Sinnliches Wissen. Minna Salami

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Sinnliches Wissen - Minna Salami

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       Minna Salami

       Sinnliches Wissen

      Eine schwarze feministische

      Perspektive für alle

      Aus dem Englischen von

      Yasemin Dinçer

       Für meine Mutter und meinen Vater

      INHALT

       Vorwort

       Vom Wissen

       Von der Befreiung

       Von der Dekolonisierung

       Von der Identität

       Vom Schwarzsein

       Vom Frausein

       Von der Schwesternschaft

       Von der Macht

       Von der Schönheit

       Anmerkungen

       Literatur

       Danksagung

      Poesie ist der Ort der Transzendenz.

      BELL HOOKS

      VORWORT

      Der Berg

      In einer weit entfernten Zeit lebte einmal ein Entdecker, der die Legende von einem nahe gelegenen Berg vernahm, auf dem ein solch riesiger Reichtum der Natur zu finden sei, dass er seine Stadt zur wohlhabendsten der Welt machen könnte. Unter dem Beifall der Stadtbewohner:innen machte er sich auf die Suche nach dem Berg, kehrte jedoch Monate später mit der enttäuschenden Nachricht zurück, er habe den Berg zwar gefunden, dieser sei jedoch unfruchtbar.

      Der Berg geriet schließlich in Vergessenheit. Nur eine einzige Person wurde das Gefühl nicht los, dass an der Legende etwas dran sein müsse, und verließ selbst die Stadt auf der Suche nach dem legendären Berg. Als diese zweite Entdeckerin zurückkehrte, verblüffte sie alle mit ihrem Bericht, der Berg sei in der Tat bedeckt von üppiger Vegetation, hoch aufragenden Bäumen und mindestens einigen Hundert Pflanzenarten.

      Verwirrt begannen die Menschen in der Stadt, einander zu beschuldigen. Sie bezichtigten den ersten Entdecker der Verschwörung mit benachbarten Städten. Auch die Integrität der zweiten Entdeckerin wurde infrage gestellt. Allerdings sagten beide Entdecker:innen die Wahrheit, sie hatten den Berg lediglich von verschiedenen Seiten gesehen.

      Aus einer afrikazentrierten schwarzen feministischen Perspektive schreibe ich allerdings nicht vorrangig, weil ich die europatriarchalische Sicht bekämpfen will. Mein Ziel besteht nicht darin, den ersten Entdecker davon zu überzeugen, dass er in Bezug auf den Berg im Unrecht ist. Das würde nur wieder ihn ins Zentrum der Geschichte stellen. Stattdessen geht es mir um die verborgene Geschichte der zweiten Entdeckerin und darum, ihre Welt ins Zentrum zu rücken.

      Ich betone das Wort verborgen, da ich mit Sinnliches Wissen auch keine »neue« oder »alternative« Perspektive zur europatriarchalischen liefern möchte. Damit läge der Fokus erneut auf dem Weißsein und der Männlichkeit, da es implizierte, diese seien die Achse, um die sich alles andere drehen müsse. Mein Schwarzsein und meine Weiblichkeit sind für mich keine »neuen« oder »alternativen« Blickwinkel. Was Race und Gender angeht, sind es die einzigen Blickwinkel, die ich kenne.

      Überdies sind das Schwarzsein und das Frausein zwar Eigenschaften, die mich Unterdrückung und Vorurteile wesenhaft verstehen lassen, aber sie bringen mich nicht automatisch in die Lage eines Opfers, so wie auch nicht jede weiß und männlich geborene Person automatisch ein Unterdrücker ist.

      Ethnizität, Gender und Race sind Zufallsfaktoren, die allerdings aufgrund der Narrative, die unsere Gesellschaft formen, maßgeblich beeinflussen, wie wir die Welt sehen und wie die Welt uns sieht.

      Ich möchte das Verständnis dafür, wie die Realität mit diesen Narrativen verbunden ist, nicht gegen die Illusion eintauschen, ich würde in einer farbenblinden, postfeministischen, postrassistischen und meritokratischen Fantasiewelt leben. Die unersetzliche Toni Morrison schrieb einst über die Naivität, die weißen Frauen historisch betrachtet gestattet wurde, weil Frauen mit anderem ethnischen Hintergrund sich um sie kümmerten: »Schwarze Frauen haben sich weißen Frauen gegenüber schon immer überlegen gefühlt. Nicht überlegen, was ihre Race angeht, sondern was ihre Fähigkeit angeht, gesund in der Welt zu funktionieren.«1

      Mit dieser provokativen Aussage meinte sie, dass das Leben als schwarze Frau zwar eine Herausforderung sein kann, eine schwarze Frau zu sein aber dennoch ein Segen ist, nicht zuletzt, weil es das Risiko einer naiven und ambivalenten Haltung gegenüber der Realität verringert.

      Wichtig an der verborgenen Perspektive der Entdeckerin ist also, dass sie das eindimensionale Denken unterbricht und zu einem lebendigeren Verständnis der Welt beiträgt. Schwarze Feministinnen haben von jeher betont, feministische Diskurse müssten antikapitalistisch und antiimperialistisch sein, da der Kapitalismus ein profitzentriertes System und der Imperialismus das Instrument ist, mit dem die Sucht nach Wachstum und Profit befriedigt wird. Es hat keinen Zweck, »das Patriarchat zu zerschlagen«, wie es viele westliche Feminismen von sich behaupten, ohne auch den Imperialismus und den Kapitalismus zu bekämpfen. Schließlich liegen in der europäischen Erde keine Diamanten. In den USA gibt es kein Coltan. Die Ressourcen, die die westlichen Patriarchate stärken, werden größtenteils auf eine unethische Weise aus dem Globalen Süden beschafft.

      Grundsätzlich

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