Harry Piel sitzt am Nil. Gerhard Henschel

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Harry Piel sitzt am Nil - Gerhard Henschel

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im Unglück: dies waren und sind, und werden ewig die Grundbestandtheile des jüdischen Volkscharakters sein. Hiezu kömmt noch ihr specifischer Geruch, den sie durch ihre unnatürlichen Laster, als ein Allen gemeinschaftliches Erbgut, erworben haben, und der ihnen so häufig in der heiligen Schrift mit den Worten: ihr habet euch stinkend gemacht mit euren Sünden! vorgerückt wird.

      Er halte »die Tödtung eines Juden weder für Sünde, noch für ein Verbrechen, sondern blos für ein Polizeivergehen«, schrieb er, und dann gönnte er sich einen politischen Tagtraum von Deportation und Vernichtung:

      Mit einigen Tausend Kanonen, könnte man das Ungeziefer über die Türkei bequem fortschüppen, Abrahams Nachkommen würden ihre beschnittenen Halbbrüder, die Ismaeliten gleichfalls weiter schieben, und wir hätten Constantinopel ohne einen Tropfen Christenbluts dann wieder erobert.

      Um ihre Sitten zu verbessern, und den Schacherteufel ihnen auszutreiben, müßte man nur Napoleon Bonaparte von Helena zurückberufen und ihn zum Könige der Juden ernennen. Hoffentlich würde er sie fleißig zu Kriegen gegen die Türken gebrauchen, wodurch ihr Muth wieder gestählt würde, und vielleicht könnten sie auf diese Weise ganz von der Erde vertilgt werden, ohne daß man nöthig hätte, selbst Hand an sie zu legen.

      Hundt-Radowsky hatte dem Rassenantisemitismus gründ­lich vorgearbeitet, dem der Orientalist Paul de Lagarde 1887 in seinem Buch »Juden und Indogermanen« eine Stimme gab:

      Es gehört ein Herz von der Härte der Krokodilshaut dazu, um mit den armen ausgesogenen Deutschen nicht Mitleid zu empfinden und – was dasselbe ist – um die Juden nicht zu hassen, um diejenigen nicht zu hassen und zu verachten, die – aus Humanität! – diesen Juden das Wort reden oder die zu feige sind, dies Ungeziefer zu zertreten. Mit Trichinen und Bazillen wird nicht verhandelt, Trichinen und Bazillen werden auch nicht erzogen, sie werden so rasch und so gründlich wie möglich vernichtet.

      Dieser Aufruf zum Völkermord konnte unzensiert erscheinen, während Gustave Courbets Gemälde einer Vulva – »Der Ursprung der Welt« – in einer Privatsammlung versteckt werden mußte. Heute aber hängt es öffentlich aus, im Musée d’Orsay in Paris, und Paul de Lagarde ist geächtet. Da können sich die Taliban auf den Kopf stellen.

       *

      Frauen, die auf Anstand hielten und den Anblick ihres eigenen nackten Körpers vermeiden wollten, wurde in der Biedermeierzeit empfohlen, Sägespäne in ihr Badewasser zu schütten, und auch einhundert Jahre später war man noch weit von der permissiven Gesellschaft entfernt. Am 18. August 1932 erließ das preußische Innenministerium eine Polizeiverordnung, in der es hieß: »Frauen dürfen öffentlich nur baden, falls sie einen Badeanzug tragen, der Brust und Leib an der Vorderseite des Oberkörpers vollständig bedeckt, unter den Armen fest anliegt sowie mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. Der Rückenausschnitt des Badeanzugs darf nicht über das untere Ende der Schulterblätter hinausgehen.«

      Dieser »Zwickelerlaß« rief viel Spott hervor, doch man ahnte noch nichts vom Stringtanga. In dem Verbot des Burkini genannten Ganzkörperbadeanzugs, das im Sommer 2016 an zahlreichen französischen Stränden vorübergehend in Kraft getreten war, kann man wiederum ein Zeichen wachsender Intoleranz erkennen. Gerechtfertigt wurde das Verbot mit der Begründung, daß es sich beim Burkini um »ostentative Kleidung« handele, »die auf eine Zugehörigkeit zu terroristischen Bewegungen hinweist, die gegen uns Krieg führen«.

      Frauen das Baden zu verbieten und sie zu Verbrecherinnen zu erklären, weil sie ihre Beine nicht zeigen – ist das des freien Westens würdig?

