Ein Plus für die Demokratie. Thomas Pfisterer
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Drittens, der Vertrag mit der EU muss sicherstellen, dass der Einfluss von Volk und Parlament nicht durch die Gerichte, vorab den EuGH, überspielt wird. Das wäre im Rahmenabkommen gewährleistet (hinten Ziffer 6.6.1, 7.2). Die Rolle der Demokratie muss wichtiger sein als diejenige der Gerichte. Die Verhältnisse im EWR lassen sich zwar nicht einfach mit denjenigen zwischen der Schweiz und der EU nach dem Entwurf zum Rahmenabkommen vergleichen. Dennoch darf man erwähnen: Die zahlenmässige Bedeutung des EFTA-Gerichtshofes ist klein[4] gemessen am Umfang der Beiträge der nationalen Parlamente der EWR/EFTA-Staaten (hinten Ziffer 5, vorab 5.4), rund 100mal geringer.
Keine Stellungnahme für oder gegen den Entwurf für ein Rahmenabkommen 2018
Soll die Schweiz mit der Europäischen Union (EU) ein «Rahmenabkommen»[5] abschliessen? Der Vertragstext verwendet die Kurzform «institutioneller Rahmen» (Präambel)[6], bzw. hier umgangssprachlich «institutionelles Rahmenabkommen», abgekürzt auch InstA[7].
Die vorliegende Schrift befasst sich nicht damit, ob dem Rahmenabkommen zuzustimmen oder ob es abzulehnen sei. Es ist wünschenswert, dass darüber eine sachliche Debatte geführt wird, und zwar öffentlich (hinten Ziffer 12.2.1). Die Würdigung fällt zurzeit schwer und ist mit Unsicherheiten behaftet. Es liegt allein ein unfertiger Vertragsentwurf vom 23. November 2018 vor[8]. Er besteht in einem französischen Original. Die «inoffiziellen» deutschen und italienischen Fassungen sind nicht gesichert[9]. Unterlagen zum Rahmenabkommen stammen aus der Bundesverwaltung[10]. Der Bundesrat verlangt bei der EU «Klärungen»; der Umfang der Debatte mit der EU ist öffentlich nicht bekannt[11]. Offizielle Äusserungen des Bundesrates oder des Parlaments zum Vertragstext fehlen beim derzeitigen Verfahrensstand natürlich. Die von aussen wahrnehmbare Diskussion innerhalb des Parlaments beginnt erst in den Kommissionen. Insgesamt ist zum heutigen Zeitpunkt mindestens rechtlich von vorneherein bloss eine Zwischenbeurteilung möglich. Ob und in welcher Fassung das Rahmenabkommen in Kraft treten wird, ist offen. Daher ist es sinnvoll, dass diese Schrift, wo angezeigt, die Möglichkeitsform (den Konjunktiv) verwendet.
1 Eine Übersicht der Direktion für europäische Angelegenheiten DEA über die Volksabstimmungen seit der Ablehnung des Beitritts zum europäischen Wirtschaftsraum EWR im Jahre 1992 findet sich unter https://www.eda.admin.ch/dea/de/home/europapolitik/abstimmungen.html (Liste DEA; besucht 19.2.2020) und eine Beurteilung aus jüngster Zeit hierzu in Oesch, Schweiz-EU, Rz. 61. ↵
2 Botschaft zur Begrenzungsinitiative BBl. 2019, 5027. ↵
3 Vgl. die jährlichen Berichte des Bundesrats zur Aussenwirtschaftspolitik (vgl. Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik admin.ch (besucht 1.2.2021); Wirtschaftliche Bedeutung der Bilateralen I admin.ch (besucht 1.2.2021). ↵
4 Die einigermassen vergleichbaren Vorabentscheidverfahren beliefen sich jährlich von 2015 – 2020 in Norwegen 1 bis 8, Island 0 bis 4 und Liechtenstein 1 bis 8, total 26, 21 und 22 Fälle; selbst die Klagen der EFTA-Überwachungsbehörde von jährlich zu Norwegen 0 – 8, Island 0 - 11, Liechtenstein 0 - 5, total 2015 – 2020 8, 32, 5 Fälle (Auskunft des Registar des EFTA Gerichtshofes) ändern das Bild nicht. ↵
5 Zusammenfassungen bei Epiney, Überblick, passim; bei Oesch, Schweiz-EU, Rz. 101 ff.; bei Breitenmoser/Weyeneth, Rz. 978 ff.; und bei Tobler/Beglinger, passim. ↵
6 Ebenso in der Fussnote zu Art. 12 Abs. 6 InstA in der deutschen Übersetzung. ↵
7 So die Bundesverwaltung, siehe etwa https://www.eda.admin.ch/dea/de/home/verhandlungen-offene-themen/verhandlungen/institutionelles-abkommen.html(besucht 12.11.2020).↵
8 Entwurf des Abkommenstextes in der massgebendenfranzösischen Fassung mit dem Datum vom 23. November 2018, veröffentlicht am 7. Dezember 2018, in inoffizieller deutscher Übersetzung, ebenfalls unter dem Datum des 23. November 2018 mit dem Titel «Abkommen zur Erleichterung der bilateralen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft in den Bereichen des Binnenmarkts, an denen die Schweiz teilnimmt»; siehe hierzu https://www.eda.admin.ch/dam/dea/fr/documents/abkommen/Acccord-inst-Projet-de-texte_fr.pdf für die französische Version und https://www.eda.admin.ch/dam/dea/de/documents/abkommen/Acccord-inst-Projet-de-texte_de.pdf für die deutsche Version (besucht 19.1.2021). ↵
9 Siehe hierzu https://www.eda.admin.ch/dam/dea/it/documents/abkommen/Acccord-inst-Projet-de-texte_it.pdf (besucht 19.1.2021). ↵
10 Im Quellenverzeichnis vgl. die Erläuterungen InstA, der Bericht Konsultation Rahmenabkommen und die Fragen und Antworten der Konsultationen durch den Bundesrat oder die Departemente, Juni 2019. ↵
11 Zum Stand der Bearbeitung des Dossiers zum institutionellen Abkommen siehe https://www.eda.admin.ch/dea/de/home/verhandlungen-offene-themen/verhandlungen/institutionelles-abkommen.html (besucht 19.1.2021). ↵
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Überblick über die einzelnen Teile
Teil 1: Das Bestmögliche für die Demokratie aus den Verträgen zwischen der Schweiz und der EU herauszuholen ist das Ziel. Auszugehen ist vom überwiegenden Willen von Volk und Ständen, den bilateralen Weg weiterzuführen. Die Diskussion über die Demokratie in den bilateralen Beziehungen kam bisher zu kurz. Der Entwurf 2018 für ein Rahmenabkommen ist für die Marktzugangsabkommen der erste einschlägige Fall. Also lohnt es sich, ihn allgemein auf die Demokratieproblematik hin zu untersuchen. Keine Stellung wird dazu bezogen, ob diesem Entwurf zugestimmt oder ob er abgelehnt werden sollte.
Teil 2: Für die Frage nach der Demokratie ist es wesentlich, dass die EU-Zusammenarbeit das Ziel der Binnenmarktbeteiligung mit dem Ziel der Wahrung der Eigenständigkeit des Drittstaates kombinieren will. Die Brücke schlägt vor allem ein Staatsvertrag. Er sieht vor, dass die Rechtsübernahmen durch