Die Botschaft der Bhagavadgita. Sri Aurobindo
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4.36
Wärst du auch ein größerer Sünder als alle anderen, sollst du doch im Boot des Wissens über alle Verworfenheit des Übels hinweggetragen werden.
4.37
So wie ein loderndes Feuer seinen Brennstoff in Asche verwandelt, O Arjuna, verwandelt auch das Feuer des Wissens alle Werke in Asche.
4.38
Nichts in der Welt ist an Reinheit dem Wissen gleich. Der Mensch, der im Yoga zur Vollkommenheit gelangt ist, findet es im Verlauf der Zeit von selbst im Selbst.
In diesem anfänglichen Teil der Lehre der Gita sind Yoga und Wissen die beiden Flügel des Höhenflugs der Seele. Unter Yoga versteht sie die Einung durch göttliche, ohne Begehren, mit Gleichmut der Seele allen Dingen und Menschen gegenüber ausgeführte Werke, die dem Höchsten als ein Opfer dargebracht werden. Das Wissen ist das, worauf sich das Freisein vom Verlangen, die Gelassenheit, die Macht des Opfers gründet. Diese beiden Flügel helfen tatsächlich einander beim Fliegen. Indem sie zusammenwirken, jedoch mit fein abgestimmtem Wechsel gegenseitiger Hilfe, so wie die beiden Augen im Menschen zusammen sehen, weil sie abwechselnd schauen, verstärken sie einander durch Austausch von Sehkraft. Je mehr das Wirken frei wird vom Begehren, gleichmütig ein Opfer im Geiste, um so mehr wächst das Wissen. Mit der Mehrung des Wissens wird die Seele stärker in der von Begehren freien opferbereiten Gelassenheit ihres Wirkens. (200)
"Der Mensch, der im Yoga zur Vollkommenheit gelangt ist, findet es im Verlauf der Zeit von selbst im Selbst." Das Wissen wächst sozusagen in seinem Inneren: Er wächst in es hinein in dem Maße, in dem er weiter zunimmt an Freisein von Verlangen, an Gelassenheit und Hingabe an das Göttliche. So etwas kann man überhaupt nur von der höchsten Erkenntnis sagen. Das Wissen, das der Intellekt des Menschen anhäuft, wird mühevoll durch die Sinne und die Vernunft von außen her zusammengetragen. Um jenes andere Wissen zu erlangen, das im Selbst, intuitiv ist, das Selbst erfährt und offenbart, müssen wir unser Mental und die Sinne besiegen und unter Kontrolle gebracht haben, saṁyatendriyaḥ, so dass wir nicht mehr ihren Täuschungen unterworfen sind, vielmehr Mental und Sinne zum reinen Spiegel dieses Wissens werden. Wir müssen unser ganzes bewusstes Wesen fest auf die Wahrheit jener höchsten Wirklichkeit gegründet haben, in der alles ist, tat-paraḥ, so dass sie ihr lichtvolles Selbst-Sein in uns entfalten kann. (204)
4.39
Wer Glauben hat, wer Mental und Sinne bezwungen und unter Kontrolle gebracht hat, wer sein ganzes bewusstes Wesen fest in der erhabenen Wirklichkeit gegründet hat, der erlangt Wissen. Und hat er Wissen erlangt, geht er rasch in den erhabenen Frieden ein.
4.40
Der Unwissende, der keinen Glauben hat, die von Zweifeln zerrissene Seele, geht in das Verderben. Weder diese Welt hier, noch jene höchste Welt, noch irgendein Glück ist der Seele bereitet, die erfüllt ist von Zweifeln.
Wir müssen einen Glauben haben, den wir uns durch keinen intellektuellen Zweifel erschüttern lassen dürfen, śraddhāvān labhate jñānam. Tatsächlich, es ist wahr, dass man ohne Glauben nichts Entscheidendes erreichen kann, weder in der diesseitigen Welt noch für den Besitz der jenseitigen. Nur wenn der Mensch sich an eine sichere Grundlage und an eine positive Forderung hält, kann er ein gewisses Maß von irdischem oder himmlischem Erfolg, von Zufriedenheit und Glück erlangen. Das nur skeptische Mental verliert sich im Leeren. (204)
4.41
Wer aber alles Zweifeln durch Wissen zerstört und durch Yoga alle Werke aufgegeben hat und im Besitz des Selbstes ist, der, O Dhananjaya, ist nicht durch seine Werke gebunden.
