Sprachgewalt. Группа авторов

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von Fake News in der Bevölkerung am ehesten mit »Nachrichten, denen man nicht glaubt« zu beschreiben sei.34 Auch JournalistInnen verwenden den Begriff in einer Vielzahl von Kontexten. So hat eine Inhaltsanalyse österreichischer Zeitungsartikel über Fake News gezeigt, dass JournalistInnen nicht nur im Zusammenhang mit Desinformation oder Medienkritik über Fake News berichten, sondern ihn vor allem als eine Art Modewort einsetzen, um zum Ausdruck zu bringen, dass etwas falsch ist.35

      Der Begriff Fake News hat sich also zu einem Stilmittel entwickelt, um zum Ausdruck zu bringen, dass etwas falsch, beziehungsweise fragwürdig ist. Auch WissenschaftlerInnen verwenden den Begriff nicht einheitlich. So wird er beispielsweise in Titeln von Studien verwendet, deren Inhalt in keinem Zusammenhang mit Desinformation, Medienkritik oder Kommunikation im Allgemeinen steht (zum Beispiel »Ist erfolgreiches Hirntraining Fake News?«). 36 Andere verwenden ihn synonym zu den Begriffen »Post-Truth« und »alternative Fakten«, um die aktuelle Zeitperiode zu beschreiben, in welcher Fakten zunehmend umstritten zu sein scheinen (z. B. »Die Fake News-Ära«37). Dementsprechend steht Fake News mittlerweile für eine größere Debatte über die Instabilität im gesellschaftlichen Verständnis von Fakten.

      Wenn ein neuer Begriff in den öffentlichen Diskurs eintritt, ist es nicht ungewöhnlich, dass sein Gebrauch und seine Bedeutung debattiert werden. Zum Beispiel galt (und gilt teilweise immer noch) auch der Begriff Populismus aufgrund eines fehlenden Konsenses darüber, was genau mit dem Terminus beschrieben wird lange als umstritten. Sowohl in der akademischen Forschung als auch in der journalistischen Berichterstattung wird der Begriff oftmals verwendet, um unterschiedliche AkteurInnen zu bezeichnen. Die exzessive Verwendung von unzureichend definierten Terminologien ist problematisch, da Inkonsistenzen zwischen akademischen und landessprachlichen Begriffsverständnissen den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft behindern können, was den gesellschaftlichen Nutzen und Beitrag der Sozialwissenschaften für die Bürger beeinträchtigt.38 So führt die unscharfe Verwendung des Fake News-Begriffs zur Beschreibung einer Fülle von Konzepten, die nur lose mit Falschheit und Ungenauigkeit verbunden sind, möglicherweise dazu, dass Fake News vom Publikum als ein unverhältnismäßig wichtiges Problem wahrgenommen wird.39 Beispielsweise zeigte eine Umfrage im Jahr 2019, dass US-BürgerInnen Fake News als eine größere Bedrohung für ihr Land wahrnehmen als beispielsweise Rassismus, Terrorismus oder den Klimawandel.40 Die Forschung zu der tatsächlichen Reichweite von Fake News – und insbesondere zu der Frage, inwiefern Fake News Konsequenzen für bisherige politische Wahlen hatten – steht allerdings noch am Anfang.

      Besorgniserregender ist jedoch die zuvor erwähnte Instrumentalisierung des Fake News-Labels. Da die Rhetorik politischer Eliten eine große Bedeutung für die Meinungsbildung der Bevölkerung hat, können solche Vorwürfe durchaus folgenreich sein. Wie oben erwähnt, hat bestehende Forschung gezeigt, dass Medienkritik von PolitikerInnen das Medienvertrauen der Bevölkerung verringern kann.41 Im spezifischen Fall von Fake News-Vorwürfen gibt es erste Studien, die zeigen, dass die bloße Präsenz des Begriffs in Nachrichtenartikeln42 oder auf Twitter43 ausreicht, um das Medienvertrauen für einige BürgerInnen zu verringern. Beispielsweise wurde in einer experimentellen Studie einer Gruppe von TeilnehmerInnen ein Auszug einer Diskussion auf Twitter gezeigt, in welcher der Begriff mehrmals vorkam. Eine zweite Gruppe las eine Diskussion ohne den Fake News-Begriff. Anschließend wurden alle TeilnehmerInnen zu ihrem Vertrauen in die Medien befragt. Im Vergleich hatten die TeilnehmerInnen in der Fake News-Diskurs-Gruppe ein durchschnittlich geringeres Medienvertrauen.44 Eine mögliche Erklärung für diese Effekte bietet das Konzept des Medien-Primings. Indem Medien in ihrer Berichterstattung bestimmte Themen hervorheben, machen sie bestimmte Kriterien bei der Bewertung von Themen leichter zugänglich. Wenn der Begriff Fake News in der Berichterstattung also regelmäßig im Kontext von Unwahrheiten im Nachrichtenumfeld verwendet – und gleichzeitig als Gefahr thematisiert – wird, kann dies dazu führen, dass BürgerInnen unbewusst Fake News mit den Kriterien »Falschinformation« und »Gefahr« abspeichern. Werden sie dann in anderen Kontexten mit dem Begriff konfrontiert, werden diese Kriterien in ihrem Gedächtnis »aktiviert« und können die Bewertung von als Fake News bezeichneten Informationen beeinflussen.45

      Zwar befindet sich die Erforschung der Effekte des Fake News-Labels für die Medienwahrnehmung von BürgerInnen noch in den frühen Anfängen, sodass noch keine allgemeingültigen Aussagen über die Konsequenzen solcher Vorwürfe möglich sind. Nichtsdestotrotz sollte das potenzielle Risiko, dass das Fake News-Label ein wirksames Instrument zur Beeinflussung der Medienwahrnehmung (zumindest einiger) BürgerInnen sein könnte, Grund genug sein, die Verwendung des Begriffs zu überdenken – vor allem in Anbetracht dessen, dass er unabhängig vom Kontext, in dem er verwendet wird, keine intrinsische Bedeutung hat. Der Begriff Fake News ist nicht anwendbar, um alle Phänomene der Inkorrektheit in der Nachrichtenwelt zu erfassen. Stattdessen beschreibt er zwei sehr spezifische Fälle einer Krise in der Demokratie, die zunehmende Verbreitung von Desinformation einerseits (das Fake News-Genre) und wachsende delegitimierende Medienkritik andererseits (das Fake News-Label). Während ein völliger Verzicht auf den Begriff unrealistisch sein mag, sollte seine (weitere) Trivialisierung verhindert werden. Stattdessen sollte zu einer bewussteren Verwendung des Begriffs übergegangen werden, sowohl in der Wissenschaft als auch im Journalismus. Statt Fake News können aussagekräftigere Begriffe wie »Desinformation« oder einfach »falsche Nachrichten« verwendet werden.46

      Literatur

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      Nayla Fawzi: Right-Wing Populist Media Criticism, in: Benjamin Krämer/Christina Holtz-Bacha (Hg.), Perspectives

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