Big Ideas. Das Ökologie-Buch. John Farndon
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Big Ideas. Das Ökologie-Buch - John Farndon страница 29
Die Erfindung des Mikroskops hatte ebenfalls erhebliche Folgen. Der englische Gelehrte Robert Hooke wendete die neue Technik schnell an: Sein Buch Micrographia (1665) inspirierte andere, dasselbe zu tun. Er konnte Objekte bis zu 50-fach vergrößert sehen und fertigte detaillierte Zeichnungen an. Er prägte den Begriff »Zelle«, als er Pflanzenfasern untersuchte. Hooke überlegte auch, ob Fossilien Überreste früheren Lebens sind.
Klassifikation der Vielfalt
Historia Plantarum (1686–1704) des englischen Vikars John Ray ist das botanische Äquivalent zu Gessners Thierbuch und listet in drei enormen Bänden etwa 18 000 Arten auf. Ray führte auch ein biologisches Artkonzept ein: »Eine Art entspringt niemals dem Samen einer anderen.« Der schwedische Botaniker Carl von Linné, der »Vater der Taxonomie«, veröffentlichte Systema Naturae erstmals 1735, aber in der zehnten Auflage von 1758 findet sich das moderne Namensschema. Zwei Bände widmen sich Pflanzen und Tieren, die er in Klassen, Ordnungen, Gattungen und Arten unterteilte. Sein binäres System der zweiteiligen Artnamen – ein Gattungsname mit Artzusatz – wird heute noch verwendet. Linné schrieb einen dritten Band über Gesteine, Mineralien und Fossilien.
Artkonzepte
Aufbauend auf Darwins Theorie der Evolution durch natürliche Selektion, festigte der deutschamerikanische Evolutionsbiologe Ernst Mayr das biologische Artkonzept in Systematics and the Origin of Species (1942). Er argumentierte, dass eine Art nicht nur eine Gruppe von morphologisch ähnlichen Organismen ist, sondern eine Gemeinschaft, die sich nur untereinander fortpflanzen kann. Wenn Gemeinschaften innerhalb einer Art isoliert werden, so Mayr, können sie sich mit der Zeit durch Gendrift und natürliche Selektion immer mehr vom Rest der Population unterscheiden, bis sie sogar zu einer neuen Art werden.
Moderne Techniken wie Elektronenmikroskope oder mitochondriale DNA-Analysen haben neue Informationen – und Überraschungen – über die Zahl der Arten und ihre Verwandtschaften geliefert. 1966 wollte der deutsche Entomologe Willi Hennig die Details der Evolution abbilden und schlug ein neues taxonomisches System mit Kladen vor: Verwandtschaftsgruppen mit gemeinsamem Vorfahren. In den 1970ern gruppierte der US-Amerikaner Carl Woese das Leben in drei neue Domänen. Etwa 1,74 Mio. heutige Tier- und Pflanzenarten sind beschrieben (Stand 2018), doch Schätzungen der Gesamtzahl reichen von 2 Mio. bis zu 1 Bio.
Bedrohung der Diversität
Im späten 20. Jahrhundert, als man das Ausmaß und die kritische Rolle der Biodiversität immer besser verstand und erkannte, dass Arten evolutionär nicht nur entstehen, sondern auch aussterben, machten Ökologen wie der US-Amerikaner Edward Wilson der Welt die Folgen menschlicher Aktivität bewusst: die rapide Beschleunigung des Aussterbens. Die Erde könnte sogar auf ein sechstes Massensterben in ihrer Geschichte zulaufen. Viele Maßnahmen werden nun diskutiert, um dies zu verhindern, etwa der Schutz von Biodiversitäts-Hotspots.
IN ALLEN DINGEN DER NATUR GIBT ES ETWAS BEWUNDERNSWERTES
KLASSIFIKATION DER LEBEWESEN
IM KONTEXT
SCHLÜSSELFIGUR
Aristoteles (um 384–322 v. Chr.)