In diesem Sinne spricht die Gita, wenn sie sagt, die Gesamtheit allen Wirkens findet Vollendung, Höhepunkt und Ziel im Wissen, sarvaṁ karmākhilaṁ jñāne parisamāpyate. „So wie ein loderndes Feuer seinen Brennstoff in Asche verwandelt, verwandelt auch das Feuer des Wissens alle Werke in Asche.“ Damit ist aber keineswegs gemeint, dass das Wirken aufhören soll, sobald das Wissen vollständig geworden ist. Was wirklich gemeint ist, wird von der Gita deutlich gemacht, wenn sie sagt, dass der, der durch Wissen allen Zweifel zerstört hat, der im Yoga alles Wirken überantwortete und im Besitz des Selbstes ist, nicht durch seine Werke gebunden wird, yoga-sannyasta-karmāṇam ātmavantaṁ na karmāṇi nibadhnanti, und dass der, dessen Selbst zum Selbst aller existierenden Wesen geworden ist, zwar handelt, aber in keiner Weise durch sein Wirken belastet wird, sich nicht in ihm verfängt, von ihm keine Gegenwirkung erleidet, die seine Seele umgarnt, kurvann api na lipyate. (200-01)
4.42
Darum zerschlage mit dem Schwerte des Wissens diesen Zweifel, der sich aus Unwissenheit erhoben und in deinem Herzen festgesetzt hat, und nimm Zuflucht zum Yoga! Erhebe dich, O Bharata!
Im niederen Wissen jedoch haben Zweifel und Skepsis ihren vorübergehenden Wert. Im höheren Wissen werden sie zum schweren Hindernis. Denn dort besteht das ganze Geheimnis nicht darin, dass wir Wahrheit und Irrtum gegeneinander ausbalancieren, sondern dass wir in der Verwirklichung der geoffenbarten Wahrheit ständig fortschreiten. Im intellektuellen Wissen findet sich stets eine Beimischung von Falschem oder Unvollständigem, das dadurch ausgemerzt werden muss, dass wir die Wahrheit selbst einer skeptischen Erforschung unterwerfen. Im höheren Wissen kann das Falsche nicht eindringen. Und das, was der Intellekt dazu beiträgt, indem er sich dieser oder jener Meinung anschließt, kann nicht durch bloßes Anzweifeln ausgemerzt werden. Es wird von selbst wegfallen, wenn wir beharrlich in der Verwirklichung bleiben. Jede etwaige Unvollständigkeit in der bisher erlangten Erkenntnis kann nicht dadurch ausgemerzt werden, dass wir im Grunde infrage stellen, was bereits verwirklicht worden ist, sondern dadurch, dass wir zu weiterer und vollständigerer Verwirklichung fortschreiten, indem wir immer tiefer, höher und umfassender im Geist leben. Alles, was noch nicht verwirklicht wurde, muss durch Glauben vorbereitet werden, nicht durch ein skeptisches Anzweifeln. Denn es ist eine Wahrheit, die uns der Intellekt nicht geben kann und die tatsächlich oft ganz den Ideen entgegengesetzt ist, mit denen das vernünftig und logisch denkende Mental umgeht. Es ist keine Wahrheit, die bewiesen werden muss, sondern eine Wahrheit, die man in seinem Inneren leben muss, eine größere Wirklichkeit, in die wir hineinwachsen müssen. Schließlich ist dieses Wissen in sich selbst eine selbst-seiende Wahrheit. Sie wäre von selbst einleuchtend, gäbe es nicht die Zauberkünste der Unwissenheit, in der wir leben. Die Zweifel, die Verwirrungen, die uns daran hindern, sie anzunehmen und zu befolgen, entstehen gerade aus dieser Unwissenheit, aus dem von den Sinnen verwirrten, in seiner Meinung verunsicherten Herz und Mental, die tatsächlich in einer niedrigeren, an die Erscheinungen verhafteten Wahrheit leben und darum die höheren Wirklichkeiten infrage stellen, ajnñāna-sambhūtaṁ hṛtsthaṁ saṁśayam. Die Gita sagt, sie müssen mit dem Schwert des Wissens weggehauen werden, mit Wissen, das sich dadurch verwirklicht, dass es sich dauernd an den Yoga hält, das heißt: Durch nach außen gelebte Vereinigung mit dem Erhabenen, dessen Wahrheit zu wissen, bedeutet, alles zu wissen, yasmin vijñate sarvaṁ vijñatam. (204-05)
1 Das Wort Avatara bedeutet eine Herabkunft. Es ist ein Herabkommen des Göttlichen in den Bereich unterhalb der Linie, die die göttliche Welt, den göttlichen Zustand, vom menschlichen trennt. (Sri Aurobindos Anmerkung)
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