The Who - Maximum Rock I. Christoph Geisselhart

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу The Who - Maximum Rock I - Christoph Geisselhart страница 19

The Who - Maximum Rock I - Christoph Geisselhart The Who Triologie

Скачать книгу

Drum City auf, und als er wieder ging, fehlte eine Snaredrum – ein Diebstahl unter den Augen seines Freunds, was Keith leichthin mit der Bemerkung abtat, Gerrys Shop sei schließlich gegen so was versichert.

      Gerry konnte auch über die anderen Eskapaden seines Freunds kaum mehr lachen. Schauplatz war weiterhin meist die U-Bahn, wo Keith auf großes Pub­likum hoffen und unerkannt verschwinden konnte. Einmal stieg er an einer Station aus, wo die Sprecherkabine unbesetzt war. Zu Gerrys Entsetzen schlüpfte Keith hinein, klemmte sich hinters Mikrofon und verkündete in bellender Gestapo-Manier: „Alle Juden in Reihe aufstellen, fertig machen zur Vergasung!“

      Den wartenden Passagieren und Gerry gefror das Blut in den Adern. Der Holocaust war so kurz nach dem Krieg noch frisch in Erinnerung, und für schlechte Scherze dieser Art hatte ganz sicher niemand etwas übrig. Keith jedoch, der lediglich Gefallen an der Schockwirkung fand, die seine Nazi-Imitation auslöste, dachte­ nicht im Geringsten daran, welche kaum verheilten Wunden er damit aufriss. Er hüpfte mit Gerry im Schlepptau schnell in den nächsten Zug und verschwand, ehe man den Übeltäter ausfindig machen konnte.

      Besonders gern demolierte er auch den letzten Nachtzug nach Hause – natürlich erst eine Station vor Wembley Park, wo er ausstieg und Gerry in banger Erwartung zurückließ, dafür verantwortlich gemacht zu werden: „Er sagte einfach bloß ‚wir seh’n uns‘ und stieg aus. Und ich musste noch eine Station weiterfahren,­ und für die Leute, die nach Kingsbury, Queensbury, Canons Park und Stanmore­ einstiegen, gab es keine Sitze mehr, weil er alle rausgerissen hatte.“

      Einmal wurde Keiths Zerstörungsorgie von einem Wachmann der Bahngesellschaft beobachtet. Gerry sah, wie der Aufpasser vom Gleis durchs Abteilfenster starrte und jede Bewegung Keiths genau registrierte. Gerry war schreckens­starr. Er erwartete, sofort verhaftet zu werden; doch nichts geschah: „Ich glaube, der Wachmann hatte Angst vor Keith.“

      Gerry ging es nicht viel anders. Sein einstiger Freund hatte sich unter seinen Augen in ein boshaftes, selbstgefälliges Monster verwandelt und konnte zwischen einem guten Witz und peinlichem Ernst nicht mehr unterscheiden. Gerry mochte­ nicht mehr mit ihm in der U-Bahn fahren, er hatte auch keine Lust mehr, beschämende Streiche zu beklatschen, geklaute Schokoriegel zu verdrücken oder für entwendete Trommeln aufzukommen. Ihre Freundschaft war am Ende, und eines Tages im Herbst 1962 verschwand Keith aus Gerrys Leben so unangemeldet, wie er gekommen war.

      Komisch daran war, dass es keinem richtig auffiel, dass er fehlte. „Er kam aus demselben Grund, aus dem er uns auch wieder verließ“, meinte Colin ­Haines,­ der Bassist der Escorts. Und dieser Grund sei allein Keiths rastlose, ichbezogene Natur gewesen, meinten alle in der Band.

      Sie wussten freilich nicht, dass Keith längst in einer anderen Gruppe spielte.

      9.: Erste Anzeichen von Art & Beat: The Detours entwickeln sich zur ernsthaften R&B-Band

      „Wir kriegten gar nicht mit, dass es sich um ein Altersheim handelte.“

      John Entwistle über Auftritte unter Pensionären in Kent

      „Als wir mit der Band anfingen, war ich ein beschissener Sänger.“

      Roger Daltrey

      „Die Dinge haben sich geändert, Pete, jetzt bist du an der Reihe.“

      Cliff Townshend reicht den Stab an seinen Sohn weiter

      Das Repertoire der Detours bot im Sommer 1962 keine Klippen, die ein versierter­ Sessiondrummer wie Doug Sandom, der laut John „zehnmal besser war als wir“, nicht innerhalb kürzester Zeit bewältigt hätte.

      Sandom, 1932 geboren, arbeitete als Maurer und war bereits verheiratet. Für die besorgten Eltern von Roger, John und Pete war der gestandene Schlagzeuger die perfekte Ergänzung und Aufsichtsperson. Für die Band selbst bedeutete Dougs Einstieg einen enormen Zuwachs an Erfahrung, Reputation und Kontakten in der Szene von West-London. Glücklicherweise sah der zierliche, kleingewachsene Sandom­ weit jünger aus, als er war, und die Band vereinbarte, ihren neuen Drummer­ öffentlich dem Teenageralter anzupassen.

