Erinnerungen an Kurt Cobain. Danny Goldberg M.

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Erinnerungen an Kurt Cobain - Danny Goldberg M. страница 11

Erinnerungen an Kurt Cobain - Danny Goldberg M.

Скачать книгу

beruhte, aber in unseren Gesprächen 2018 erklärte sie respektvoll: „Ich war zwar nie ein Fan ihrer Musik, aber ihre Kultur fand ich großartig.“

      Die Riot Grrrls und Courtney Love standen für zwei sehr unterschiedliche Überzeugungen, die Everett True so beschreibt: „Es gab Bands wie die Sex Pistols und The Clash, die überzeugt waren, dass man die Gesellschaft unterwandern, von innen aufbrechen und das System auf den Kopf stellen sollte, und auf der anderen Seite Leute wie Ian MacKaye und Fugazi, die meinten, dass man durch jede Berührung mit dem System korrumpiert würde und besser außerhalb komplett alternative Strukturen schuf. Kurt entschied sich offensichtlich für das Unterwandern. Und er war am Schluss mit Courtney Love zusammen und nicht mit Tobi Vail. Das sagt doch schon alles, oder?“

      Das spiegelt sich auch in Kurts Tagebüchern aus der Zeit nach den Aufnahmen von Nevermind: „Durch die jüngsten Kontakte zu Angestellten des Kapitalismus-Monsters habe ich festgestellt, dass es eine Handvoll äußerst ehrenwerter und aufrichtiger Musik-Fans gibt, die sich als Feinde getarnt haben, um selbst die Mechanismen des Imperiums zu infiltrieren und um das zu zerstören, was wir als Scheiße erkannt haben.“

      Dass Kurt schließlich beschloss, Olympia den Rücken zu kehren, führten einige seiner Biografen darauf zurück, dass seine Beziehung zu Vail zerbrach, aber Krist nennt einen anderen Grund. „Er war wesentlich talentierter als die meisten Leute in der Stadt. Eine Menge Leute in der Kreativszene sind reine Poser, die nichts wirklich erschaffen. Kurt hingegen war wirklich ein Künstler.“

      Mir hatte Kurt oft gesagt, dass die elitäre Haltung dieser Szene ihm auf die Nerven gehe und sie ihn in seinem Ehrgeiz bremse. Eric Erlandson berichtet: „Ich konnte verstehen, was Kurt an Olympia gefiel, aber auch, was ihm nicht gefiel – dass es dort so verbohrt und wertend zuging und überall geklüngelt wurde.“ Kurt beschwerte sich Azerrad gegenüber: „Ich wünschte mir, die Leute würde nicht alles so beschissen ernst nehmen. Jeder in der Underground-Szene scheint für irgendeine Utopie zu kämpfen. Es gibt unglaublich viele kleine Grüppchen. Wenn es nicht gelingt, eine vereinte Untergrundbewegung zu schaffen, sondern ständig über irgendwelchen Kleinkram gestritten wird, wie will man dann auf breiter Ebene irgendwas bewirken?“ Die Punk-Szene in Olympia wollte allerdings auch nichts bewirken. Kurts Talent und seine Sensibilität wurden gefeiert, aber seinen Ehrgeiz ignorierte man.

      Courtney Love hatte eine Zeitlang in Olympia gelebt, bevor sie Kurt kennenlernte, und dabei eine noch bitterere Einstellung zu der Szene rund um K Records gewonnen. In ihrem Song „Rock Star“ von Holes Album Live Through This machte sie sich gallig über die dort herrschende Selbstzufriedenheit lustig: „When I went to school in Olympia / And everyone’s the same / We look the same / We talk the same.“ In der Akustikversion, die sie für die Sendung des legendären BBC-Moderators John Peel aufnahm, fügte sie in sarkastischem Ton hinzu: „I went to school with Calvin.“

      Sie bezog sich dabei auf Calvin Johnson von K Records, der Kurt auf Künstler wie die Vaselines und Jad Fair aufmerksam gemacht hatte, auf Musik, die nuancierter ausfiel als der harte Sound der lauten Punk-Bands, die ein größtenteils männliches Publikum anzogen. Zwar nahmen Nirvana nie etwas für K auf, aber im September 1990 spielte Kurt in Johnsons Sendung auf KAOS ein paar akustische Songs und coverte mit ihm gemeinsam den Wipers-Song „D-7“. (In dieser Sendung gab Kurt zudem bekannt, dass Dave Grohl die Band am Schlagzeug verstärken würde.) 1991, nachdem er aus Olympia weggezogen war und kurz, bevor Nirvana bei Geffen unterschrieben, ließ sich Kurt das K-Records-Logo auf den Unterarm tätowieren. „Es soll mich daran erinnern, ein Kind zu bleiben“, sagte er dazu. Er stand mit Johnson noch lange in Briefkontakt, auch nachdem Nevermind ein Welterfolg geworden war.

