Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021. Alfred Bekker

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Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021 - Alfred Bekker

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Nord-Süd-Richtung verlief eine Hauptstraße, die vom Kriegshafen am Goldenen Horn, vorbei am Capitol schließlich zum Konstantin-Hafen am Marmara-Meer führte. Zwischen dieser Straße und dem Valenus-Aquädukt lag das Forum Tauri, einer der größten öffentlichen Plätze der Stadt. Der Name erinnerte daran, dass es wohl ehedem ein Viehmarkt gewesen war. Säulengänge grenzten den Platz ab.

      Eine Säule überragte alle anderen und war eines der unverwechselbaren Wahrzeichen der Stadt: Die Säule zu Ehren von Kaiser Theodosius, der das Christentum zur Staatsreligion erhoben hatte und dessen Name daher selbst am fernen Hof von Magdeburg noch einen erhabenen, fast legendären Klang hatte. Im Jahre 5698 nach der Erschaffung der Welt war dies geschehen, wie eine Inschrift in lateinischer und griechischer Sprache verriet – denn nach dem Datum der Erschaffung der Welt, wie es durch die Angaben der Bibel errechnet werden konnte, zählte man in Konstantinopel die Jahre.

      Arnulf blieb bei der Säule kurz stehen, die jetzt von den Händlerständen umlagert war, während dieser Platz zu anderer Gelegenheit der Schauplatz für den Aufmarsch von Kriegerkolonnen war.

      „Ich wusste nicht, dass es so viele Jahre gegeben hat“, sagte Arnulf.

      „Man zählt und rechnet sie überall in anderer Weise“, gab Li zurück. „Die Muslime können sich nicht einmal darauf einigen, ob sie nach Mond- oder nach Sonnenjahren zählen sollen, wenn sie von der Flucht des Propheten nach Medina an rechnen... Wie zählt man die Jahre in Saxland?“

      Arnulf lächelte. „Eigentlich nach der Gründung der Stadt Rom.“

      „Ah... des wirklichen Roms!“

      „So ist es. Aber in letzter Zeit ist die Sitte immer häufiger geworden, nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus zu zählen, die jetzt beinahe ein Millennium her sein soll.“ Arnulf zuckte mit den Schultern. „Diese Sitte kommt von unseren sächsischen Brüdern aus England. Die erste Frau von Otto Magnus war eine Angelsächsin und da ihr Andenken bis heute fast wie das einer Heiligen verehrt wird, finden es manche schick, so zu rechnen, wie sie es getan hat... Aber ich persönlich glaube nicht, dass das mehr als eine vorübergehende Mode ist.“

      „Aber wenn das Millennium von Christi Geburt in ein paar Jahren bevorsteht, wie Ihr sagt, dann wäre es doch ein passender Zeitpunkt, für eine Umstellung der Zeitrechnung. Wenn ich ein Herrscher wäre, dann würde ich so eine Gelegenheit nicht verstreichen lassen, um meiner Herrschaft ein Denkmal zu setzen!“

      Arnulf lachte. „Von Euch könnte das eine oder andere gekrönte Haupt vielleicht noch lernen“, meinte er schmunzelnd. „Genau das, was Ihr sagt erwägt Kaiser Otto übrigens in seinem jugendlichen Überschwang!“ Arnulf zuckte die Schultern. „Zumindest hieß es so, als ich zum letzten Mal in Magdeburg war. Aber seitdem ist ja nun eine geraume Zeit vergangen und...“

      „...und so könnte es ein, dass eine neue Zeit angebrochen ist, wenn Ihr ahnungslos zurückkehrt?“, lächelte Li.

      Arnulf nickte, während sich ihre Blicke zum wiederholten Mal trafen.

      „Erzählt mir ruhig mehr von Eurer Heimat – Saxland... Ich möchte alles darüber erfahren, so wie wir uns ja auch gegenseitig bereits unsere Erlebnisse in den Ländern des Ostens ausgetauscht haben!“

      „Aber gerne“, sagte Arnulf. „Was wollt Ihr zuerst hören? Von dem Kaiser in Magdeburg der erst ein Junge ist und für den man hier in Konstantinopel nur sehr schwer eine geeignete Prinzessin findet? Oder davon, dass ganz Magdeburg wahrscheinlich kleiner ist, als allein der Palast des Basileios!“

