Katharina die Große inkl. Hörbuch. Elke Bader

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Katharina die Große inkl. Hörbuch - Elke Bader

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      Flötenkonzert Friedrichs des Großen, König von Preußen (1740-1786) in Sanssouci. Gemälde, Adolph von Menzel (1815-1905)

      Er war ein Verächter alles Verweichlichten und Weichen und hielt Frauen lieber auf Distanz, was für eine Vierzehnjährige den Umgang mit ihm nicht leicht machte. Und doch war er auch ein Schöngeist, Musiker und Literat. Die Unterhaltung thematisierte die Oper, die Komödie, Poesie und Tanz. Er gab sich sichtlich Mühe, das Kind an seiner Seite mit Themen zu unterhalten, zu denen es auch etwas beitragen konnte. Seine Ausführungen waren sachlich, doch geistreich. Unzweifelhaft war er ein Kenner. Seine etwas unbeholfenen Komplimente an das schüchterne Mädchen radierte die spätere Zarin Katharina wieder aus ihren Memoiren. Sie fühlte sich davon peinlich berührt.

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      Tafelrunde bei Friedrich II. in Sanssouci. Gemälde, Adolph von Menzel (1815-1905)

      Am 16. Januar 1744 fuhr die kleine Reisegesellschaft weiter. In Schwedt an der Oder traf Sophie noch einmal auf ihren Vater. Besorgt gab er ihr Ratschläge mit auf den Weg, unter anderen den, ihren lutherischen Glauben auch im orthodoxen Russland beizubehalten. Es war das letzte Mal in ihrem Leben, dass sie ihren Vater sehen sollte.

      Der Landweg nach Russland, für den sie sich entschieden hatten, war schlecht ausgebaut, eine Poststraße, die vor allem im Winter selten befahren wurde: Matsch, Schneeregen und tiefe Spurrillen hatten sie aufgeweicht. Schnee lag keiner, weshalb sie mit der Kutsche fahren mussten. Übernachten konnten sie nur an den Stationsgebäuden. Es war so kalt, dass sie Kopf und Gesicht mit wollenen Tüchern schützten, so dass nur noch die Augen zu sehen waren. Mit jedem Kilometer wurden sie nicht nur durchgerüttelt, sondern bekamen schmerzhafte Frostbeulen, deren Juckreiz mitunter unerträglich war. Doch auch die Nächte auf den Stationen erwiesen sich als Albtraum: Es gab kein einziges beheiztes Zimmer, in das sich die übermüdeten Reisenden hätten zurückziehen können. Einzig der Wirtsraum war beheizt. Doch dort hauste bereits die Wirtsfamilie mit allem, was vor der Kälte Schutz gesucht hatte: Männer aus dem Dorf, schmutzverkrustete Kinder, die sich mit Hunden, Hühnern und Schweinen auf dem Boden wälzten. Überall lagen Matratzen, aus der Wiege greinte der jüngste Nachwuchs, bierselige Kehlen grölten über einem Kartenspiel. Sie ließen sich jede eine Bank inmitten des Wirtszimmers stellen, versuchten Schlaf zu finden, sich zu wärmen, während sie begafft wurden wie exotische Tiere.

      Über Danzig, Königsberg und das kurische Haff gelangten sie schließlich binnen drei Wochen bis nach Riga, wo sie vom dortigen Magistrat offiziell begrüßt wurden: Riga war die Grenze zum Zarenreich12. Fortan galt für Sophie eine andere Zeitrechnung: In Russland rechnete man nach dem julianischen Kalender, den Peter der Große eingeführt hatte. Mit einem Mal war es elf Tage früher. In städtischen Karossen ging es über die zugefrorene Düna. Die Zobel, die die Zarin ihnen zur Begrüßung hatte schicken lassen, sollten sie dringend benötigen, denn es war klirrend kalt. Und nun lag so viel Schnee, dass sie die weitere Fahrt bis Sankt Petersburg in Schlitten zurücklegen mussten. Sophie staunte nicht schlecht: sie war noch nie in einem solch’ prachtvoll ausgestatteten Schlitten gereist. Er konnte nur der Zarin persönlich gehören! Gut ausgepolstert mit Decken und Fellen, konnte man in dessen hölzernem Verschlag allerdings nur liegen. Ratlos stand sie vor dem Gefährt und wusste nicht, wie sie hineinkommen sollte. Der Kammerherr erklärte es ihr: „Il faut enjamber; enjamber donc!“13 Sie beherrschte perfekt Französisch, schließlich war es die Umgangssprache an den Höfen Europas, aber was der Kammerherr da faselte, klang in ihren Ohren derart komisch, dass sie sich vor Lachen kaum noch halten konnte: Die Beine sollte sie werfen? Schließlich wollte es ihr doch gelingen. Auch ihre Mutter kam in diesem Gefährt zu liegen. Sie freuten sich an den gewärmten Ziegelsteinen, die ihre eiskalten Füße wieder auftauten und dann ging es in halsbrecherischer Fahrt, gezogen von zehn Pferden - immer zwei in einer Reihe – weiter. Begleitet wurden sie von Kürassieren, einer Abteilung des livländischen Regiments und weiteren Schlitten. Es ging durch Estland und schließlich nach Kernrussland, einer kargen Ödnis aus Schnee und Eis, entgrenzt bis ins scheinbar Endlose. Wie aus dem Nichts tauchte eines Tages ein schwarzer Schlitten auf. Soldaten eskortierten das düstere Gefährt. Es hatte die Anmutung eines Sargs. Wer mochte darin sitzen? Die Insassen ließen sich nicht ausmachen, selbst die Fenster waren mit schwarzen Tüchern verhangen. Sie konnten nicht ahnen, dass darin der abgesetzte Kindzar Iwan abtransportiert wurde, den man nun von seinen Eltern getrennt hatte. Ihn erwartete lebenslange Haft unter unmenschlichen Bedingungen in der Festung Schlüsselburg, ein Umstand, der ihn allmählich dem Wahnsinn verfallen lassen würde. Sophie fröstelte. Dieses Land barg dunkle Geheimnisse.

