.

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу - страница 16

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
 -

Скачать книгу

ist denn da los bei euch? Ich denke, das ist ’ne Beerdigung?“, sagt er. Und ich sehe förmlich, wie er hinter seinem mächtigen gläsernen Schreibtisch steht und seinen grauen Kopf voller Haare schüttelt. Arno ist so der Typ Dressman für die etwas ältere Generation, sieht nicht so schlecht aus für sein Alter, hat aber leider ein etwas zu kantiges, vorspringendes Kinn, was für mich immer seine Sturkopfigkeit symbolisiert.

      „Ja, so sind die Beerdigungen eben hier. Sehr … herzlich. Meine Mutter war eben sehr beliebt, weißt du?“

      „Tja, nun … du hast sicher von Sven gehört, was hier los ist. Also, bitte, sieh zu, dass du dich so schnell wie möglich da von dieser … Feierlichkeit loseisen kannst und dann mach mir noch schneller eine neue Kampagne für Atzenberger. Der geht zur Konkurrenz. Und du weißt, was das heißt. Wir, du, ich, die Agentur, wir sind alle geliefert. Wir brauchen diesen dämlichen Atzenberger und seine Millionen.“ Dann macht er eine kleine Pause, die durch einen heftigen Lacher aus der Kneipe gefüllt wird. „Hörst du mich, Hardy?“

      „Ja, ja, alles klar. Morgen früh geht’s los“, versichere ich ihm lässig und füge überflüssigerweise noch ein leider etwas unsicheres „Läuft schon“ hinzu.

      „Hardy, ich meine es ernst. Sehr ernst. Wenn du nicht morgen früh um neun Uhr im Besprechungszimmer bist, dann war’s das. Verstehst du mich?“

      „Ja, ja.“

      Und dann legt er auf.

      Dann war’s das? Habe ich das wirklich verstanden? Was meint er damit? Atzenberger? Mich? Alles?

      Ach … bis morgen.

      Wie spät ist es denn jetzt eigentlich? Ich blicke leicht ängstlich auf das Display meines Handys. Und das sagt mir sehr deutlich, digital genau und sogar ein wenig vorwurfsvoll, wie ich meine: vier! Es ist schon vier! Mach was, Fetzer! Ach, du meine Güte! Jetzt muss aber wirklich was passieren, denke ich. Wer zieht mir jetzt die Karre aus dem Dreck? Ich weiß ja gar nicht, ob das arme Auto überhaupt noch fährt. Aber eins steht fest, ich muss zurück nach Düsseldorf. Unbedingt. Hatte ich vielleicht gerade noch gedacht, ich könne vielleicht auch morgen noch zurück, dann hat sich das mit Arnos Anruf jetzt weitgehend erledigt.

      Und dann sehe ich sie.

      Sie steht vor einem parkenden … BMW, sucht anscheinend ihren Schlüssel oder irgendwas in einer riesigen, schön verzierten, ledernen Handtasche und sieht umwerfend dabei aus.

      Von hinten.

      Henni???

      Kann ja sein, oder? Sie wohnt ja jetzt wieder hier.

      Jetzt stellt sie die Tasche ab und bückt sich, um noch intensiver darin herumzuwühlen, flucht ein wenig dabei und ich kann ihre Kniekehlen sehen. Donnerwetter. Diese Kniekehlen kenne ich. Ich muss ganz tief Luft holen. Flach atmen.

      „Henni?“, frage ich ganz vorsichtig in Richtung … BMW, Handtasche, Kniekehlen.

      Jetzt dreht sie sich um, hat wohl auch ihren Schlüssel gefunden und sieht noch besser aus. Von vorne.

      „Henni?“

      Sie hat sich ja überhaupt nicht verändert, denke ich. Wie ist das denn möglich? Sie sieht genauso toll aus wie früher. Meine Henni. Plötzlich ist die ganze Zeit dazwischen einfach weg. Es ist wieder 1983, '84, '85 oder so und wir sind jung, verliebt – und blöd.

