Selbstmanagement – mit Coachingtools. Thomas Hanstein
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1 Coaching – ein Etikett für alles und jeden?
Ursprung – sportliche Begleitung erobert die Wirtschaft
Im Sport, insbesondere im Fußball, wird seit vielen Jahren wie selbstverständlich vom Coach und Coaching – synonym zum Trainer und Training5 – gesprochen, ohne dass diese Bezeichnung näher definiert oder gar hinterfragt wird. Was mit der Verwendung des „Coachs“ aber thematisch mitzuschwingen scheint und was eine – zumindest implizite – Spur hinsichtlich der Intention sportlichen Coachings legen kann, ist die Ebene des „mentalen“ Trainings, der ganzheitlichen Einstimmung auf ein Spiel – bzw. dessen mentale Nachbereitung. So kann die schleichende „Platzeroberung“ durch das Thema Coaching auch als Bewusstseinserweiterung dahingehend verstanden werden, dass Fußball mehr als Technik und Teamgeist ist – und was, darüber hinaus, das Besondere und Eigene am Coaching ist. Über den Sport hat sich das Thema in die Wellness-Branche hin ausgeweitet. Durch die nahezu inflationäre Verwendung des Begriffs in diesem Bereich – in etlichen Büchern zur Lebensberatung oder in diversen Fernsehsendungen und auch Spielfilmen zu sehen – kann sich der Eindruck aufdrängen, beim Coaching handle es sich um eine „softe“ Variante der Lebensbegleitung. So sei bereits zu Beginn festgestellt, dass sich „Coaching (…) im deutschsprachigen Raum aus der Begleitung von Führungskräften heraus entwickelt“ hat (Berninger-Schäfer, 2011, S. 11). Wenn auch die terminologische Herkunft im Sport gesehen werden kann, von dem der Begriff in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in die Wirtschaft überschwappte, gehört Coaching ab dieser Zeit originär in den Bereich der Führungskräftebegleitung (und -entwicklung), weshalb Elke Berninger-Schäfer in der „Qualitätssicherung von Führungstätigkeit (…) nach wie vor das „hauptsächliche Ziel von Coaching“ (ebd.) sieht. In den letzten 30 Jahren hat sich Coaching permanent weiterentwickelt und ausdifferenziert, so dass es, nach Regina Mahlmann, „über die Zielrichtung und über das Verständnis von Einzel- und auch Gruppen-Coaching“ mittlerweile „einen allgemeinen Nenner“ (Mahlmann, 2009, S. 12) gibt. Mahlmann begründet dies mit einem Blick auf grundlegende Ansätze, deren „Definitionen tatsächlich wenig differieren“ (ebd.) würden. So wird Coaching – in diesem Überblick – von Astrid Schreyögg zum Beispiel als „Förderung beruflicher Selbstgestaltungspotenziale“ (nach Schreyögg, 1995) definiert, von Horst Rückle als „Prozess zur Entwicklung der Persönlichkeit und (…) rollen-spezifischer Fähigkeiten“ (nach Rückle, 2000) verstanden, oder von Thomas Holterbernd und Bernd Kochanek als „Unterstützung der Persönlichkeitsbildung in Arbeitszusammenhängen“ (nach Holterbernd/Kochanek, 1999).
So diese Beobachtung von Mahlmann – bei der exemplarischen Nennung von Definitionen – zutrifft, hat die von Berninger-Schäfer konstatierte „Tendenz zur Professionalisierung und Qualitätssicherung“ (Berninger-Schäfer, 2011, S. 13) im Bereich Coaching ab dem Jahr 2000, verstärkt nochmals ab 2004, daran entscheidenden Anteil. In Beiträgen vor dieser Zeit nämlich lassen sich noch Beschreibungen finden, die heute kaum mehr en vogue sein dürften. So schrieb dieselbe, oben zitierte Autorin vor 20 Jahren zum Beispiel von Coaching als „problemorientierter Beratungsform“ (Schreyögg, 1995, zitiert nach Mahlmann, 2009, S. 12). Die in den letzten Jahren ausgebaute Verbandsarbeit, v. a. durch den Deutschen Bundesverband Coaching – als führender Verband im Bereich Business-Coaching und Leadership im deutschsprachigen Raum – hat sich die Qualitätssicherung zur grundlegenden Aufgabe gemacht. So will der DBVC „gewährleisten, dass eine Dynamisierung des Coaching-Feldes durch eine hervorragende und damit anerkannte Qualitätsweiterentwicklung unterlegt wird. Das Festsetzen, Leben und Weiterentwickeln von Standards soll den beteiligten Gruppen eine größere Sicherheit bezüglich der theoretischen Durchdringung und der praktischen Anwendung von Coaching geben. Die wissenschaftliche Fundierung der Arbeit soll Innovationen fördern, die auch in die Ausbildung anerkannter Coachs münden“ (http://www.dbvc.de/der-verband/ueber-uns/unser-selbstverstaendnis.html).
