Dr. Norden Extra Staffel 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Komm bald wieder, Ulli«, murmelte Cordula, und ihre Hand tastete über die Bettdecke. Ulrich legte sein Gesichtchen darauf und flüsterte: »Liebe Mami.«
Dann sah er Constantin an mit einem Ausdruck, der alles verriet, was in seinem Innern und in seinem Kopf vor sich ging. Seine Lippen waren aufeinandergepreßt, und Tränen stiegen in seine Augen.
»Komm jetzt, Ulli, Mami schläft«, sagte Constantin zärtlich. »Ich bleibe jetzt noch eine Weile bei dir.«
»Es ist doch schlimm«, murmelte Ulrich leise. »Mami ist ganz dünn. Es wird wohl noch lange dauern, bis sie wieder ganz gesund ist.«
Es ging Constantin zu Herzen, wie viele Gedanken sich das Kind machte.
»Wir müssen noch Geduld haben, aber es wird jetzt von Tag zu Tag bessergehen, wenn Mami dich immer sehen kann.«
»Du kommst aber auch, Constantin, nicht wahr?«
»Natürlich komme ich. Jeden
Tag, darauf kannst du dich verlassen.«
Auf dem Flur trafen sie André Riedmann. Der blieb überrascht stehen. »Ja, wen sehe ich denn da!« rief er erfreut aus. »Ulrich ist da! Willst du Benny besuchen?«
»Morgen, heute nicht«, erwiderte Ulrich. »Ich muß wieder ins Bett.«
André sah Constantin erschrocken an, aber der bedeutete ihm mit einer leicht verneinenden Kopfbewegung, daß er keine Fragen stellen solle.
»Sehen wir uns nachher vielleicht noch, Constantin?« fragte André.
»In einer Viertelstunde.«
»Okay. Und wir sehen uns morgen, Ulli?«
Der Junge nickte. »Schönen Gruß an Benny.«
Man spürte, daß Ulrich mit seinen Gedanken woanders war… Im Zimmer umarmte er Constantin. Er klammerte sich förmlich an ihn. »Du läßt uns nicht allein, Constantin, gell?«
»Wie kommst du denn auf solche Gedanken?«
»Ich weiß nicht, mir ist nur so bange.«
»Das ist noch der Schock von heute morgen, Ulli. Wenn du erst eine Nacht darüber geschlafen hast, ist alles besser.«
»Es hat so doll gekracht! Mir tut der Kopf auch wieder weh. Ich bin so traurig, daß es Mami noch so schlecht geht.«
»Es geht ihr nicht mehr schlecht, sie ist nur noch blaß. Und das kommt auch daher, weil sie so lange nicht mehr an der frischen Luft war. Wenn es ihr noch ein bißchen bessergeht, bringe ich euch beide in ein schönes Sanatorium, und da erholt ihr euch gründlich.«
»Kommst du dann auch mit?«
»Nicht die ganze Zeit, aber bestimmt ein paar Tage. Und natürlich besuche ich euch oft. Deshalb suchen wir auch eines aus, das nicht so weit weg liegt. Vielleicht nehmen wir eins am Tegernsee. Den kennst du doch, nicht wahr?«
»Ja, da ist es schön, da wollte Mami ein Haus kaufen, das weiß ich noch. Aber wie kommt es, daß ich so viel vergessen habe, Constantin?«
»Weil du noch ein Kind bist. Kinder vergessen manches schnell, was ihnen nicht so gut gefallen hat.«
Schwester Nora kam und fragte, ob sie helfen könnte.
»Wir kommen schon klar«, erwiderte Constantin freundlich. »Aber vielleicht können sie Ulrich noch ein Glas Milch bringen.«
»Er soll lieber Saft trinken, hat der Chef gesagt«, erklärte Nora. »Was für Saft möchtest du haben?«
»Orangensaft. Aber nicht so dicken.«
»Möchtest du noch etwas essen?«
Er schüttelte leicht den Kopf. »Höchstens Butterkeks.«
Er lag schon im Bett, als Nora mit dem Gewünschten kam. Er trank den Saft und aß einen Keks, aber ihm fielen gleich darauf die Augen zu. Es war ein anstrengender Tag in seinem jungen Leben gewesen.
Constantin erinnerte sich an seine Kindheit. Er war als Dreijähriger mal von einem Radfahrer angefahren worden und schwer gestürzt. Später hatte ihn seine Mutter immer wieder daran erinnert, wenn er zur Schule ging, aber er hatte keine Erinnerung mehr daran gehabt. Sie war nur immer wieder von seiner Mutter geweckt worden.
Ulrich aber sollte nie mehr an jene Geschehnisse erinnert werden, die sein junges Leben schon so einschneidend verändert hatten, das schwor sich Constantin. Er war überzeugt, daß Cordula mit ihm einer Meinung sein würde.
Es war noch keine Viertelstunde vergangen, aber André wartete schon im Gang auf ihn.
»Ich möchte mich doch mit Ihnen absprechen, Constantin«, sagte er. »Wir wollen keine Fehler machen, die Ulrich erschrecken könnten. Ich habe eben erfahren, was heute vormittag passiert ist. Das ist ja schrecklich! Das arme Kind hat zum zweiten Mal in Todesgefahr geschwebt. Hoffentlich war das kein Schock für Cordula.«
»Sie weiß es nicht… und soll es auch so bald nicht erfahren.«
»Das wird besser sein«, nickte André. »Joana soll ja schwer verletzt sein, wie mir gesagt wurde. Nun muß sie es am eigenen Leib erleben, wie das ist. Soll man das als ausgleichende Gerechtigkeit bezeichnen, oder ist das zu frivol?«
»Mir sind auch solche Gedanken gekommen«, gab Constantin zu. »Sie hat Cordula nichts Gutes gewünscht. Und wenn sie mit Ulrich sprechen, erwähnen Sie Joana am besten gar nicht. Die Kinder werden sich ja bestimmt ganz unbefangen unterhalten.«
»Es ist ein wahres Wunder, daß Ulrich nicht mehr abbekommen hat«, murmelte André.
»Ja, er muß mehrere Schutzengel haben.«
»Hoffentlich bleiben sie ihm zur Seite. Darf ich Sie fragen, ob Bürgner einen Infarkt hatte? Es wird recht viel gemunkelt.«
»Es könnte sein. Ich weiß aber auch nichts Genaues.«
»Aber mit der Firma ist doch alles in Ordnung, oder muß Cordula sich da auch Sorgen machen?«
»Nein, es steht sehr gut.«
»Es ist keine Neugier, wenn ich frage. Ich wäre immer bereit, Cordula zu helfen.«
»Ich auch«, erwiderte Constantin betont. »Aber finanzielle Sorgen wird sie nie haben.«
Die beiden Männer verließen die Klinik gemeinsam. »Noch eine Bitte habe ich, Constantin: Sollte Ihnen Tessa über den Weg laufen, sagen Sie besser, daß wir uns kaum sehen. Sie werden sie sonst nicht mehr los.«
Constantin lächelte flüchtig. »Eigentlich habe ich nie Zeit für eine Unterhaltung«, erwiderte er. Und dann schieden sie mit einem festen Händedruck.
*
Dr. Behnisch wurde anderntags von Tessa buchstäblich überrollt. Sie fände es unerhört,