FRÜHER
um 1500 v. Chr. Ägypter beschreiben Pflanzen mit verschiedenen Eigenschaften.
SPÄTER
8.–9. Jh. n. Chr. Islamische Gelehrte der Umayyaden- und Abbasidendynastie übersetzen viele Werke von Aristoteles ins Arabische.
1551–1558 Conrad Gessner klassifiziert in dem Buch Historia Animalium die Tiere der Welt in fünf Hauptgruppen.
1686–1704 John Ray publiziert in Historia Plantarum eine Liste mit 18 000 Arten.
1735 Carl von Linné entwickelt die binäre Nomenklatur, das erste konsistente System zur Klassifikation der Lebewesen. Damit listet er jede Art in seinem Systema Naturae auf.
Seit Beginn der dokumentierten Geschichte haben Menschen versucht, Lebewesen nach ihrem Nutzen einzuordnen. So zeigen ägyptische Wandmalereien von etwa 1500 v. Chr., dass die medizinische Wirkung vieler Pflanzen bekannt war. In der Historia Animalium (Geschichte der Tiere) unternahm Aristoteles im 4. Jahrhundert v. Chr. den ersten ernsthaften Versuch, Lebewesen zu klassifizieren sowie Anatomie, Verhalten und Entwicklung zu studieren.
Klassifikationsmerkmale
Aristoteles unterteilte die Lebewesen in Pflanzen und Tiere. Dann gruppierte er die Tiere in ungefähr 500 Arten nach offensichtlichen anatomischen Merkmalen, etwa ob sie Blut besitzen, ob sie »warmblütig« oder »kaltblütig« sind, ob sie vier oder mehr Beine haben und ob sie lebend gebären oder Eier legen. Er notierte auch, ob Tiere an Land, im Meer oder in der Luft leben. Vor allem gab Aristoteles den Gruppierungen Namen, die man später als genus und species ins Latein übersetzte – diese werden auch heute noch in der Taxonomie als die lateinischen (und englischen) Begriffe für »Gattung« und »Art« verwendet. Aristoteles ordnete die Lebewesen nach der Art ihrer Geburt auf einer elfstufigen Scala Naturae (Leiter der Natur) an. Tiere auf den obersten Stufen gebaren lebende, warme, feuchte Nachkommen, die auf den unteren Stufen legten kalte, trockene Eier. Menschen standen auf der obersten Stufe, darunter kamen lebend gebärende Tetrapoden (Vierfüßer), Wale und Delfine, Vögel sowie eierlegende Tetrapoden. Auf unterster Stufe standen Mineralien und darüber Pflanzen, Würmer, Schwämme, Insekten mit Larven sowie Schalentiere.
»Sollte jemand gleichwohl meinen, die Betrachtung der übrigen Tiere sei etwas Niedriges, so müsste er in gleicher Weise auch von sich selber denken.«
Aristoteles Über die Teile der Tiere, 4. Jh. v. Chr.
Ein Oktopus passt sich an den Hintergrund an. Dass er die Farbe ändern kann, war eine der vielen genauen Beobachtungen von Aristoteles.
Zwar war Aristoteles’ Systematik sehr rudimentär, aber sie basierte auf eigenen Beobachtungen überwiegend von der Insel Lesbos. Er dokumentierte, was noch nie zuvor jemand beschrieben hatte, etwa dass junge Dornhaie im Leib ihrer Mutter heranwachsen, dass Welse ihre Eier bewachen und dass Oktopoden ihre Farbe ändern können. Die meisten Beobachtungen waren zuverlässig – einige wurden erst Jahrhunderte später bestätigt.
Die Große Kette der Wesen
Trotz ihrer Grenzen beeinflusste Aristoteles’ Methodik spätere Klassifikationsversuche bis ins 18. Jahrhundert stark. Im christlichen Mittelalter wurde die Scala Naturae zur Großen Kette der Wesen