      Ich weiß natürlich, dass an mir die Zeit leider nicht so spurlos wie an ihr vorübergegangen ist, und daher bin ich mir etwas unsicher, was ich selbst gerade so für einen Eindruck mache. Es ist auf jeden Fall nicht der beste. Da kann ich ganz sicher sein. Henni hat mich jetzt seit fünfundzwanzig Jahren nicht gesehen, da könnte das erste Treffen nach so langer Zeit ein schwerer Schock für sie sein. Naja, die richtigen Momente kann man sich ja nie aussuchen. Also dann …

      „Henni!“

      Sie knibbelt ein wenig in meine Richtung mit ihren schönen blauen Augen, was darauf schließen lässt, dass sie wohl kurzsichtig geworden ist. Ja? Dann hätten die Jahre also doch ihre Spuren hinterlassen? Gehört hat sie mich scheinbar auch nicht sofort. Vielleicht ist da auch was mit den Ohren. Na, dann bin ich doch einigermaßen beruhigt. Das Alter macht also vor keinem Halt, nicht mal vor Henni Heggemann mit den Kniekehlen, denke ich und gehe mit viel zu viel Herzklopfen auf sie zu. Sie knibbelt immer noch ein wenig. Aber jetzt müsste die Entfernung eigentlich reichen … ja! Sie erkennt mich.

      „Heinz-Norbert! Da bist du ja!“

      „Jou. Da bin ich.“

      „Määänsch, Heinz-Norbert“, sagt sie dann mit ihrer Stimme. Sie müssen nämlich wissen, dass sie auch eine ganz tolle warme, weiche Stimme hat. Ich könnte ihr stundenlang zuhören, auch wenn sie bloß meinen blöden Namen sagt.

      „Ich wollte nur schnell … weil ich ja wusste, dass heute …“, stolpert sie verbal drauflos, „… ach, wie geht’s dir denn so?“, sagt sie dann aber entschlossen, lässt ihre Tasche stehen – sie tritt sie nur beinahe mit ihren schönen Füßen um – und kommt mir entgegen. Bis auf ungefähr eineinhalb Meter.

      „Das mit deiner Mutter tut mir leid“, sagt sie dann. „Meine ist auch tot seit ’nem halben Jahr.“

      „Ja, hat Klaus erzählt. Tut mir auch leid.“

      Ich kann sie beinahe anfassen. Ich könnte sie eigentlich umarmen oder so was. Tu ich aber nicht. Warum? Weiß nicht. Ich habe wahrscheinlich immer noch ein schlechtes Gewissen wegen … naja, das erzähle ich Ihnen noch, wenn Sie’s noch nicht ahnen … und bin natürlich auch immer noch beleidigt wegen dem … BMW-Fahrer. So was sitzt tief.

      „Mir geht’s sonst ganz gut … so weit“, stammele ich jetzt dafür blöd und sinnlos daher, fasse mir ohne weiteren Plan ins Gesicht und reibe orientierungslos an meinem Kinn herum. Henni, Henni, du machst mich nervös. Immer noch. Schon wieder.

      „Und dir, Henni? Wie geht’s dir so?“

      „Och jo, auch gut.“

      Dann stehen wir voreinander wie zwei ahnungslose Sechzehnjährige und glotzen uns nur dämlich an. Sie lächelt allerdings sehr schön, sie kann ja gar nicht glotzen. Aber wir müssen reden!

      „Wir haben uns ja ewig nicht gesehen … und dann jetzt leider auf ’ner Beerdigung …“, sagt sie da mit ihrer Stimme … den Füßen und ihren Knien. Jetzt kann ich nämlich ihre Knie sehen, weil sie sich ja umgedreht hat. Die sind auch so toll, aber ich will da jetzt nicht so hinstarren.

      „Ja“, sage ich, und dann muss ich ihn einfach doch noch ins Spiel bringen, „seitdem du damals mit diesem … BMW-…“

      „Ach ja“, sagt sie da ganz müde und fast bedauernd. „Heinz-Jürg.“

      Ja, so hieß der breitbeinige Arsch. Heinz-Jürg. Würg. Was für ein grandioser Blödmann-Name. Naja, da kann ja keiner was für.

      Und dann fällt noch ein Name.

      „Tja, und seit du und Gaby damals …“, sagt sie. „Das wollen wir ja auch nicht vergessen.“

      Ich atme schwer aus. Doch, das wollen wir vergessen! Ja, wir waren jung und … eben blöd. Und jetzt ahnen Sie’s auch. Da war mal was mit Gaby … naja, wie

Скачать книгу