auffällige Haarpracht längst nicht das Einzige, das Winfried Schäfer dazu qualifiziert, Spieler in der jungen und aufstrebenden Borussen-Mannschaft zu sein. Gerade einmal 18 Jahre jung ist der lauf- und spielstarke Mittelfeldspieler, als er vom kleinen Eifel-Klub TuS Mayen an den Bökelberg wechselt. In der kompletten Hinrunde kommt der Youngster nicht eine Minute zum Einsatz – was auch angesichts der immensen Konkurrenz auf der Position wenig wundert. In der Rückserie aber ist Schäfer plötzlich fester Bestandteil des Teams, steht in allen 17 Spielen in der Startelf und schießt zwei Tore. „Vielleicht war es gut, dass ich so lange warten musste“, blickt Schäfer zurückhaltend auf sein erstes Jahr bei den Profis zurück. „So konnte ich in Ruhe immer weiter lernen.“ Sein Coach hält sich über den „Roten“ mit zu großen Lobeshymnen zurück und sagt, typisch für ihn, nur: „Sein Einstand war gut.“

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      1969|70

      Per Anhalter zum Auswärtssieg

      Die Einladung zum Kuchen lehnt Wolfgang Kleff dankend ab. Eine Tasse Kaffee genehmigt sich der Torhüter aber sehr wohl. Allein aus Höflichkeit, um den gastfreundlichen Hausherren aus der Pfalz nicht zu enttäuschen. Es ist ein Samstagnachmittag Anfang Februar, und nicht weit entfernt vom gemütlichen Wohnzimmer, in dem Wolfgang Kleff gerade sitzt, wird in Kürze ein Fußball-Bundesligaspiel angepfiffen. Eines, bei dem Kleff das Tor der Gastmannschaft hüten soll. Borussia gastiert beim 1. FC Kaiserslautern. Am Vortag ist die Fohlenelf ins Mannschaftsquartier nach Kirchheimbolanden gefahren. Die rund 40 Kilometer von dort aus zum Betzenberg sollen am Spieltag rechtzeitig vor dem Anpfiff in Angriff genommen werden. Auf dem Weg zum Fritz-Walter-Stadion hat der Mannschaftsbus allerdings ein Leck am Kühler. „Da ging nichts mehr“, erinnert sich VfL-Torhüter Wolfgang Kleff.

      Dummerweise hat die Mannschaft aber noch 25 Kilometer vor sich. Die Landstraße ist viel befahren, und es dauert nicht lange, bis die ausgestiegenen Borussen in ihren Trainingsanzügen und natürlich auch der liegen gebliebene Bus mit der Aufschrift Borussia Mönchengladbach reichlich Aufmerksamkeit erregen. Permanent halten Autos, deren Insassen großzügigerweise ihre Hilfe anbieten. „Alle waren sehr freundlich zu uns. Wir haben offenbar auch in der Pfalz viele Freunde“, so Kleff. Schnell verteilen sich die Spieler auf verschiedene Autos, größtenteils von Anhängern des heimischen FCK gelenkt, und lassen sich zum Stadion chauffieren. „Wir hatten keine andere Möglichkeit, also sind wir quasi per Anhalter nach Kaiserslautern gefahren“, erzählt Kleff. Er sitzt in einem Auto mit Spielmacher Günter Netzer und Offensivakteur Ulrik Le Fevre. Der Fahrer, ein eingefleischter Pfälzer, ist so baff von seinen unverhofften Beifahrern, dass er mit den Borussen noch einen Schlenker zu sich nach Hause macht. „Er wollte uns unbedingt bei sich daheim vorstellen und lud uns dabei auch noch zu Kaffee und Kuchen ein“, so Kleff. Ein Angebot, das die Kicker aus Höflichkeit zumindest zum Teil annehmen. „Kuchen wollte ich so kurz vor dem Spiel nicht unbedingt essen“, erzählt Kleff. Irgendwann drängen die Borussen dann aber auf die Weiterfahrt. „Ich dachte zuerst, er wollte dafür sorgen, dass wir erst zur zweiten Halbzeit im Stadion ankommen.“