      „Größe an sich stellt noch keinen Wert dar, Arnulf. Und ehrlich zu ein, es ist mir fast gleichgültig, wovon Ihr zuerst erzählt. Ich höre einfach gerne Eurer Stimme zu.“

      Sie sah ihn an und seine Hand berührte sie vorsichtig am Unterarm. Aber er zog die Hand sogleich wieder zurück. „Ihr seid eine Frau von ganz eigenem Zauber, Li...“

      „Das sagt Ihr, weil ich jetzt standesgemäße Kleider trage, mit denen man sich auf der Straße blicken lassen kann und deren Anblick Euch nicht ungewohnt ist.“

      „Nein, das habe ich schon in dem Augenblick gedacht, als ich Euch in Samarkand sah, und Ihr nach Art der dortigen Frauen gekleidet ward... Selbst Lumpen würden Eure Anmut nicht verbergen können!“

      „Ihr hättet mich bei den Uiguren sehen sollen, als ich wie ein zotteliges Tier herumlief!“

      „Selbst das könnte daran wohl kaum etwas ändern!“

      „Ich habe in all dieser Zeit gelernt: Es kommt nicht auf die äußeren Dinge an, sondern auf das, was in einem ist. Denn nur dies lässt sich bewahren. Alles andere ist ein Raub des Mottenfraßes und der Vergänglichkeit...“

      ––––––––

      Sie gingen weiter über den Platz, auf dem Li eigentlich nach einem bestimmten Händler suchte, der hier normalerweise im regelmäßigen Abstand mehrerer Tage zu finden war. Er hatte gute Lumpen, handelte aber auch mit anderen nützlichen Dingen. So hatte er auch eine Auswahl von Harzen, die für den Gebrauch in Lis Werkstatt sehr viel besser geeignet waren als vieles, was die arabischen Händler in die Stadt brachten. Aus welchen Bäumen er diese Harze gewann, hatte er nie verraten wollen. Allerdings konnte man auf Grund der Tatsache, dass er mindestens einmal in der Woche in die Stadt kam und seinen Stand auf dem Forum Tauri hatte, erschließen, dass der Ursprung seiner Ware wohl aus Thracien, der näheren Umgebung Konstantinopels, kam. Und welche Bäume überhaupt in Thracien heimisch waren, sodass die Herkunft des Harzes sich hätte erraten lassen, darüber wusste Li einfach noch nicht genug über die Vegetation dieses Landes Bescheid. Schließlich hatte sie in all der Zeit, die sie nun schon in der Kaiserstadt lebte, deren Mauern noch nie verlassen. Alles, was sie kannte, waren ein paar Straßen und Märkte. Sie hatte so viel zu tun gehabt, dass sie noch nicht einmal zu den Spielen im Hippodrom hatte gehen können. Nur ein Blick aus dem Fenster hatte ihr dann deutlich vor Augen geführt, dass gerade eines der berühmten Wagenrennen stattfand, denn wenn das der Fall war, waren die Straßen ziemlich leer. Es gab kaum Gedränge und Li hätte gerade diese Zeiten dann gerne für ihre eigenen Besorgungen genutzt. Der Haken dabei war nur, dass dann kaum ein Händler oder Handwerker dienstbereit war. Die meisten ließen sich die Wagenrennen nicht entgehen, vom Kaiser persönlich, bis hin zum einfachen Marktschreier war das Volk der großen Stadt dann für wenige Stunden in der fieberhaften Anteilnahme am Wettstreit der unterschiedlichen Wagenlenker-Mannschaften.

      „Mir scheint schon die ganze Zeit, dass Ihr etwas sucht – oder jemanden“, stellte Arnulf fest.

      „Ist das so offensichtlich?“

      „Allerdings!“

      „Ich vermisse den Händler Phorkias – und ehrlich gesagt verstehe ich nicht, weshalb er nicht an seinem Platz ist.“

      Ein paar Männer standen in einer Gruppe zusammen und unterhielten sich ziemlich lautstark. Während Arnulf so gut wie nichts davon zu verstehen vermochte, lauschte Li ihnen aufmerksam. Dann ging sie auf die Gruppe zu und sprach einige Worte auf Griechisch mit ihnen. Anschließend wandte sie sich an Arnulf.

      „Die Bulgaren sind in Thracien eingefallen und die Stadttore wurden deshalb geschlossen. Ich hatte mich schon gewundert, weshalb hier nicht so viel los ist wie sonst! Offenbar

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