      In der Woche, nachdem „Smells Like Teen Spirit“ erstmals im Radio gespielt worden war, veranstaltete K die International Pop Underground Convention (IPUC) in Olympia. Das dazugehörige Manifest verkündete unter anderem: „Schleichend weitet das Kapitalismus-Monster seinen Einfluss auf die Köpfe der Jugend in den Industriestaaten aus, und damit ist für die Rocker aus aller Welt die Zeit gekommen, sich zusammenzuschließen und unsere großartige Unabhängigkeit zu feiern. Weil das Kapitalismus-Monster die kreative Community mit der schwarzen Pest der vertraglichen Knechtschaft infiziert hat. Weil wir die Totengräber sind, die das graue Gespenst des Rockstar-Mythos begraben haben. Wir werden nicht verschwinden … Revolution ist das Ende. Revolution ist der Anfang. Lakaien des Kapitalismus-Monsters haben keinen Zutritt.“ Doch andernorts, im Bundesstaat Washington, standen schon neue Indie-Kräfte in den Startlöchern.

      Seattle war nur eine Autostunde von Olympia entfernt und Sub Pop Records hatte zunächst eine ähnliche Ausrichtung verfolgt wie K, aber sich letztlich als wesentlich flexibler erwiesen im Umgang mit dem Musikbusiness. Bruce Pavitt, der ebenfalls in Olympia am Evergreen College gewesen war, hatte zunächst seine Radiosendung auf KAOS und das damit verbundene Fanzine Subterranean Pop genannt, den Namen dann aber verkürzt. Nach seinem Umzug nach Seattle gründete er 1988 mit Jonathan Poneman das gleichnamige Label, und die beiden wurden zu Unternehmern, die in letzter Konsequenz mit Ben & Jerry’s ebenso viel gemeinsam hatten wie mit K.

      Als Motto für den Labelbetrieb wählten die beiden „World Domination“, auf Ponemans Visitenkarte stand „Firmenlakai“ und auf Pavitts „Firmenmagnat“. Sie präsentierten sich gleichzeitig als Geschäftsmänner und Rebellen, die sich selbst nicht ganz ernst nehmen, und diese Pose funktionierte.

      Kurt schrieb Sub Pop immer wieder an. Courtney sagte mir: „Er wollte unbedingt dort unterkommen, weil er sich zu Beginn seiner Karriere sehr an Soundgarden orientierte, und die waren zuerst auch bei Sub Pop gewesen.“ Seine Hartnäckigkeit zahlte sich aus; schon nach kurzer Zeit willigten Poneman und Pavitt ein, Nirvana ein paar Singles für ihr Label aufnehmen zu lassen. Die Band fiel sofort auf, zum einen wegen Kurts Stimme, aber auch wegen seines furchtlosen Körpereinsatzes bei Konzerten, wenn er ohne Rücksicht auf Verluste von den Aufbauten auf die Bühne oder ins Publikum sprang.

      Mit seinem Charme nahm Kurt jeden beim Label für sich ein. Jennie Boddy, die Pressefrau von Sub Pop, teilte sich eine Wohnung mit Susie Tennant, die als Radio-Promoterin für Geffen Records arbeitete. (Die Rock-Szene in Seattle zeichnete sich damals vor allem dadurch aus, dass die Leute sich untereinander stärker verbunden fühlten als den Unternehmen, für die sie arbeiteten.) Nach der Veröffentlichung von Bleach, als Nirvana so viel auf Tournee unterwegs waren, dass sich für die Musiker keine Wohnung lohnte, übernachteten sie oft, wenn sie in Seattle spielten, bei Boddy auf dem Fußboden. Wie viele seiner alten Weggefährten erinnerte sich auch Boddy gern an die Zeit mit Kurt: „Wenn er bei uns war, dann legte er erst die Greatest Hits von ABBA auf, dann die Partridge Family, und dann spielte er die Vaselines und Beat Happening, und wir hatten dabei wahnsinnig viel Spaß!“ Während andere Grunge-Rocker eher laut und selbstbewusst daherkamen, war Kurt völlig anders. „Er war immer total süß. Echt hypersensibel.“ Tennant berichtet: „Kurt war wirklich supernett, freundlich und echt witzig. Sein Humor war eine verrückte Mischung aus Blödelei, Sarkasmus und messerscharfem Witz.“ Rückblickend fügt Tennant hinzu: „Er war außergewöhnlich einfühlsam und ein loyaler Freund. Davon abgesehen war er sehr belesen und ein wahrer Künstler, sowohl im musikalischen als auch im bildnerischen Bereich. Ich werde ihn vermissen, solange ich lebe.“

      Die erste Nirvana-Platte, die bei Sub Pop erschien, war eine Cover-Version von „Love Buzz“, das im Original von der holländischen Band Shocking Blue stammte. „Love Buzz“ war die erste Veröffentlichung im Rahmen des Sub Pop Singles Clubs, eines cleveren Programms, das etwas Geld in die Kassen des notorisch klammen Labels spülen sollte. Die Clubmitglieder zahlten 35 Dollar im Jahr und bekamen dafür pro Monat eine Single zugeschickt. 1990, als es etwa zweitausend Abonnenten gab, wurde der Preis auf 40 Dollar erhöht.

      Die frühen Nirvana-Singles fanden so viel Beachtung, dass schon bald ein Album anvisiert wurde.

      Thurston

Скачать книгу