Red Power. Carl-Ludwig Reichert

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Red Power - Carl-Ludwig Reichert

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      Carl-Ludwig Reichert

      Red Power

      Indianisches Sein und Bewusstsein

      FUEGO

      - Über dieses Buch -

      Die Geschichte der Indianer ist seit der Eroberung Nordamerikas durch die Europäer eine Geschichte der Unterdrückung und Entrechtung. Die über Jahrhunderte hinweg konsequent betriebene Anti-Indianerpolitik hat zwangsläufig immer wieder Widerstand provoziert, zuletzt im Gefolge der Bürgerrechts- und Studentenbewegungen, der auf eine andere Lebensqualität abzielenden Hippiebewegung, sowie der ökologischen Diskussion.

      Kern dieses Buchs sind vier lange Gespräche, die Reichert im Jahr 1973 mit Vertretern des indianischen Widerstands führte: über die Wirksamkeit gewaltsamer Aktionen (spektakulärste Beispiele: die Besetzungen von Alcatraz und Wounded Knee), vor allem aber über die Mittel und Wege, in den Reservationen und Städten, die endgültige Zerstörung indianischer Organisationsformen zu verhindern, die faktische Entmündigung durch den Staat aufzuheben und zu der traditionellen, gegen Leistungsgesellschaft und Ausbeutung der natürlichen Umwelt gerichteten Lebensform der Indianer zurückzufinden.

      Reicherts einleitende polemische Chronologie der Geschichte der Indianer und der Indianerpolitik, seine Interviews und Berichte vom Leben der Indianer sind Materialien zur Auseinandersetzung mit einer andersartigen, teilweise alternativen Lebensauffassung und Bewusstseinsstruktur.

      Vorbemerkung und Widmung

      Wenn es nach mir allein gegangen wäre, hätte das folgende Buch den Titel: »Die rote Kraft und die Wurzeln des Friedens« - und den Untertitel - »Materialien zum Widerstand der Nordamerikanischen Indianer«. Der Titel, den das Buch jetzt hat, stammt aus der Zeit, bevor ich mit Claus Biegert bei den Indianern war. Das Zusammentreffen mit wirklichen Menschen hat dazu geführt, dass ein Teil meiner Erfahrungen mit ihnen in das Buch eingegangen ist und dass viele ihrer Ansichten und Vorstellungen darin auftauchen. Ohne sie wäre dieses Buch ein anderes geworden und ich derselbe geblieben.

      Deshalb ist das Buch auf verschiedene Art von, über und für folgende Leute:

      Jake und seine vielen Schwestern, Dorothy, Tom und Saka Cook, Roy Davies und Kahontonnie, Karoniaktatie (Troll), Mike, Willie Dunn, Rarihokwats in Akwesasne, Aren Akweks (Ray Fadden), Dough und seine Frau in Onchiota, Grandmother, Dewasenta und die anderen Papineaus, Sally und ihre Kinder, Oren Lyons in Onondaga, Barry, Marilyn und Kelly White, Bob Maracle, Johnny Mohawk, Mrs. Schindler und Familie in Buffalo und Cattaraugus, Chief Beeman Logan in Tonawanda, Steven Fast Wolf, Phyllis, Frank, Teddy und Ida Fast Wolf, Princess, Ed und die Leute von der Little Big Horn-High School und vom Indian Center in Chicago, Rick und das Cherokee-Mädchen in Minneapolis, Carl Whitman in Ft. Befthold, Dennis Banks, Russel Means, Ramon Rubideaux und Pedro Bisonette, ermordet am 17.10.1973 in Rapid City und wo immer sie sonst sein mögen, Lloyd E. Oxendine in New York.

      Außerdem im »weißen« Amerika für:

      Pegi, Kicki und Ulrica (Akwesasne), Nancy Duffy (Syracuse) Heather, Lucy, Mary-Jo, Ann und Bob Dickens sowie die Leute von »American Studies« und 78 Virginia (Buffalo), John Adams, Barbara, Wally, Peter und Senior, Suzan in Hillsdale, Lee Taylor, Pat, Helen Miller (New York), Paula, Dick, Jennifer und Paul, die guten Leute in Bismarck, den Jungen im Gesundheitsladen in Fargo, die Leute aus Woodstock, Shirley, Irene und Allan Trist von den Grateful Dead.

