Urbanität und Öffentlichkeit. Группа авторов

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Urbanität und Öffentlichkeit - Группа авторов Theologische Studien NF

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Romantik, als eine poetische und unter Umständen auch gefährliche Utopie. Er fragt nach der Kirche als der City of God, und nach uns, die wir vielleicht religiös noch nicht dort angekommen sind, wo wir urban schon sind. Hier ist ein Blick über die Grenzen ermutigend. Der Praktologe Henk de Roest, Professor in Groningen, zeigt Prozesse der Genügsamkeit, der Verbesserung und Erneuerung inmitten der Entkirchlichung in Amsterdam. Es entstehen dort neue Kirchenorte, die sich an die Frage anlagern: Was können wir einander bedeuten? Auch Isabelle Grellier, Professorin für Praktische Theologie in Strasbourg, findet aus der Minoritätssituation des Protestantismus in Frankreich heraus im Ereignis, im Spiel, in Märchen und Kunst die angemessene Art und Weise, wie wir etwas über eine Wahrheit aussagen können, die wir nicht in unsere Wörter einsperren können. Sie plädiert dafür, auf Umwegen auf das auch bei urbanen Menschen präsente Bedürfnis nach dem Heiligen einzugehen und für Spiritualität neue Ausdrucksformen zu erfinden. Dazu gehört auch der Protest gegen das Elend in Wort und Tat. Dave Frenchak und Carol Ann McGibbon, Präsident emeritus und Vizedekanin des Chicagoer SCUPE (Seminary Consortium for Urban Pastoral Education) rufen zu einer bewussten theologischen Reflexion über Städte auf. Kirche hat den Auftrag sicherzustellen, dass Gott in unseren Städten geehrt wird und dass sie lebenswerte Orte sind. Das Ziel ihrer Ausbildung sind theologische Führungskräfte, die den Stimmen urbaner Gemeinschaften nicht nur zuhören, sondern sie verkörpern.

      Im zweiten thematischen Teil setzen sich Theologen und Politiker mit der Frage nach der Öffentlichen Kirche auseinander. Wilhelm Gräb, Professor für Praktische Theologie und Direktor des Instituts für Religionssoziologie und Gemeindeaufbau in Berlin, sieht das Wächteramt der Kirche kritisch. Für ihn ist Glaube eine unvertretbar individuelle Angelegenheit, und so setzt Öffentlichkeit auch hier Partizipation voraus. Was die Kirche in die Öffentlichkeit einbringen kann, ist Ort der kommunikativen Auseinandersetzung mit Religion als Glaubensdeutung zu sein. Religion als Glaubensgrund bleibt unhintergehbar privat. |8| Christina Aus der Au kontrastiert in ihrer Replik diese Aussensicht von Religion mit deren Innensicht. Da geht es nicht um Wahrheit, sondern um Gewissheit und den unverzichtbaren Anspruch auf Orientierung in der bleibenden Ambivalenz des Weltlichen. Pierre Bühler, Professor für Systematische Theologie an der Universität Zürich, kontrastiert seinerseits in seiner Antwort das liberale und unabhängige Subjekt mit dem Menschen in seinen Gemeinschaftsbezügen, der ständig über sein Leben und Tun Rechenschaft ablegen muss. In diesem Kontext des Bezeugens muss das Wächteramt gesehen werden, und Bühler konkretisiert dies am Beispiel der Zürcher Kirche und des Monitoring von Ausschaffungsflügen illegal in der Schweiz lebender Ausländer durch den SEK.