      Alle fünf Detours stammten aus West-London und wurden dort bald als lokale­ Größen anerkannt. Roger Daltrey, der Metallarbeiter mit den harten Fäusten; Colin Dawson, Vertreter für Fertigprodukte von Danish Bacon; Doug Sandom, der bald dreißigjährige Polier; Pete Townshend, der Kunststudent; John Ent­wistle,­ den man beim Finanzamt in die Registratur versetzt hatte, weil er am Auskunftsschalter ständig unausgeschlafen und heiser erschienen war. John hatte einen sehr beachtlichen Stimmumfang und konnte gleichermaßen sicher Falsett wie Bariton singen. Für Songs wie „Twist & Shout“, die außerhalb von Rogers Tonlage lagen, war er deshalb der Leadsänger. Bei mehreren Durchgängen pro Abend konnte man dabei durchaus die Stimme verlieren – und war damit für den Schalterdienst in einer königlich-britischen Behörde natürlich nicht mehr brauchbar.

      Mit ihrem erprobten Programm aus traditionellen Jazzarrangements, bei denen Daltrey gern an die Posaune wechselte, Entwistle bei Bedarf Trompete oder Waldhorn blies und Pete am Banjo klimperte; aus tanzbaren Twistnummern, aus Jive, Rockabilly-Chartbreakern, bekannten Instrumentals der Shadows und aktuellen Top-Ten-Hits eroberten sich The Detours allmählich ein festes Publikum, wobei sie den Wegfall ihres Chauffeurs und Hobby-Managers Mr. Wilson zu kom­pensieren hatten, der nach dem unrühmlichen Rauswurf von Sohn Harry seine Dienste­ eingestellt hatte.

      Ein Glück, dass Betty Townshend einen kleinen gelben Ford-Transporter besaß. Sie hatte ihn gekauft, um alte Möbel für ihren Antiquitätenladen zu befördern. Und da das Equipment der Band sowieso bei den Townshends lagerte, übernahm Petes Mutter den Job und kutschierte die Jungs zu ihren Auftritten: „Ich hielt es meist nicht lange aus, sondern brachte Einkäufe nach Hause oder erledigte sonst etwas, bis ich sie mit ihrer Ausrüstung wieder abholte. Sie spielten furchtbar laut.“ So laut, dass Rogers Mutter einmal zu ihrem Mann sagte: „Meinst du tatsächlich, dass Leute dafür bezahlen?“

      Trotzdem begannen sich Bettys Geschäftssinn und ihr Mutterherz bald energisch zu rühren. The Detours mochten lautstark und nicht ihrem Musikgeschmack gemäß spielen, doch es war immerhin ihr Erstgeborener, der sich anschickte, eigene Meriten im Metier der Eltern zu erwerben. Sie konnte genau beobachten, wie gut sich Petes Persönlichkeit mit jedem Auftritt entwickelte. Ihr linkischer, komplex­beladener Junge wurde sicherer und selbstbewusster durch die Musik; nun sollte er dafür alle Unterstützung erhalten. Entschlossen griff Betty zum Telefon und rief alle Leute und Klubs an, die sie aus ihrer Vergangenheit als Sängerin und durch Cliffs eigene Karriere im Musikgeschäft kannte. Sie verschaffte der Band einige Auftritte in einem Hotel in Richmond, wo das Honorar allerdings so miserabel war, dass es nicht einmal das Benzingeld deckte.

      Johns Freundin Alison, die bei einer großen Entwicklungsfirma als Sekretärin arbeitete, sorgte dafür, dass The Detours bei Betriebsfesten regelmäßig gebucht wurden. Betriebsausflüge führten die Band bis nach Bognor Regis und Don­caster­ in Yorkshire, wo laut John „der Geschäftsführer üblicherweise einen Gemeindesaal anmietete, in dem sich alle Mitarbeiter sinnlos voll laufen ließen, bis wir einpackten und nach Haus fuhren“.

      Weitere Gigs gab es im Jewish Club von Ealing, wo betuchte jüdische Sprösslinge das Tanzbein schwangen, in Boseleys Ballroom in der Faroe Road, Shepherd’s Bush, dessen Besitzer auch der örtliche Musikladen gehörte und wo Who-Edelfan Irish Jack seine erste Begegnung mit der Band hatte, oder in der Stadthalle von Acton am 1. September 1962, nach dem sogar ein Zeitungsartikel in der Acton Gazette­ über The Detours erschien.

      Doch der Verdienst reichte nie aus, um wirklich etwas an den Auftritten zu verdienen. Meist vertranken die Musiker schon während der Pausen das magere Honorar an der Bar, oder sie mussten den Lieferwagen

Скачать книгу