      Aus wieder anderen Gründen ist das Buch auch noch für:

      die Kulturgruppe für Indianistik, 993 Olbernhan (DDR), Klas Gustafson (Hammars, Finnland), Torben und Wilbert (Dänemark), Rigmor (Hammerfest), die Arbeitsgruppe für nordamerikanische Indianer/Stammeskulturen, vor allem Waltraud Wagner, Karlheinz und Heide, Max Ronge, Ute, Hanne, Fritz, Kerstin und Grit in Frankfurt, P. M. Ladiges und insbesondere den Pieper vom »Grünen Zweig«, sowie für Monika, Tina, Dödi, Jan, Florian, Till und Rudolf, die Sparifankal und für Renate und Andy, Magnus, Rüdiger, Paul und Limpe, Sylvia List, Walter Fritzsche und Claus.

      I

      Polemischer Abriss der Indianerpolitik bis 1890 zum besseren Verständnis des Folgenden

      Es wäre besser, wenn die Felsen von Plymouth auf den Pilgern und nicht die Pilger auf den Felsen gelandet wären.

      Leeman Brightman

      Ich weiß, am liebsten würden sie uns erschießen.

      Eine Sioux-Frau in Wounded Knee 1973

      Die historische Kontinuität der Beziehungen zwischen den Ureinwohnern Amerikas und den Vertretern weißer Zivilisationen stellt sich hauptsächlich her durch die permanenten Versuche der letzteren, erstere aus dem Weg zu räumen. Hatten ganz zu Anfang noch klobige Wotansjünger, ihrem dumpfen Selbstverständnis folgend, eher aus Befremdung als aus halbchristlichem Sendungs-Bewusstsein das heidnische Gewürm - in diesem Fall vermutlich die Mic-Mac Indianer Neufundlands - gemetzelt, waren etliche Waliser vielleicht nie angekommen, waren Portugiesen und Spanier vorwiegend hinter Sklaven, Gold, eher prophylaktisch hinter Seelen her, interessierten sich die Holländer und Engländer schon intensiv für das Land der Ureinwohner und ergriffen unverzüglich Maßnahmen.

      Die Holländer ließen, nachdem die ersten Käufe getätigt waren, alles - Mann, Frau und Kind - skalpieren und zahlten für Kopfhäute mehr, als ihnen Manhattan wert gewesen war. Den britischen General Amherst dünkte dieses Verfahren schon zu unrationell, worauf er den auf alsbaldige Endlösung abzielenden Vorschlag machte, mit Pocken infizierte Wolldecken an die Indianer zu verschenken.

      Unter solchen Verhältnissen mutet das primär merkantile Interesse der Franzosen am Pelzgeschäft zunächst wie Humanitätsduselei an. Der Eindruck ist allerdings leicht korrigierbar durch die Betrachtung der infamen Politik der Kolonialkriegsführung zwischen Frankreich und England, die auf dem Rücken der Eingeborenen ausgetragen wurde.

      Als die Pilgerväter sich entschlossen, Landesväter zu werden, waren die Stämme schon reich an einschlägigen Erfahrungen und nicht nur mit Feuerwasser gebrannt. Dem Appell der »revolutionären« Siedler, die ihnen die Verfassung bereits entwendet hatten, nach friedlicher Unterwerfung standen sie unter düsteren Vorahnungen in der Mehrheit ablehnend gegenüber.

      Irokesen und Cherokee entschieden sich für den Status quo als das mutmaßlich kleinere Übel und unterstützten die Engländer. Der Ausgang ist bekannt, die Engländer widmeten sich dem Commonwealth, die Sieger entschädigten sich an den Verbündeten.

      Am dringendsten brauchten sie Land.

      Den Vorgang des Landerwerbs regelte zufriedenstellend, auch auf ideologischer Ebene, die Doktrin des Entdeckertums, die sich in Gestalten wie der des tapferen Columbus eindrucksvoll verwirklichte.

      Die Logik der Beweisführung vermag auch heute noch zu bestehen, da jene, die schon vorher da waren, mangels Eigentums-Bewusstseins und juristischer Ausbildung nicht zufriedenstellend beweisen konnten, dass sie rechtens da waren, bedeutete es aus der Sicht des Entdeckers ein Höchstmaß an Entgegenkommen, ihnen zuzugestehen, sich ihrer Lebensgrundlage in Einzelfällen sogar durch finanzielle Transaktionen zu entledigen. Brief und Siegel, Kreuz und Fahne, Blut und Tränen und die Aussicht auf ein besseres Leben nach dem Tode waren im Kaufpreis inbegriffen.

      Zeigten sich Geschäftspartner trotz kulanter Bedingungen uneinsichtig oder verstockt, musste mit unverzüglicher Eroberung gerechnet werden.

      Für die Verteilung der entdeckten Gebiete sorgten die Entdecker untereinander, nicht ohne Hader, aber in der Sache einig.

      Für die um Geldes und ihrer unternehmerischen

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