      Thomas Schlag verbindet den Öffentlichkeitsanspruch der Kirche mit ihrer Rolle als intermediäre Institution zwischen Individuum und Gesellschaft. Ein kirchliches Wächteramt kann dann nur im Dienst der Versöhnung gesehen werden, wodurch der öffentliche Auftritt mit der Seelsorge am Einzelnen um seiner selbst willen zu verbinden ist. Ralph Kunz, ebenfalls Professor für Praktische Theologie in Zürich, verweist darüber hinaus auf die liturgische Dimension der öffentlichen Kirche. Im öffentlichen Gottesdienst wird der Aufbruch des Reiches Gottes wachgehalten und daran erinnert, dass hier etwas ganz anderes gelten soll als in der Gesellschaft. Der Gottesdienst ist sowohl Anruf der Gnade als auch Aufruf zur Heiligung, Fürbitte und Segen, und dies ist vor allem bei besonderen Anlässen oder bei der Bewältigung von Katastrophen, aber auch in den auch für viele Säkulare selbstverständlichen Weihnachtsfeiern öffentlich erlebbar. Auch für Hans Strub ist die Kirche wesentlich öffentlich: für die Öffentlichkeit, mit der Öffentlichkeit, in der Öffentlichkeit. Er sieht ihre Aufgabe weniger als Wächter, als vielmehr in kritischer Wahrnehmung und Begleitung, die um ihre eigenen Kriterien weiss. Strub schlägt vor, dass für eine bestimmte Zeit fähige und zuverlässige Personen diese kirchliche Kritikfunktion übernehmen und sich regelmässig und selbstverständlich zu anstehenden Themen vernehmen lassen könnten. Bernhard Egg, Präsident des Kantonsrates Zürich und Kirchenrat der reformierten Landeskirche Zürich, bestätigt, dass der Staat von den Kirchen offensichtlich erwartet und erhofft, sie seien kritisch, wertebegründend, wertevermittelnd und integrativ. Provokativ fragt er, welche Werte denn in den Predigten verkündigt werden sollen, wenn die Kirchen zu gesellschaftlichen Realitäten schweigen müssten. Martin Graf, Regierungsrat und Vorsteher der Direktion der Justiz und des Innern im Kanton Zürich, misst den Erfolg der Kirche an der Qualität der Antworten, die sie auf gesellschaftliche Probleme geben. Er skizziert die globale Problemlage und fordert, die Kirchen müssten sich einmischen, allerdings habe dabei die religiöse, rein kultische Seite der Kirche beim Erfüllen dieser Aufgabe in den Hintergrund zu treten.

      Dieses Stichwort nimmt der dritte Hauptteil auf: Mission – ein sinnvoller Leitbegriff praktisch-theologischer Forschung und kirchlicher Praxis? Hat Kirche |9| eine hidden agenda, wenn sie über und durch ihr gesellschaftliches Engagement den christlichen Glauben ins Gespräch bringen will? In Rede und Gegenrede diskutieren Wilhelm Gräb und Ralph Kunz: Beide sind sich einig darin, dass das Thema Mission auch ein Thema der Praktischen Theologie ist. Während aber Gräb dafür die kritische Beobachterperspektive reklamiert und einen religionswissenschaftlich aufgeklärten praktisch-theologischen Theorierahmen voraussetzt, sieht Kunz darin eine gefährliche Einseitigkeit: Es sind dann immer nur die Teilnehmenden, die sich von den Beobachteten in Frage stellen lassen, nie umgekehrt. Er verweist dagegen auf den Gedanken der Sendung Gottes in die Welt, der missio Dei, die ein solches Teilnahme-Beobachtungs-Modell theologisch dekonstruiert, weil sie mit der Tradition gegen die Tradition argumentiert. Gräb wiederum sieht darin die Gefahr, dass sich damit das Menschliche in ein – vorausgesetztes – Göttliches auflöst. Eine verantwortliche Missiologie bedeutet für ihn, die Allgemeingeltung und Verbindlichkeit christlichen Gottglaubens in den Herausforderungen der Zeit mit vernünftigen Gründen zu behaupten. Genau diese Vernunft will Kunz allerdings seinerseits theologisch verwurzelt wissen, damit das interreligiöse Gespräch nicht nur ein Wie, sondern auch ein Worüber erhält. Nicht nur von der Vernunft, sondern auch vom Geist soll geredet werden.

      Dieser Tagungsband steht gewissermassen für die Arbeit und den Auftrag des ZKE. Darüber, was Kirche ist und was sie werden soll, muss debattiert werden – und dies von verschiedenen Standpunkten her und möglichst perspektivenreich.

      Wir danken all denjenigen, die zum Zustandekommen dieses Bandes beigetragen haben, insbesondere Frau Marianne Stauffacher, Verlagsleiterin und Lektorin beim TVZ, die uns dabei sehr liebenswürdig und äusserst engagiert betreut hat.

      Wir wünschen den Leserinnen und Lesern eine angeregte Lektüre.

      Christina Aus der Au/Ralph Kunz/Thomas Schlag/Hans Strub

      Zürich, im März 2013 |10|

       |11|

      Inhalt

      Cover

      Titel

      Impressum

      Vorwort

      Inhalt

      I Programmatischer Auftakt

      Thomas Schlag

       Urbanität und Öffentlichkeit – Dynamische Rahmenbedingungen und Ressourcen für die Kirchenentwicklung und ihre Erforschung durch ein neues Zentrum

      II Urbanität und Religiosität

      Gisa Klönne

       Wie relevant ist Kirche in meinem Leben?

      Irene Gysel

       Zu Urbanität und Religiosität

      Hans Strub

       Kybernetische Voraussetzungen und Konsequenzen für die Kirche von heute und morgen. Gedanken zum Begriff der Urbanität

      Christina

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