Big Ideas. Das Ökologie-Buch. John Farndon
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SPÄTER
2008 Der US-amerikanische Verhaltensbiologe und Ökologe John Orrock arbeitet mit Earl Werner und anderen zusammen, um mathematische Modelle zur Erklärung der nicht konsumtiven Effekte von Prädatoren zu entwickeln.
Viele Darstellungen von Ökosystemen beschreiben Räuber-Beute-Beziehungen, bei denen Räuber (Prädatoren) die Beute töten und fressen. Doch der US-Amerikaner Earl Werner und andere haben gezeigt, dass schon die Anwesenheit von Räubern das Verhalten der Beute ändert.
Außer Spitzenprädatoren müssen alle Tiere die Notwendigkeit zu schlafen, sich fortzupflanzen und zu fressen einerseits und das Risiko des Gefressenwerdens andererseits gegeneinander abwägen. Die tödliche Rolle von Räubern ist eindeutig, aber ihre nicht tödliche (nicht konsumtive) Rolle kann größere Auswirkungen auf ein Ökosystem haben. Die potenzielle Beute ändert ihr Verhalten, um möglichst nicht getötet zu werden.
Eine Amerikanische Königslibelle legt Eier in einem Teich. Die Larven sind räuberisch und es wurde belegt, dass sie das Verhalten von Kaulquappen, ihrer Beute, beeinflussen.
1990 studierte Werner den Einfluss von Larven der Amerikanischen Königslibelle auf die Kaulquappen von Kröten. Er bemerkte, dass bei Anwesenheit der räuberischen Larven die Kaulquappen weniger aktiv waren, sich in anderen Bereichen des Beckens aufhielten und bei der Metamorphose zur Kröte kleiner waren. Der Prädator hatte das Aussehen und Verhalten der Kröten einfach durch seine Anwesenheit verändert.
Ein Jahr später untersuchte Werner, was passiert, wenn es mehr als eine Beuteart gibt. Ohne Prädatoren wachsen die Kaulquappen des Ochsenfroschs und des Schreifroschs fast gleich schnell. Doch wenn es räuberische Königslibellenlarven gab, waren beide Arten weniger aktiv und schwammen in anderen Beckenbereichen. Die Ochsenfroschkaulquappen wuchsen schneller, während die Schreifroschkaulquappen weniger Futter suchten und langsamer wuchsen. Werner schloss auf einen Zielkonflikt zwischen der Notwendigkeit, möglichst schnell zu wachsen, und dem Risiko, von Prädatoren gefressen zu werden. Da die Libellenlarven das Verhalten der Beutearten unterschiedlich beeinflussten, hatte der Ochsenfrosch einen Konkurrenzvorteil gegenüber dem Schreifrosch.
Landtiere
Die frühen Studien nicht konsumtiver Effekte untersuchten Wassertiere im Labor, doch es wurden auch Landtiere erforscht. Deutsche Freilandstudien, 2018 veröffentlicht, befassten sich mit dem Luchs und dem Rehwild als seine Beute. Waren Luchse vor Ort, vermieden die Rehe Gebiete, in denen ein hohes Risiko bestand, und zwar am Tag und im Sommer, wenn Luchse nachts jagen. Die Rehe mieden einige Gebiete ganz – wohl aus Angst vor Angriffen.
Überall, wo es Prädatoren gibt, kommt es zu nicht konsumtiven Effekten. Sie betreffen auch einige sessile (unbewegliche) Arten, nicht nur bewegliche Beute. So kann es vorkommen, dass eine Art von Prädatoren vertrieben wird und im neuen Habitat konkurrenzstärker als die dort vorhandenen Arten ist. Kleine Fische, die vertrieben wurden, können etwa mit zuvor sesshaften Schwämmen um Nahrung konkurrieren und sie verdrängen.
»… Arten reagieren [auf Räuber], indem sie ihre Aktivität verringern und den Raum anders nutzen.«
Earl Werner Nonlethal Effects of a Predator on Competitive Interactions Between Two Anuran Larvae, in: Ecology, 1991
ORDNUNG IN DER NATÜRLICHEN WELT
UM 350 V. CHR.
Aristoteles’ Geschichte der Tiere gruppiert Lebewesen nach ihrer Species (Art) auf einer Scala Naturae (Leiter der Natur) mit elf Stufen.
1683
Eine private Sammlung naturgeschichtlicher Kuriositäten wird im Ashmolean Museum der Universität Oxford gezeigt; es ist das erste öffentliche Museum der Welt.
1881
Das Natural History Museum in London öffnet seine Türen; der Eintritt ist kostenlos. Heute umfasst diese Sammlung 80 Mio. Präparate und Objekte.
1665 N. CHR.
Micrographia, das reich illustrierte Buch von Robert Hooke, zeigt einer größeren Leserschaft mikroskopische Strukturen.
1758
Die zehnte Auflage von Systema Naturae von Carl von Linné klassifiziert eine Reihe von Pflanzen- und Tierarten nach seinem binären System.
1977
Carl Woese unterteilt die Organismen in drei Domänen und führt dabei eine neue Kategorie ein: die Archaeen.
1988
Norman Myers’ Konzept der Biodiversitäts-Hotspots identifiziert zehn Orte, an denen Schutzmaßnahmen seltene Arten erhalten sollten.
1942
Ernst Mayr entwickelt das biologische Artkonzept, das Arten dadurch definiert, ob sich Individuen miteinander fortpflanzen können.
1988
Edward O. Wilson prägt den Begriff Biodiversität und identifiziert später die wesentlichen Bedrohungen durch den Menschen.
2018
Die Rote Liste der Weltnaturschutzunion IUCN zeigt, dass über 26 000 Arten – mehr als 27 % aller untersuchten – vom Aussterben bedroht sind.
Menschen haben seit jeher die Vielfalt des Lebens bestaunt und sie schon mit prähistorischen Höhlenmalereien vor über 30 000 Jahren gefeiert. Aristoteles unternahm im 4. Jahrhundert v. Chr. frühe Versuche, die Lebewesen zu klassifizieren. In seiner elfstufigen Scala Naturae (Leiter der Natur) stehen Menschen an der Spitze über Säugetieren, »primitiveren« Tieren und schließlich Pflanzen und Steinen. Noch tausend Jahre später sah die mittelalterliche Welt Variationen des aristotelischen Systems als gültig an. Dafür gab es mehrere Gründe. Ohne Mikroskope wusste man nichts über Zellen und Mikroben. Ohne die Unterwasserwelt erforschen zu können, fehlte das Wissen über die aquatische Lebenswelt, und viele Regionen der Welt waren westlichen Gelehrten unbekannt. Nach dem vorherrschenden Glauben der katholischen Kirche galt die Natur als statisch und unveränderlich.
Zeitalter der Entdeckungen
Im Zeitalter der großen Entdeckungsreisen erschlossen sich zuvor unerforschte Gebiete mit ihren Tieren und Pflanzen. In der Historia Animalium (1551–1558; dt.: Thierbuch, 1563) beschrieb der Schweizer Arzt Conrad Gessner Funde aus der Neuen Welt und dem fernen Osten, bezog