Gesammelte Werke. Aristoteles

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Gesammelte Werke - Aristoteles

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zu sein, jene nämlich, die alles den Leuten zu liebe loben, einem in keiner Sache entgegentreten, sondern sich für verpflichtet halten, denen, die mit ihnen verkehren, nicht unangenehm zu werden. Diejenigen, die umgekehrt wie die Vorigen in allem widersprechen und sich nicht im mindesten darum kümmern, ob sie jemanden unangenehm werden, werden eigensinnig und streitsüchtig genannt.

      Es ist klar, daß die genannten Charaktereigenschaften tadelnswert und die zwischen ihnen in der Mitte liegende Eigenschaft, vermöge deren man billigt und verwirft was man soll und wie man soll, lobenswert ist. Sie hat aber keinen Namen bekommen, gleicht jedoch am meisten der Gesinnung, die den Verkehr unter Freunden bestimmt. Denn wer den mittleren Habitus besitzt, ist das, was wir meinen, wenn wir von einem rechten Freunde sprechen, nur daß bei diesem noch die Liebe hinzukommt. Denn der Unterschied dieser Eigenschaft von der Freundschaft besteht darin, daß ihr der Affekt abgeht, die Liebe zu denen, mit welchen man verkehrt. Wer die gedachte Eigenschaft hat, nimmt jegliches gebührend auf, nicht weil er liebt oder haßt, sondern weil es so in seinem Wesen liegt. Er wird dies gleichmäßig gegen Unbekannte und Bekannte, gegen Nahestehende und Fernstehende tun, nur freilich gegen jeden, wie es sich paßt. Denn es ist nicht geziemend, das gleiche Interesse an Vertrauten und Fremden zu nehmen, und ebensowenig sie ohne Unterschied unangenehm zu berühren.

      Im allgemeinen also gilt, wie gesagt, daß er im Verkehr sich auf die rechte Art verhalten wird. Er ist von der Rücksicht auf das Gute und Nützliche bestimmt, wenn er bestrebt ist, verletzendes zu vermeiden oder Anderen Vergnügen zu machen. Denn da er es mit dem Angenehmen und Unangenehmen des Umgangs zu tun hat, so wird er, falls er zu dem Vergnügen Anderer nicht beitragen kann, ohne daß es für ihn unsittlich oder schädlich ist, dasselbe jedesmal mißbilligen und lieber Anstoß erregen. Und wenn eine Handlung ihrem Urheber keinen kleinen Schimpf oder Schaden bringt, der Widerspruch aber eine kleine Unlust hervorruft, so wird er nicht zustimmen, sondern seine (1127a) Mißbilligung äußern. Er wird sich anders im Verkehr mit Hochgestellten und mit gewöhnlichen Leuten, mit näheren und entfernteren Bekannten verhalten und ebenso die sonstigen Unterschiede berücksichtigen, indem er jedem gibt was ihm zukommt. An und für sich macht er sich lieber angenehm und scheut sich zu verletzen, berücksichtigt dabei jedoch die Folgen, wenn sie größer sind, ich meine das Gute und Nützliche. Auch wird er gegebenen Falls wegen einer darauf folgenden großen Freude eine kleine Unlust hervorrufen.

      So also ist beschaffen wer die Mitte hält, doch hat er keine eigene Bezeichnung erhalten. Von denen, die sich angenehm machen wollen, ist derjenige, der nur hierauf und auf sonst nichts bedacht ist, gefallsüchtig; wer es aber dabei auf seinen Vorteil, auf Geld und Geldeswert, abgesehen hat, ist ein Schmeichler. Wer aber gegen jedermann unangenehm ist, der ist, wir haben es schon gesagt, eigensinnig oder launenhaft und streitsüchtig oder zänkisch.

      Dreizehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      So ziemlich auf gleichem Gebiete liegt jene Tugend, die der Prahlerei gegenüber die Mitte darstellt. Auch sie ist unbenannt, doch schadet es nicht, auch dergleichen Eigenschaften zu erörtern, da man durch die Behandlung des Einzelnen eine bessere Erkenntnis der Moral erlangt, und man weiter auch in der Überzeugung, daß die Tugenden Mitten sind, bestärkt wird, wenn man sieht, daß es überall so ist. Was nun die gesellschaftlichen Tugenden betrifft, so ist von denen, die es mit dem Angenehmen und Unangenehmen des Umgangs zu tun haben, die Rede gewesen, und so wollen wir denn jetzt von denen handeln, die der Wahrheit und Unwahrheit in Wort und Werk und Gebahrung zugetan sind.

      Der Prahler scheint sich den Anschein rühmlicher Eigenschaften zu geben, solcher, die er nicht hat, und größerer als er hat; der Ironische umgekehrt scheint seine wirklichen ehrenvollen Eigenschaften zu verläugnen oder zu verkleinern; derjenige endlich, der die Mitte hält, der als Mann der Wahrheit in Wort und Tat immer er selbst ist, gibt was er Lobenswertes an sich hat, zu, ohne es zu vergrößern oder zu verkleinern. Dies aber kann man freilich so wohl zu einem besonderen Zweck tun als ohne das. Doch jedermann spricht und handelt und lebt so, wie er habituell ist, so lange er keinen besonderen Zweck verfolgt.

      Nun ist die Lüge an sich schlecht und tadelnswert und die Wahrheit gut und lobenswert. Und so ist auch der Wahrhaftige, der die Mitte hält, lobenswert; die aber mit Lügen umgehen, verdienen beide Tadel, nur der Prahler in höherem Maße. Wir wollen also jeden für sich betrachten, und zwar zuerst den Wahrhaftigen. Wir haben es aber wohlgemerkt jetzt nicht mit dem zu tun, der in Verträgen oder überhaupt in Dingen, die Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit (1127b) betreffen, wahrhaft ist – denn solches geht eine andere Tugend an –, sondern mit demjenigen, der auch wo nichts derartiges in Frage steht, in Rede und Leben bei der Wahrheit bleibt, weil er habituell so ist. Ein solcher Mann muß wohl billig gesinnt sein. Denn der Wahrheitsliebende, der auch wo nichts darauf ankommt, die Wahrheit sagt, wird dies um so eher tun, wenn es darauf ankommt. Denn er wird sich vor der Lüge als einer Unsittlichkeit hüten, weil er sie an sich schon verabscheut. Ein solcher Mann aber ist des Lobes würdig. Er weicht von der Wahrheit (wenn sie nicht ganz feststeht) lieber nach Seiten des Zuwenig ab. Denn dies scheint passender zu sein, weil Übertreibungen widerwärtig sind.

      Die Ironischen, die sich in der Rede kleiner machen, geben sich als Leute von feinerer Sitte. Denn sie scheinen sich nicht aus Gewinnsucht solcher Rede zu bedienen, sondern um alle Aufgeblasenheit zu vermeiden. Am liebsten verläugnen sie was ihnen große Ehre macht, wie auch Sokrates zu tun pflegte. Die sich aber in kleinen und offenkundigen Dingen verstellen, nennt man »Baukopanurgen« (sich zierende Schlauköpfe) und findet sie lächerlich, und zuweilen erscheint diese Eigenschaft als Prahlerei, z. B. wenn man ein lakonisches Kleid trägt. Denn wie in dem Übermaß, so steckt auch im übertriebenen Mangel Prahlerei. Die aber die Ironie mit Maß und in nicht gar zu handgreiflichen und offenkundigen Dingen anwenden, erscheinen als freie und anmutige Menschen.

      Den Gegensatz zur Wahrhaftigkeit scheint die Prahlerei zu bilden, weil sie der schlimmere Fehler ist.

      Vierzehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Da es im Leben auch eine Erholung gibt und bei dieser eine mit heiterem Scherze verbundene Unterhaltung, so (1128a) scheint es auch hier eine angemessene Art des Verkehrs zu geben, eine Art zu sprechen was und wie man soll, und ebenso zu hören, obschon es auch wieder einen

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