Die Begriffsbestimmung, die der Deutsche Bundesverband Coaching vornimmt, spiegelt sprachlich die zurückgelegte inhaltliche Weiterentwicklung im professionellen Coaching wider und verweist auf Qualitätsstandards, die immer mit verbindlichen sprachlichen Normierungen beginnen. So wird Coaching heute als „professionelle Beratung, Begleitung und Unterstützung von Personen mit Führungs- und Steuerungsfunktionen und von Experten in Unternehmen und Organisationen“ verstanden. Als Zielsetzung von Coaching nennt der DBVC „die Weiterentwicklung von individuellen oder kollektiven Lern- und Leistungsprozessen bzgl. primär beruflicher Anliegen“ (http://www.dbvc.de/der-verband/ueber-uns/definition-coaching.html). Neben die Begleitung von Führungskräften trat damit auch die Unterstützung von Fachkräften. Hieran wird deutlich, wie sich Coaching in den letzten Jahrzehnten und Jahren auch „bezüglich Zielgruppen, Anlässen und Settings weiter ausdifferenziert“ (Berninger-Schäfer, 2011, S. 11) und zu einer eigenen und professionellen Fachdisziplin entwickelt hat, welche „die Förderung der Selbstreflexion und -wahrnehmung und die selbstgesteuerte Erweiterung (…) der Möglichkeiten des Klienten bzgl. Wahrnehmung, Erleben und Verhalten“ (http://www.dbvc.de/der-verband/ueber-uns/definition-coaching.html) als Schwerpunkt hat.
Was Coaching leisten kann – und was es nicht ist
Damit wird bereits deutlich, dass vieles als „Coaching“ bezeichnet wird, hinter dem sich ganz andere Ideen, Formate und Konzepte befinden. Auf Grundlage des einführend Dargelegten können grundlegende Koordinaten für professionelles Coaching bestimmt werden: Erstens, dass der Fokus auf einer ziel- und lösungsorientierten Bearbeitung liegt. Zweitens, dass konkrete Anliegen in – drittens – berufsbezogenen Kontexten den Ausgangspunkt bilden. Und viertens, dass mit dem Coaching die Entwicklung von Kompetenzen verbunden ist (vgl. Berninger-Schäfer, 2011, S. 21–26). Mit dem zuletzt aufgeführten Aspekt ist zugleich eine grundlegende Spannung benannt, da der Klient (als arbeitender Mensch) nicht von seinem Menschsein im Ganzen trennbar ist. Zugleich ist er in seinem beruflichen Handeln in (ein) System(e) und Rollen eingebunden. Insofern ist es konsequent, Coaching als ganzheitlichen Prozess zu betrachten, denn „es werden kognitive, emotionale, beziehungsmäßige, körperliche und ethische Aspekte berücksichtigt“ (ebd., S. 24). Entscheidend scheint in der Zielsetzung folglich die Priorität zu sein: Vordergründig ein berufliches Anliegen, welches in seiner Lösung eine Veränderung des Verhaltens, der Haltung, letztlich vielleicht sogar – partiell – der Persönlichkeit des Klienten zum Resultat hat, lässt sich im Coaching (gültiger bearbeiten als ein rein auf die Persönlichkeit – und unabhängig vom konkreten Kontext – formuliertes Anliegen. Insofern zeigen diese Eckdaten bereits erste notwendige Grenzziehungen gegenüber anderen Begleitungsmöglichkeiten auf.
Definition bedeutet – schon von der Wortbedeutung her – das inhaltliche Festlegen von Grenzen. Diese Abgrenzungen dienen sowohl dem Selbstverständnis wie auch einer notwendigen Klarstellung der Rollen und der Zielrichtung. Gleichzeitig sind derartige Grenzziehungen kultur- und systemabhängig, was Björn Migge mit einem Vergleich zwischen der amerikanischen und deutschen Coaching-Landschaft beschreibt: „Ein amerikanischer Coach wäre eher (…) geneigt, (…) konkrete Tipps zu geben (…). Ein deutscher Coach bemüht sich eher (…), indirekt vorzugehen und die (…) Absichten seiner Klienten mit diesen gemeinsam aufzudecken“ (Migge, 2009, S. 74). Jedoch erscheint die hier gezogene Konsequenz einer sinnvollen Abgrenzung nicht zwingend nachvollziehbar, „einmal von Coaching, ein anderes Mal von Beratung“ zu sprechen, mit der Begründung, „jedem