      Endlich kam ein Dorf in Sichtweite. Sophie kratzte das Eis von dem kleinen Fenster ihres Schlittens und spähte hinaus. Wie Schatten kauerten armselige Holzhütten in der bleiern grauen Landschaft, gespenstisch und unwirklich. Vor ihnen hatten Leibeigene Feuer angezündet, um sich die halb erfrorenen Hände zu wärmen. Ihre aus Fellresten und Lumpen genähte Kleidung ließ ahnen, wie wenig sie gegen die beißende Kälte Schutz bieten mochte. Ausdruckslose Gesichter, steingrau und dumpf, starrten den Schlitten und ihrer Eskorte aus erloschenen Augen nach.

      Kapitel 4

       Russland

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      Am 3. Februar 1744 hatte die Reisegesellschaft schließlich ihr erstes Ziel im russischen Reich erreicht: Sankt Petersburg. Peter der Große hatte die Stadt an der Ostsee erbauen lassen, direkt am Mündungsarm der Newa.

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      Die Peter-Paul-Kathedrale, entworfen 1712 von dem Tessiner Architekten Domenico Trezzini im Auftrag Peters des Großen. Nach Peters Tod im Jahr 1725 wurde die Kathedrale die letzte Ruhestätte der Zaren.

      Diese durch ein zwangsrekrutiertes, riesiges Heer an Leibeigenen aus dem Nichts erbaute Stadt war gerade einmal vierzig Jahre alt, als Sophie eintraf. Peter, für den Moskau immer das Alte, Rückwärtsgerichtete und Archaische seines Reichs verkörpert hatte, machte Sankt Petersburg 1712 zur Hauptstadt und ließ die Stadt zwangsbesiedeln. Man brachte Sophie und ihre Mutter in den Winterpalast, damals noch ein nach Entwürfen des Tessiner Architekten Domenico Trezzini erbautes Gebäude.

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      Der Pavillonsaal, einer der Prunkräume im Winterpalast von Sankt Petersburg. Damals war er noch ganz in Gold und aus weißem Marmor. In ihm befindet sich auch die berühmte Pfauenuhr des Engländers James Cox, die einmal Potemkin gehört hatte.

      Elisabeth würde es allerdings bald zugunsten eines noch viel prunkvolleren Palastes abreißen lassen: Diese türkisweiß barocke Pracht am Ufer der Newa – ein Entwurf von Elisabeths Haupthofarchitekten, dem Italiener Bartolomeo Rastrelli – raubt noch heute Besuchern den Atem, erst recht wenn sie den Palast betreten: Vergoldete Decken und Türen, feinste Stickereien, so zart wie Engelshaar, und Tausende bunter Edelsteine strahlen ihnen dann aus den Prunksälen entgegen. Zudem beherbergt der Winterpalast heute die Eremitage, eines der bedeutendsten Museen mit einer der weltweit größten Kunstsammlungen.

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      Der heutige Winterpalast von der Newa aus gesehen.

      Sophie bekam in Sankt Petersburg einen ersten Vorgeschmack auf den unermesslichen Reichtum, den Luxus, die Verschwendungssucht und den Prunk der Zaren. Natürlich war das Kind leicht zu verführen durch den schier unglaublichen Dressurakt mit vierzehn

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