      SAISONVERLAUF

      DIE ERSTE MEISTERSCHAFT „Entweder der Titel oder ich bin weg.“ Die Ansage von Trainer Hennes Weisweiler vor der Saison ist deutlich. Um das große Ziel zu erreichen, verstärkt Borussia die Abwehr mit den erfahrenen Ludwig „Luggi“ Müller und Klaus-Dieter Sieloff. Dennoch misslingt der Saisonstart beim 0:2 auf Schalke. Zu Hause gegen Titelverteidiger Bayern München gewinnt Borussia anschließend und startet eine Serie von vier Spielen ohne Niederlage. Glänzen kann die Fohlenelf aber noch nicht. Das ändert sich, als das kongeniale Mittelfeld-Duo Herbert „Hacki“ Wimmer und Günter Netzer zurückkehrt. Mit einem 5:1 am elften Spieltag gegen Alemannia Aachen übernimmt der VfL erstmals in der Bundesliga die Tabellenspitze. Der Traum von der Meisterschaft nimmt konkrete Formen an. Bis fünf Spieltage vor Schluss muss die Weisweiler-Elf nur noch eine einzige Niederlage hinnehmen. Im Schlussspurt machen es die Borussen aber noch einmal spannend. Drei Niederlagen in Serie lassen wieder Zweifel aufkommen. Erst mit einem Sieg am vorletzten Spieltag gegen den HSV kann sich die Fohlenelf zum Meister küren. Kurz nach der Pause steht es 4:0 für Borussia, anschließend kommen die Hanseaten noch bis auf 3:4 heran. Den Sieg retten Netzer und Co. über die Zeit. Borussia wird zum ersten Mal in der 70-jährigen Vereinsgeschichte Deutscher Meister. Dabei hat die einstige Tormaschine vom Bökelberg nicht die meisten Treffer der Liga erzielt, dafür aber erstmals die wenigsten Gegentore kassiert. Weisweilers Meisterpuzzle geht auf, und der Trainer verlängert seinen Vertrag.

      Eine halbe Stunde vor dem Anpfiff und damit deutlich später als normalerweise vor Bundesligaspielen treffen Netzer, Kleff und Le Fevre schließlich am Betzenberg ein. Sie sind die Letzten. Ihre Mitspieler haben es mit ihren Mitfahrgelegenheiten schneller ins Stadion geschafft – dafür vermutlich ohne Kaffee. Als „gewöhnliche“ Zuschauer in die Umkleide der Gästemannschaft zu gelangen, erweist sich als nicht allzu schwierig. „Die Ordner wussten längst Bescheid, was passiert war“, erzählt der Torwart. „So war es für uns sehr einfach, in die Kabine zu kommen.“

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      Im ungewohnten Dress auf dem Betzenberg: Borussia tritt beim 1. FC Kaiserslautern in Blau-Weiß an.

      Als endlich alle Spieler da sind, bemerken die Borussen aber schon den nächsten Schlamassel. Bei der Anhalter-Aktion auf der Landstraße sind die Kisten mit den Trikots, Hosen und Stutzen offenbar im Bus geblieben. Lediglich die Schuhe haben es in die Kabine geschafft. Die Heimmannschaft muss also aushelfen. Vom 1. FC Kaiserslautern leiht sich der VfL die Spielkluft aus. Die schwarz-weiß-grüne Borussia spielt notgedrungen in Blau-Weiß. Die turbulenten Ereignisse rund um die Anreise haben allerdings keinen negativen Einfluss auf die Darbietung der Weisweiler-Elf, die an diesem Nachmittag zu einem lockeren 4:1-Erfolg kommt. „Das hat uns nicht aus der Ruhe gebracht“, sagt Wolfgang Kleff, der angesichts des souveränen Auftritts seiner Mannschaft gar fordert: „Diese Kluft sollten wir unbedingt kaufen, nachdem sie uns hier so viel Glück gebracht hat.“ Dieser Wunsch des Schlussmanns sollte allerdings

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