       *

      In der Mitte des 19. Jahrhunderts wandelte sich die französische Poesie: »Der bisherige Wortschatz wird physischer als bisher benutzt und scatologische, sexuelle, anatomische sowie pathologische Begriffe erweitern den bisherigen lexikalischen Fundus« (Anja Schonlau, »Syphilis in der Literatur«, Würzburg 2005). Dagegen regte sich natürlich Widerstand. Als im Juni 1857 Baudelaires Gedichtband »Die Blumen des Bösen« erschienen war, griff der Journalist Gustave Bourdin den Dichter im Figaro scharf an: »Hier findet man das Niedrige Seite an Seite mit dem Widrigen, das Abstoßende im Verein mit dem Ekelerregenden. Noch nie hat man auf so wenigen Seiten in soviel Brüste beißen und sie gar zerkauen sehen; noch nie hat man einer solchen Heerschau von Dämonen, Fötussen, Teufeln, Chlorosen, Katzen und Gewürm beigewohnt. Dieses Buch ist ein Siechenhaus, das allen Narrheiten des Geistes, allen Fäulnissen des Herzens offensteht; wenn es noch geschähe, um sie zu heilen, aber sie sind unheilbar.«

      Baudelaire war entsetzt. Seinem Verleger Auguste Poulet-Malassis schrieb er:

      Verstecken Sie schnell die ganze Auflage, aber verstecken Sie sie gut; es müssen noch 900 Exemplare in Bogen bei Ihnen liegen. – Bei Lanier befanden sich noch 100; die Herren waren offenbar baß erstaunt, weil ich 50 davon retten wollte. Ich habe sie in Sicherheit gebracht und den Empfang bescheinigt. Bleiben also 50 für die Gefräßigkeit des Zerberus Justiz.

      Das hat man davon, wenn man dem FIGARO Belegexemplare schickt!!!

      Es kam zum Prozeß. Sechs der Gedichte, erklärte der Staatsanwalt Ernest Pinard, der im selben Jahr schon vergeblich versucht hatte, ein Verbot des Romans »Madame Bovary« zu erwirken, verletzten die öffentliche Moral. Dazu gehöre das Gedicht »Les Métamorphoses du Vampire«. In der ersten Strophe windet sich – in der Prosaübertragung von Friedhelm Kemp – ein Weib »wie eine Schlange auf der Glut«, preßt »seine Brüste über dem Gestänge des Mieders« und preist die eigene Erfahrenheit »in allen Lüsten«, woraufhin der Liebhaber, nach vollzogenem Geschlechtsakt, in der zweiten Strophe schaudernd zurückweicht:

      Als sie mir aus den Knochen alles Mark gesogen und ich ermattet mich zu ihr wandte, einen Liebeskuß ihr zu erwidern, sah ich nur einen Schlauch noch, mit verklebten Flanken, ganz von Eiter angefüllt! Ich drückte in kaltem Grauen beide Augen zu, und als ich in der Helle des lebendigen Lichtes sie wieder aufschlug, lagen da anstatt des mächtigen Gliederbalges, der sich mit Blut so reichlich vollgepumpt zu haben schien, zur Seite rasselnd mir nur des Gerippes Reste, die das Kreischen einer Wetterfahne hören ließen und solchen Schildes, wie es an einer Eisenstange im Wind der Winternächte schaukelt.

      »Glauben Sie ernstlich«, fragte Pinard, »daß man alles sagen, alles schildern, alles entblößen darf, wenn man nur anschließend von dem Ekel spricht, den die Ausschweifung erzeugt, und wenn man die Krankheiten beschreibt, die ihre Strafe sind?«

      Das Menschenrecht, die Wollust zu besingen, den Ehebruch zu feiern, Morbides zu dichten, Gott zu lästern und sich überhaupt amoralisch zu äußern, war noch nirgendwo verbrieft. Baudelaires Verteidiger blieb gar nichts anderes übrig, als seinen Mandanten von allen Vorwürfen reinzuwaschen und ihn zum Herold der christlichen Sexualethik zu stilisieren, der seine Leser zur Tugendhaftigkeit erziehen wolle. Er zeige zwar das Laster, so lautete das Argument, »aber er zeigt es Ihnen als verabscheuungswürdig; er schildert es Ihnen in abstoßenden Farben, weil er es verabscheut und weil er Abscheu davor wecken will, weil er es haßt und weil er Haß dagegen einflößen will, weil es es verachtet und weil er will, daß Sie es verachten.«

      Doch es half nichts: Baudelaire und sein Verleger wurden zu einer Geldbuße und zur Erstattung der Gerichtskosten verurteilt, und die Druckplatten der sechs Gedichte mußten vernichtet werden.

      Auf die Nachwelt sind sie trotzdem gelangt.

       *

      1870 wurde Moritz Schauenburg von der Staatsanwaltschaft vor dem Badischen Kreis- und Hofgericht »wegen durch die Presse verübter Herabwürdigung der Religion und Erregung

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