Fluchtpunkt Hollywood. Gundolf S. Freyermuth

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Fluchtpunkt Hollywood - Gundolf S. Freyermuth

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Falkenberg, der sich nach Kriegsende als Produzent von Dokumentarfilmen selbständig macht, im Auftrag der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen im neuen jüdischen Staat.

      »Wann haben Sie zum ersten Mal wieder Deutschland besucht?«

      »1954 war ich in Köln, aus Israel kommend. Meine Frau wollte ihre Schwägerin in Berlin besuchen, ihr Bruder wurde ja im KZ ermordet.«

      Paul Falkenberg schaut mich an. Es ist keine Gedächtnisschwäche. Sein Kopf funktioniert hervorragend. Er weiß, dass er den Mord an seinem Schwager zum zweiten Mal erwähnt. Er gedenkt nicht, mir – und sich – das zu ersparen.

      »Und ich habe zu meiner Frau gesagt, ich kann es nicht«, erzählt er weiter, »ich kann mich nicht dazu überwinden, nach Berlin zu gehen. Sie ist dann hin, und wir trafen uns in Paris wieder und fielen uns in die Arme und sagten: ›Gott sei dank, dass wir nicht in Deutschland sind.‹ Aber das war nicht mehr ein Gefühl des sinnlosen Hasses, das war Fremdheit.«

      Die grellen Reklamen, die Menschen aller Hautfarben, die englischen Laute, die durch die offenen Seitenfenster hereindringen, alles wirkt nach der Zeitreise ins grauenerregende deutsche Vorkriegs-Reich wohltuend exotisch. Wir fahren im Taxi von Yorkville zurück zu den »Central Park Studios«.

      »Später besuchten Sie dann Berlin?« frage ich.

      Falkenberg schaut weg, hinaus in die Jogger-Sommer-Eiscreme-Szenerie des Central Park. Nach einer Weile antwortet er.

      »Ja, zuerst 1961.«

      »Wie hatte sich das Leben verändert, seit Sie die Stadt zum letzten Mal gesehen hatten?«

      »Über die frühen sechziger Jahre will ich nichts sagen.« Er hält inne, und man sieht ihm an, dass ihm die konservative Wohlstandsrepublik, in der die Leute mit dem guten Gewissen und schlechten Gedächtnis das Sagen hatten, nicht geheuer war. »Später traf ich dann eine völlig neue Generation von Leuten.«

      Einen Augenblick mustert er mich fast wohlwollend.

      »Junge Leute wie Sie. Aber es ist trotzdem schwer zu vergessen.« Und schon verdüstert sich sein Blick wieder. »Einmal war ich auf einer Party von Freunden, da waren Maler, Schauspieler, Architekten. Es war eine angenehme, gelöste Atmosphäre, und ich dachte plötzlich: ›Mein Gott, ist das jetzt 1977? Oder ist das 1931?‹ Alles war wie gehabt, genau wie gehabt.«

      Falkenberg wischt sich über die Augen, als könne er ihnen nicht trauen.

      »Und ich hatte diese gespenstische Vorstellung: Was wird geschehen, wenn wieder ein Hitler kommt, und die Leute wissen nicht, was sie tun sollen, weil ihnen das Brot weggenommen wird, wenn sie nicht zu Kreuze kriechen?« Der alte Mann lacht unruhig. »Von solchen Gedanken wird man nie wieder ganz frei.«

      Falkenberg schaut mich an. Ich weiß nicht, was er von mir erwartet. Dass ich die unerschütterliche Festigkeit unsere Demokratie rühme, versichere, dass wir, die Nachkriegsgenerationen nie ...?

      Taktvoll entbindet er mich von einer optimistischen Antwort, indem er nach einer kurzen Pause weiter spricht.

      »Naja,« sagt er, »was soll's. Aussterben kann ich inzwischen alleine, da brauch' ich keine Hilfe mehr.«

      Er lacht, und es klingt noch unruhiger. Das Taxi hält. Falkenberg drückt den Türgriff herunter, wendet sich aber wieder um.

      »Eins will ich Ihnen noch erzählen. Als ich mal einen meiner Dokumentar-Filme in Princeton vorführte, kam hinterher Einstein auf mich zu: ›Vielen Dank für den schönen Film.‹«

      Falkenberg schaut wieder sehr böse, und ich bekomme den Verdacht, dass all diese bösen Blicken viel Liebe verbergen sollen und das Unglück bannen, das die geliebten Dinge und Menschen so oft getroffen hat.

      »Und so sage ich immer«. fährt Falkenberg fort: »Oscar? Nein, ist nicht drin. Aber Einstein mochte einen Film von mir. Wieviel mehr Ruhm soll man sich wünschen?«

      Er schaut mich an, ein langer letzter Blick, dem die Frage anzusehen ist: Was hat er wohl verstanden von dem, was mir wichtig war?

      »Ja«, sagt Paul Falkenberg beim Aussteigen, »jetzt haben Sie alles gehört von einem, der seit fünfzig Jahren unbezahlter Statist ist auf der Bühne der Weltgeschichte.«

      Er schüttelt seinem Besucher fest die Hand und geht, auf seinen Stock gestützt, die Stufen hinauf zur Haustür. Der Anzug schlottert dabei um einen winzig gewordenen Leib, der seine letzten Kraftreserven zu mobilisieren scheint.

      Die Haltung des alten Mannes ist gebeugt, aber sein Wille unbeugsam – unversöhnt der Geschichte und denen gegenüber, die ihm und Millionen seiner jüdischen Leidensgenossen nach dem Leben trachteten, die verfolgten, erniedrigten, folterten, mordeten.

      In der Tür dreht er sich um und hebt die Hand zum Abschied. So bleibt er, während das Taxi davonfährt, bewegunglos stehen. Als habe er, der große Schnittmeister, seinen Film angehalten, um darüber die Schlusstitel zu legen.

      Wenige Wochen später ist Paul Victor Falkenberg, geboren im Norden Berlins, vertrieben aus dem Land seiner Eltern, 41 Jahre deutscher und fast 42 Jahre amerikanischer Staatsbürger, gestorben und in seiner New Yorker Heimat beerdigt worden.

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